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Endlich Berlin! Abba-Gründer Benny Andersson (links) und sein Sohn Ludvig auf dem Dach des Soho Houses.
© Thilo Rückeis

Benny Andersson und sein Sohn: Abba mit Film auf der Berlinale

Benny Andersson ist lange Berlinale-Fan. Nun hat er es geschafft, selbst vertreten zu sein. Als Produzent und natürlich als Musiker – mit seinem Sohn.

So sieht ein glücklicher Mann aus. Abba-Gründer Benny Andersson, tannengrünes Hemd, schwarze Jeans, dunkelgraues Jackett, auf den Lippen und in den Augen das Lächeln eines sehr freundlichen Kobolds, sitzt auf dem Sofa im Soho House und freut sich, ja, fast wie ein Kind. Er ist sowieso ein Berlinale-Fan. Und nun sind er und sein Sohn Ludvig, der neben ihm sitzt, zum ersten Mal als Produzenten dabei. „Das ist so cool!“ Für Dienstagnachmittag war die Premiere ihres Films „The Circle“ im Generationen-Kino 14plus angesetzt.

Seit sieben Jahren arbeiten Vater und Sohn zusammen. Beide machen Musik. „Aber nicht zusammen“, sagt Benny Andersson, der die Lieder seines Sohnes gleichwohl richtig gut findet. Sein aktuelles Lieblingslied ist „Things We Left Behind“, das auch im Film vorkommt. Sohn Ludvig hat seine eigene Band „Atlas“, mit der er auch schon in Deutschland aufgetreten ist. Gerade hat man ihm ein Angebot für einen Auftritt in Berlin gemacht, aber er hat noch nicht zugesagt. Der 33-Jährige mit der großen Brille war völlig fasziniert und berührt von der Fantasy-Trilogie „The Circle“. Er liest gerne und viel. „Es ist kein Buch nur für Teenager“, sagt er. Unglaublich viel Tiefgang habe es, viel mehr als „Harry Potter“ oder „The Hunger Games“. „Im Grunde handelt die Geschichte davon, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Sie geht unglaublich tief in die Wirklichkeit des Lebens hinein.“

Als er hörte, dass das Buch verfilmt werden sollte, bat er den Regisseur, der ein Freund war, mitmachen zu dürfen. „Ich könnte ein Lied schreiben oder Chauffeur sein“, schlug er vor. „Hauptsache dabei sein.“ Als das Filmprojekt irgendwann ins Schlingern geriet, übernahm er gemeinsam mit seinem Vater die Produktion. „Wir sind beide kreativ, aber ich verstehe mehr von Finanzen als er“, sagt Benny Andersson, der dann gleich auch noch den Soundtrack schrieb. Einige Einspielungen von Atlas-Nummern gibt es auch. Beiden hat es offensichtlich großen Spaß gemacht, auf neuem Terrain zu arbeiten. Mit einem Etat von fünf Millionen ist der Film ein Low-Budget-Projekt. Die „Tribute von Panem“ hätten 50 Millionen gekostet, wirft Ludvig Andersson zum Vergleich ein. Sollte der Film ein Erfolg werden, dann wollen sie auch den zweiten und dritten Teil in die Kinos bringen.

Das Geschäft spielt für beide immer nur die zweite Rolle

Die Geschichte spielt in der von Wäldern umgebenen, abgelegenen kleinen schwedischen Stadt Engelsfors. Ein 16-Jähriger stirbt, und sechs sehr unterschiedliche Mädchen erkennen, dass sie magische Kräfte haben und sie zusammen nutzen müssen.

Ja, es sei ein großer Luxus, mit dem eigenen Sohn gut zusammen zu arbeiten, das weiß der Vater zu schätzen. Das Geschäft spielt für beide immer nur die zweite Rolle. Am wichtigsten ist ihnen Qualität, da sind sie ganz Künstler. Das Schönste daran, einen Film selbst zu finanzieren, sei die Tatsache, dass einem "absolut niemand reinreden könne“, sagt Benny Andersson. Unabhängigkeit hat er schon immer geschätzt, die frühen Erfolge haben sie möglich gemacht, sind ihm aber offensichtlich nicht zu Kopf gestiegen. Wie es kommt, dass Schweden auch, wenn sie sehr erfolgreich sind, oft immer noch bodenständig wirken, kann er auch nicht so richtig erklären. Am ehesten sei es wohl, eine realistische Art, die Dinge zu betrachten.

Befragt nach seinen liebsten Abba- Songs, überlegt Ludvig Andersson, der zum Teil die Rechte verwaltet, kann sich am Ende aber nicht entscheiden. „Vergessen Sie nicht, dass ich meinen Vater nur in der Nach-Abba-Zeit kenne. Er ist der am härtesten arbeitende Mensch, den ich kenne, hat danach ungefähr 50 Alben gemacht.“ Neben den bekannteren Musicals wie „Chess“, das er gemeinsam mit Björn Ulvaeus – dem zweiten B in Abba – geschrieben hat und natürlich der Arbeit an „Mamma Mia“ hat sich Benny Andersson vor allem um die schwedische Volksmusik verdient gemacht. Er schreibt unter anderem Polkas und Walzer für den Tanz um den Mittsommernachtsbaum und tritt auf mit „Benny Anderssons Orkester“.

Alle einstigen Abba-Musiker sind immer noch befreundet

Vater und Sohn wirken wie das Gegenteil von dem Klischee der kaputten Popstars mit kaputten Kindern. Was ist das Geheimnis? Zeit für die Lebensweisheit des Vaters. „Wenn man einmal erkannt hat, dass man machen kann, was man mag, dann sollte man alles vermeiden, was man nicht mag.“ Er geht jeden Morgen um 10 Uhr ins Büro und bleibt bis 17 Uhr. In der Zeit schreibt er auch seine Musik. Alle einstigen Abba-Musiker sind immer noch befreundet, die anderen schauen manchmal vorbei. „Wann haben wir uns zuletzt gemeinsam getroffen?“, fragt er den Sohn. „Letztes Jahr war das, aber davor 15 Jahre nicht“, erinnert der sich. Mit Björn Ulvaeus arbeitet der 68-Jährige freilich immer wieder zusammen.

Jeden Sommer verbringt er zehn Wochen in seinem Sommerhaus am Rande der Schären. Seit vierzig Jahren macht er das, wie die Schulkinder, die haben auch so lange Ferien. Er fährt gerne mit dem Boot raus, der Sohn fischt gerne. Fünf Enkelkinder hat er im Alter zwischen 25 und 7 Jahren. Ludvig Andersson liest seiner kleinen Tochter gerade die Geschichten von Astrid Lindgren vor. „Kinder verstehen sie, aber sie haben auch Tiefe, vieles handelt vom Tod, von elternlosen Kindern, von sozialer Ungerechtigkeit“, wirft Benny Andersson ein. Vielleicht nimmt „The Circle“ da eine schwedische Tradition auf. Was die beiden noch reizen würde? Benny Andersson denkt, man müsste mal wieder ein Musical von Grund auf neu schreiben, eine bislang unbekannte Geschichte, mit ganz neuer Musik. Die Idee ist schon da, aber er will noch nichts dazu sagen.

Erst mal besichtigt er die Räume, wo nach der Premiere die Party steigen soll. Das Politbüro im Soho House kommt ihm recht klein vor. „Da sollen alle reinpassen? Es kommen auch Schweden!“ Er freut sich auf Mittwoch, da wollen Vater und Sohn etwas unternehmen mit den Mädchen aus dem Film. „Alle sind hier, es ist wirklich toll, bei der Berlinale zu sein“, freut er sich mit einem Blick auf den Fernsehturm. Sohn Ludvig telefoniert an der Seite seiner deutschen Freundin, der Künstlerin Milana Schoeller, derweil mit zwei Handys gleichzeitig und muss dann auch los: noch ein Hemd kaufen für die Premiere.

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