Letzte Rede im Berliner Parlament: Abschied von Klaus Wowereit: Und das war's
So wie Wowereit mit seinem Job als Regierender erging es vielen Berlinern mit Wowereit: Sie mochten ihn, waren seiner am Ende aber überdrüssig. Ein Kommentar.
Das war nochmal ein echter Wowereit, und er hat all das gezeigt, was sich zusammenfassen lässt in dem Satz, der oft zu hören war in den vergangenen Wochen, so oder so ähnlich: „Ich mag ihn ja wirklich gern, aber es ist auch gut, dass er jetzt geht.“
Das dürfte auch auf das zutreffen, was Wowereit von seinem Job sagen würde: Er mochte ihn, aber am Ende hatte er genug davon. Genug vom Genörgel, genug von einem Bild seiner Amtszeit, das nur die vergangenen paar mühsamen und enttäuschenden Jahre zeigt, genug vom Terminkalender, der ihn, wie er selbst von Anfang bis zum Ende beklagte, fremdbestimmt hat. Doch bei seiner letzten Rede im Parlament als Abgeordneter und Regierender Bürgermeister durchzog keine Ironie, keine Bitterkeit, kein Trotz seine Worte; er brachte die Summe seiner Gefühle aus allen Jahren auf den Punkt: „Es hat mir Spaß gemacht.“
Was lässt sich Besseres sagen beim Abschied aus einem Beruf, der das Leben so lange bestimmte? Nichts aus der Sicht desjenigen, der so fühlt und es sagt. Als Maßstab für die Arbeit eines Regierenden Bürgermeisters wäre es allerdings ungeeignet, wenn nicht gerade das, der Spaß am Leben in Berlin, eines der Merkmale wäre, auf das viele Wert legen, die sich anziehen lassen von der Stadt. Aber das Leben in Berlin ist nicht nur Spaß und schon gar nicht für alle. Alle drei Nachfolgekandidaten haben während ihres SPD-internen Wahlkampfs deshalb fein darauf hingedeutet, dass sie eine Teilung der Stadt wahrnehmen und daran arbeiten wollen, diese zu überwinden. Hier und da, so war in der Partei zu hören, habe man es mit der Liberalität, die auch als Preisgabe von Ordnung wahrgenommen wurde, wohl übertrieben.
Berlin ist internationaler geworden, quirliger, artistischer
Wowereit sieht das anders, das hat er noch einmal deutlich gemacht. „Eine Freiheit“, „eine Offenheit“, das sind die Charakterzüge seines Berlins, die Menschen anziehen und hier halten, die ihre Grenzen nur finden in der Abwehr von politischem und gewalttätigem Extremismus. In einem Abgeordnetenhaus, das sich nur wenige Stunden zuvor fraktionsübergreifend auf eine gemeinsame, aber kostenlose Resolution gegen Fremdenfeindlichkeit einigen konnte, ist dafür ebenso fraktionsübergreifender Beifall gewiss. Was daraus folgt, darüber mögen sich künftig andere ihre Gedanken machen.
Dass Wowereit „soziale Gerechtigkeit“, dieses sozialdemokratische Mantra, in seiner Rede als „zunehmende Aufgabe bezeichnet“, ist richtig. Dass diese Zunahme auch mit Versäumnissen seiner Politik zu tun haben könnte, spielt für ihn keine Rolle, jedenfalls nicht mehr. Die Hoffnung, dass der wirtschaftliche Aufschwung, der sich für Wowereit auch an steigenden Mieten festmachte, alles mitreißt nach oben, zur Sonne, zum Wohlstand, hat sich nicht erfüllt; gerissen ist nur das soziale Band. Es reicht eben nicht, für sich selbst festzustellen, hätte man eigene Kinder, würde man sie nicht in Kreuzberg zur Schule schicken, so wie es vor Jahren Wowereit sagte.
Internationaler ist die Stadt geworden in seinen Jahren, das ist ihm wichtig und stimmt, quirliger, artistischer auch. Nicht alles kam durch ihn, aber durchaus mit ihm, und er hat seinen Anteil daran, mit „seiner Art“, wie es so schön und treffend heißt. Eine Lässigkeit, würde er selbst wohl sagen. Dazu passt dann auch sein Abschied. „Da jetzt alle nach Hause wollen“, sagt er im Parlament, komme er nun zum Schluss. Und das war’s.