Führungskrise: Absage: Wilhelm Bender wird nicht neuer BER-Chef
Alles wieder auf Anfang. Die Suche nach einem Krisenmanager für den ins Trudeln geratenen Hauptstadt-Flughafen in Schönefeld beginnt wieder von vorn. Es ist der erste große Rückschlag für Matthias Platzeck als Chef des Flughafen-Aufsichtsrats.
Und dann ist plötzlich wieder alles auf Anfang. Die Suche nach einem Krisenmanager für den ins Trudeln geratenen Hauptstadt-Flughafen in Schönefeld beginnt von vorn. Und es wird, wie der Aufsichtsratschef und brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Montag sagte, wohl noch „einige Zeit dauern“, bis ein Vorstandschef gefunden ist. Man wolle sich nicht unter Druck setzen lassen. Zuvor hatte Platzeck am Morgen in Potsdam bekannt gegeben, dass der frühere Fraport-Manager Wilhelm Bender – er war gefragt worden und hatte sich Bedenkzeit bis Montag ausbedungen – abgesagt hat. Bender habe zwar zugesagt, unterstützend und beratend für das Projekt tätig zu sein, „aber als CEO, für das operative Geschäft, steht er nicht zur Verfügung“, berichtete Platzeck.
Auf Bender, den auch der Bund und Berlin gern als BER-Retter gesehen hätten, hatten viele Hoffnungen geruht. Er hatte wohl bis zuletzt mit sich gerungen und auch schon mit den BER-Verantwortlichen verhandelt. Was den Ausschlag für die Absage gab, ist bislang noch unklar. Alle Beteiligten halten sich bedeckt. Grund seien vor allem seine umfangreichen anderweitigen Tätigkeiten gewesen, etwa Aufsichtsratsjobs bei Bombardier oder Eintracht Frankfurt, wurde in Aufsichtsratskreisen vermutet. Dass die Personalie an unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen gescheitert sein könnte, wurde nicht bestätigt. In dieser Stufe der Verhandlungen sei man noch nicht gewesen, hieß es.
Für Platzeck, der den Posten des Aufsichtsratschefs von Wowereit übernommen hatte, ist die Nachricht der erste große Rückschlag. Zu Verstimmungen bei ihm, aber auch bei Wowereit hatte geführt, dass die Anfrage an Bender frühzeitig durchgesickert war, obwohl es nur wenige Eingeweihte gab. Dabei hatten sich Platzeck, Wowereit sowie die Bundesminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Peter Ramsauer (CSU) verständigt, „im gesamtstaatlichen Interesse“ gemeinsam und nicht gegeneinander zu agieren. Die Indiskretion war von Frankfurt am Main ausgegangen.
Beim BER ist nun Technik-Geschäftsführer Horst Amann als Interimschef weiter auf sich allein gestellt. Er muss den laufenden Winterbetrieb auf dem völlig überlasteteten Flughafen Tegel sichern und die Bestandsaufnahme der Baumängel im Terminal Schönefeld forcieren, um eine valide Grundlage für die Nennung eines Eröffnungstermins und die Schätzung der neuen Mehrkosten zu erhalten. Diese Grundlage, so hatte Ende vergangener Woche Brandenburgs Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider eingeräumt, gibt es bislang nicht.
Die Kosten des Projektes waren inzwischen auf 4,3 Milliarden Euro geklettert, nachdem erst im Dezember 2012 – vor der neuerlichen Terminabsage – ein Nachschlag von 1,2 Milliarden Euro bewilligt worden war. Durch die Verschiebung kommen hunderte Millionen hinzu. Außerdem gibt es bislang unbezifferbare Kosten, um den Terminal mit der nicht funktionierenden Brandschutzanlage betriebs- und genehmigungsfähig zu machen. Sollten, was derzeit geprüft wird, Erweiterungsinvestitionen oder die Sanierung der Nordbahn vorgezogen werden, wären weitere 800 Millionen Euro fällig. Eigentlich sollten diese Investitionen aus den Erlösen des BER in den Jahren 2016/2017 finanziert werden.
Auch hier wäre Bender gefragt gewesen: In Frankfurt am Main war es ihm gelungen, aus einem defizitären Flughafen in Staatsbesitz ein börsennotiertes Erfolgsmodell mit Beteiligungen auch an Flughäfen im Ausland zu machen. Sogar in Berlin wollten die Frankfurter einst ins Flughafengeschäft einsteigen; ihr Angebot war aber nicht angenommen worden. Nur das Engagement in der philippinischen Hauptstadt Manila wurde zum Fiasko mit einer Korruptionsaffäre. Am Ende musste Fraport in Manila mehrere hundert Millionen Euro abschreiben.
Das Flugdrehkreuz in Frankfurt am Main aber floriert. Nur dort gibt es mit der Animal Lounge einen riesigen Frachtbereich für den Transport lebender Tiere. Es gibt gigantische Frischehallen für gekühlte Lebensmittel und Schnittblumen. Von hier wird mehr frischer Fisch nach Europa geliefert als von den Großmärkten in Paris. Hier gibt es viele neue Ideen, in Berlin nicht mal einen Starttermin. In Politik und Wirtschaft Berlins und Brandenburgs wurde die Absage des versierten Managers mit Bedauern aufgenommen, während sich von den Gesellschaftern keiner äußern wollte. „Benders Nein ist schade, aber auch nicht verwunderlich“, sagte Dieter Dombrowski, Chef der CDU-Opposition in Brandenburgs Landtag. „Ihm muss klar geworden sein, dass es eine Schlangengrube ist, dass die Gesellschafter sich nicht einig sind, etwa über die notwendige Erweiterung des BER.“ Es sei offensichtlich so, dass der BER schon zur Eröffnung, wann auch immer die sei, zu klein sei. Doch während in Berlin und beim Bund auf eine Erweiterung gedrängt werde, stehe Brandenburg auf der Bremse. Auch hier könnte ein neuer Chef eine Entscheidung beschleunigen – falls es ihn oder sie irgendwann einmal gibt.