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Berlins Verwaltung braucht ein Update.
© imago/photothek

Ex-Senator Volker Hassemer: Acht Ideen gegen das Berliner Verwaltungschaos

Zuständigkeiten klarer trennen, Personal besser managen und mehr E-Government wagen: Ein früherer Berliner Senator stellt im Gastbeitrag Leitlinien für eine funktionierende Stadt auf.

Verwaltungsreform scheint für die Politik ein Thema zu sein, bei dem sie sich geradezu weigert, wirkliche Verbesserungen zu wagen, um es ja nicht als beliebten Aufregungsgegenstand zu verlieren.

Irgendwann muss man sich jedoch einmal dazu bekennen: für Berlin ein Management zu entwerfen, das den Aufgaben und den Perspektiven der Stadt gemäß ist, und nicht neue Bastelarbeiten den alten hinzuzufügen.

Denn die besten Ziele von Politik und Gesellschaft nützen ja nichts, wenn die Stadt organisatorisch nicht – ebenso bestens – in der Lage ist, sie auch umzusetzen.

Wenn alle bisherigen Versuche nicht wirklich eine Heilung erreicht haben, muss es endlich darum gehen, rückhaltlos und fachlich mit besten Erkenntnissen die Frage nach einem Management zu stellen, auf das man für die Zukunft der Stadt vertrauen kann.

"Einheitlichkeit der Durchführung“

Es geht um eine Entschiedenheit, die sich von dem bisherigen Pingpong der Vorschläge und Ablehnungen abhebt. Wohlbedacht und rückhaltlos: ein Befreiungsschlag.

Auch das, was wir bei der Stiftung Zukunft Berlin dazu erarbeitet haben, kann zunächst einmal nur zur Richtung der zu erarbeitenden Antworten beitragen:

1. Berlin muss sich als Einheitsgemeinde organisieren und sich auch als solche handlungsfähig machen. Die Stadt muss sich gesetzlich dem Grundsatz der „Einheitlichkeit der Durchführung“ unterwerfen.

2. Gerade in einer Zeit zunehmender Bedeutung dezentraler Strukturen spricht einiges für die Bezirke. Dann aber müssen Anfang und Ende der bezirklichen Zuständigkeit zweifelsfrei festgelegt werden.

3. Die Grenze zwischen „bezirklich“ und „gesamtstädtisch“ muss geklärt werden. Soweit die Bezirke gesamtstädtische Aufgaben übernehmen, müssen sie sowohl in der Durchführung wie in der Finanzierung der gesamtstädtischen Steuerung unterliegen. Nicht nur deshalb müssen die Bezirke eine einheitliche Ämter- und Abteilungsstruktur haben.

4. Auf der anderen Seite sind die Bezirke für die als „bezirklich“ festgelegten Aufgaben dauerhaft selbstständig verantwortlich. Für die Erledigung erhalten sie Globalbudgets. Hier können die Bezirke Schwerpunkte setzen. Der Bezirksbürgermeister wird gestärkt, er hat die Letztentscheidung. So kann eine klare Verantwortungszuordnung erfolgen.

5. Berlin braucht eine Verbesserung und Bündelung des Personalmanagements. Dafür dürfte ein Personalvorstand im Senat erforderlich sein, dem sowohl die Bedarfs- und Kapitänskapazitätssteuerung wie die qualitative Betreuung – Bürgerfreundlichkeit, Zügigkeit, Transparenz – des gesamten öffentlichen Personals in Berlin obliegt.

6. Die Digitalisierung wirkt in alle Formen auch der öffentlichen Zuständigkeiten hinein. Vergleichbar umfassend muss die Berliner Verwaltung nach den Erkenntnissen des E-Government durchwirkt werden. Auch dies ist mit (begrüßenswerten) strukturellen und personellen Einzelmaßnahmen nicht geleistet. Es geht um eine neue Realität öffentlichen Handelns, und es sollte sich von selbst verbieten, auf die Expertise der in Berlin ansässigen IT-Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft zu verzichten.

7. Darüber hinaus ist modernes Stadtmanagement mehr als der Regelungskatalog für öffentliches Handeln. Berlin sollte vorangehen bei der Herausforderung, neue Formen des Zusammenwirkens von Politik und Verwaltung auf der einen sowie von Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite zu entwickeln.

Dies ist eine Perspektive, die die bisherigen stolpernden Versuche unter dem Namen „Bürgerbeteiligung“ hinter sich lässt und dem Anspruch der Mitverantwortung der Berlinerinnen und Berliner an der Entwicklung ihrer Stadt gerecht wird.

8. Eine wirkliche Reform muss sich schließlich der Frage stellen, was auch in den nächsten Jahrzehnten in einer Stadt wie Berlin noch von der Politik geleistet und beherrscht werden kann und sollte. Dazu sind in der Vergangenheit schlecht oder schiefgelaufene Projekte, die die Politik in ihrer Hand gehalten hat, zu zahlreich geworden.

Die wohlfeile persönliche Kritik an den handelnden Politikern ist da zu billig. Nötig ist die Frage nach den strukturellen Grenzen der Leistungsfähigkeit öffentlichen Handelns. Nicht bei jedem Projekt führt eine öffentliche Trägerschaft zum besten Ergebnis.

Der ehemalige CDU-Politiker Volker Hassemer war in den Achtzigern und Neunzigern Senator in den Ressorts Stadtentwicklung und Kultur.

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