Marzahn-Hellersdorf: Ab heute dürfen Bürger das Haushaltsgeld selbst verteilen
In Marzahn-Hellersdorf dürfen Bürger vorschlagen, wofür der Bezirk Geld ausgibt. Für ihre Projekte stehen 200.000 Euro zur Verfügung.
Der Gehweg vor Ihrer Haustür sollte dringend saniert werden? Die Sporthalle braucht ein neues Dach? Oder die Schule moderne Computer? Wünsche wie diese können Bürger in Marzahn-Hellersdorf einbringen. Finden sich genügend Unterstützer, werden die Vorschläge umgesetzt, auf Kosten des Bezirks.
Das ist das Konzept des Bürgerhaushalts. Die Idee kommt aus dem brasilianischen Porto Alegre. In Berlin gibt es Bürgerhaushalte in Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf. „Das ist der Königsweg, die Bürger wirklich zu beteiligen“, sagt Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (SPD). Am 1. November startet in Marzahn-Hellersdorf die neue Entscheidungsrunde für den Bürgerhaushalt 2018/19.
Zum ersten Mal findet das Verfahren nur online statt. Es hat zwei Phasen: Bis Ende November können Vorschläge eingereicht werden, entweder von zu Hause oder in den Stadtteilzentren. Dort wurden eigens neue Laptops und iPads dafür angeschafft. In der zweiten Phase, vom 19. bis 27. Januar, wird abgestimmt.
Erstmals steht sogar ein Budget zur Verfügung: 200.000 Euro pro Jahr. „Natürlich ist das ein kleiner Betrag im Vergleich zu dem, was wir sonst finanziell bewegen“, sagt Komoß. Für viele Initiativen im Bezirk sei es aber eine große Unterstützung. Maximal 20.000 Euro darf ein Vorschlag kosten. „Der Vorteil ist, dass die Vorschläge sofort umgesetzt werden können und wir nicht erst wegen des Doppelhaushalts zwei Jahre warten müssen“, sagt Kerstin Schwarz, Mitarbeiterin im Büro des Bürgermeisters. Vorhaben, die teurer sind, können Bürger trotzdem einbringen.
Gezielt sollen Kinder und Jugendliche angesprochen werden
Diese werden aber direkt aus dem Gesamtbudget des Bezirks finanziert. Für das Verfahren zum nächsten Bürgerhaushalt wurde die Homepage umgestaltet. Ab Mittwoch ist sie erreichbar unter „www.mischen-sie-mit.de“. Es gibt mehr Such- und Filterfunktionen und Erklärungen in einfacher Sprache.
Wenn die Frist für Vorschläge abgelaufen ist, werden die Ideen sortiert und gebündelt. Dann dürfen die Bürger wählen. Vorschläge, die nicht auf eine Finanzierung zielen, sondern in die Zuständigkeit des Ordnungsamtes fallen, werden direkt weitergeleitet. Nach der Abstimmung gehen die Vorschläge mit den meisten Stimmen an die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die BVV hat auch beim Bürgerhaushalt das Haushaltsrecht. Sie ist nicht verpflichtet, die Vorschläge umzusetzen. „Aber der politische Druck ist hoch“, sagt Komoß.
Die meisten Bürger, die sich bisher am Bürgerhaushalt beteiligt haben, waren mindestens 50 Jahre alt. Deshalb versucht der Bezirk, gezielt Kinder und Jugendliche anzusprechen. Auch sie dürfen mitmachen, es gibt kein Mindestalter. Damit die Jüngsten etwas von dem Angebot mitbekommen, werden Workshops in Schulen und Jugendklubs veranstaltet. Und auch nicht deutschsprachige Bewohner sollen erreicht werden, für sie gibt es Flyer auf Vietnamesisch und Russisch.
„Beim letzten Mal hatten wir 400 Vorschläge“, sagt Komoß. Ein sehr gutes Ergebnis, findet er. 30 sollten umgesetzt werden, realisiert sind bisher nur zwei. „17 sind in Bearbeitung“, sagt Komoß. Die übrigen 11 werden am Ende des Haushaltsjahrs verfallen. Für die Bürger könnte das ein Ansporn sein, jetzt neue Vorschläge einzubringen.