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Der Müggelturm ist ebenso geöffnet wie das Imbiss-Café an seinem Fuß. Das Restaurant existiert erst als Rohling.
© Stefan Jacobs

Ausflug zum Köpenicker Wahrzeichen: Ab in die Sonne! Der zweite Frühling des Müggelturms

Nach Jahrzehnten des Verfalls brummt es wieder am Müggelturm. Die Ausflügler strömen in Scharen her – und genießen, worauf sie lange warten mussten.

Wer keine Ahnung hat, kann es ziemlich verrumpelt finden hier oben. Aber die Leute, die an diesem Frühlingssonnabend aufs Gipfelplateau des Müggelbergs geschnauft kommen, haben Ahnung. Viele bleiben erst mal stehen, lassen das Ensemble aus Müggelturm, Bauzäunen, Absperrbaken, Partyzelt und Terrasse auf sich wirken, gleichen es mit den gespeicherten Bildern in ihren Köpfen ab – und nicken anerkennend oder sagen Dinge wie der Senior mit den Walkingstöcken zu seiner Frau: „Is doch schon mal janz jut, wie se dit jemacht haben.“

In der komplett erneuerten Baude gibt's Torten, Eis und Imbissgerichte. Bei schönem Wetter sitzt man auch draußen gut.
In der komplett erneuerten Baude gibt's Torten, Eis und Imbissgerichte. Bei schönem Wetter sitzt man auch draußen gut.
© Stefan Jacobs

Die Leute wissen, wovon sie reden: Seit Jahrzehnten ist der Müggelturm das Ausflugsziel für viele Köpenicker. Nach 20 Jahren Verfall und einem zähen Renovierungsstart, der eher nach Abriss aussah, ist jetzt die Aufbruchstimmung offenkundig. Als gegen elf endlich die Sonne durch die Sauce Hollandaise am Himmel bricht, sind fast alle der dunklen Holztische vor der Müggelturmbaude belegt. Und drinnen stehen die Leute an, so dass Küchenchef Paul Brämer eigentlich gar keine Zeit zum Reden hat. Sein Name steht samt Handynummer am Bauzaun, weil Personal gesucht wird.

Und zwar dringend, wie Brämer sagt: „Wir brauchen sowohl Festangestellte als auch Aushilfen. Wer jetzt in der Baude anfängt, kann später auch ins Restaurant wechseln.“ Die Personaldecke sei so dünn, dass es zurzeit nur mit Selbstbedienung funktioniere. Dieses Wochenende sei das vierte seit der Wiedereröffnung und bei diesem Wetter seien mehr als die 3000 Leute zu erwarten, die vor zwei Wochen bei den ersten Sonnenstrahlen kamen.

Während Brämer wieder hinterm Tresen verschwindet und Pommes, Soljanka sowie original Müggelturm-Currywurst zubereitet, befühlen im Gastraum Menschen die dunkel verklinkerten Säulen, die blauen Sitzpolster und die Kacheln der Repro eines Fotos aus DDR-Zeit, das Massenbetrieb am Fuße des Müggelturms auf allen Ebenen zeigt.

Draußen fragt eine Frau nach Sitzkissen. „Ham wa nich’!“, sagt ein Helfer. Es könnte ja regnen, theoretisch jedenfalls.

Das Restaurant in der oberen Etage ist noch längst nicht fertig. Später soll ein italienisch angehauchtes Restaurant mit großer Terrasse die Ausflügler anziehen.
Das Restaurant in der oberen Etage ist noch längst nicht fertig. Später soll ein italienisch angehauchtes Restaurant mit großer Terrasse die Ausflügler anziehen.
© Stefan Jacobs

Im Gästebuch am Eingang werden Torten und Toiletten gleichermaßen gelobt, ebenso das freundliche Personal. In vielen Einträgen steht die Wortkombi „endlich wieder“, mehrere wünschen dem aus Köpenick stammenden Unternehmer Matthias Große viel Erfolg bei seinem Werk. „Die Familienmitglieder setzte ich in Kenntnis, dass mein 83. Geburtstag im Juni hier gefeiert wird“, endet ein ganzseitiger Eintrag. Nur einer meckert über die Bierpreise (das 0,3er kostet vier und das 0,5er fünf Euro) und zwei wollen kein Red Bull auf der Speisekarte, aber dahinter steckt eher ein Fußballthema als ein gastronomisches.

Man kann sowohl das Bier als auch die Pommes für drei Euro teuer finden, aber letztlich dient es ja einem guten Zweck. Alle Erlöse kommen der Sanierung zugute, steht auf den Transparenten an den Bauzäunen, die für den Besuch des Turms werben. Der Weg dorthin führt an der Baude vorbei über erneuerte Treppen und Geländer, an einer noch umzäunten Wikingerschach-Terrasse vorbei und oben vor dem völlig entkernten Restaurantrohling links in den Turm hinein. In dem sitzt im Kabuff unter der ersten Treppe jetzt wieder ein Mensch, um den Eintritt zu kassieren, der bisher an der Imbissbude auf dem Parkplatz zu bezahlen war. Aufbruchstimmung herrscht sowohl in den Knospen der Kastanie vor der Treppe zum Turm als auch beim Ticketverkäufer. Der genießt sie, „denn ich bin ja schon sieben Jahre hier“.

Bisher habe er im Imbiss geholfen, Vandalismus und Brandstiftungen miterlebt. Und jetzt dieser Frühling! Der Blick von oben ist ohnehin grandios – vom Problem-BER über die Tropical-Islands- Halle und die – allerdings recht weit entfernte – Berliner City bis Marzahn. Aber auch von unten sieht man dank ausgelichteter Bäume wieder Dahme und Müggelsee. Das ist ein Vorteil vor allem für jene, denen die 126 Stufen auf den Turm zu viel sind. Einen Fahrstuhl lassen weder Denkmalschutz noch Platzverhältnisse zu.

Umso großzügiger soll es künftig im italienisch bekochten Restaurant zugehen. Küchenchef Brämer sprach von 400 Plätzen drinnen und 600 auf der Terrasse. Klingt viel. Aber könnte knapp werden, wenn nicht nur das Wetter passt.

Infos zu den Bergen und Service zum Besuch: nächste Seite

DIE BERGE

Die Müggelberge bilden die höchste Natürliche Erhebung im Berliner Stadtgebiet. Der Müggelturm steht auf dem 88 Meter hohen Kleinen Müggelberg. Der Große liegt rund einen Kilometer weiter östlich und ist über einen Kammweg zu Fuß gut erreichbar. Zwischendurch gibt es einen Aussichtspunkt mit Blick auf den Müggelsee, während der (mit einem Stein markierte) 114,7 Meter hohe Gipfel des Großen Müggelbergs etwas versteckt mitten im Wald liegt.

DER TURM

Der erste Müggelturm entstand 1890 auf Initiative des Wäschereibesitzers Carl Spindler. Die Holzkonstruktion brannte 1958 ab und wurde 1961 durch einen Neubau aus Beton ersetzt. Nach der Wende stritten Ämter und Investoren um die Zukunft des denkmalgeschützten Ensembles, das verfiel. Jetzt saniert es der Köpenicker Unternehmer Matthias Große, Partner von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein. Weitere Infos: www.müggelturm.berlin.

DER BESUCH

Der Turm und die Baude (mit Café und Imbiss) haben täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Turmeintritt: 2 Euro, ermäßigt 1 Euro. Am bequemsten ist die Anreise per Auto (Parkplatz auf halber Höhe, laut Betreiber gibt es am Wochenende einen Shuttle) oder Fahrrad. Länger dauert es mit Öffentlichen: Bus 169 bis Rübezahl, am Teufelssee vorbei und via Treppe aufwärts (ca. 1 km Fußweg). Alternativen: Tram 62 bis Wendenschloss und an der Dahme entlang bis hinter Schmetterlingshorst und dann links. Oder: von Grünau mit der Fähre nach Wendenschloss (je 2-3 km Fußweg).obs

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