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Der Wohnungsbau ist eine der drängendsten Anliegen der künftigen Koalitionäre.
© dpa/ Daniel Naupold

Stadtplanung in Berlin: 50.000 neue Wohnungen für Berlin

Vor allem in Spandau, Tegel und Pankow sollen komplett neue Viertel entstehen - grün, lebendig und "sozial gemischt".

Berlin braucht zehntausende neue Wohnungen, jedes Jahr. So soll den rasant steigenden Mieten und der rasch wachsenden Bevölkerung der Stadt begegnet werden. In diesen Punkten waren sich im Wahlkampf fast alle Parteien einig. Nur wie soll es gelingen?

„Die Innenentwicklung und die Nachverdichtung in der Stadt werden diese Herausforderung alleine nicht bewältigen können“, sagte Grit Schade, Leiterin der Wohnungsbauleitstelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, auf einer Podiumsdiskussion. Unter dem Titel „Neue Qualitäten für neue Quartiere?!“ hatten der Tagesspiegel und die Architektenkammer Berlin am Montagabend in die Urania am Wittenbergplatz geladen. Zu Gast waren neben Schade auch Stefan Schautes, Leiter des Bereichs Neubau der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge, der Vorsitzende der Bundesstiftung Baukultur Reiner Nagel sowie Vanessa Carlow, Professorin für Städtebau an der TU Braunschweig.

50.000 neue Wohnungen in den nächsten Jahren

Ein Begriff durchzog diesen Abend: jener der „Gartenstadt des 21. Jahrhunderts“. So lautet das Leitbild der Stadtentwicklungsverwaltung. Der Plan: 50.000 Wohnungen sollen in den kommenden Jahren gebaut werden. Vor allem in Spandau, Tegel und Pankow entstehen komplett neue Viertel. Etwa in der Elisabeth-Aue, im Norden von Pankow, dessen 73 Hektar großes Areal dem Land Berlin gehört. Allein dort sind 5.000 Wohnungen und zusätzliche Gewerbeeinheiten geplant. Schon der Titel des Leitbildes sorgte am Montagabend auf dem Podium für Kritik. „Beim Begriff ‚Gartenstadt 21‘ liegt doch ein Missverständnis vor. Es ist lediglich ein Label dafür, dass wir in einer dichter werdenden Stadt zukünftig mehr Wohnqualität brauchen“, sagte Nagel gleich zu Beginn. „Ich habe ein Problem damit, ein Konzept aus dem 19. Jahrhundert auf die Zukunft zu übertragen“, ergänzte Carlow.

Grüne, lebendige Stadtteile sollen entstehen

Das Leitbild als attraktive Worthülse? Was nach Einfamilienhäusern mit großem Garten und im Grünen klingt, soll in den kommenden zwölf bis fünfzehn Jahren vor allem zum Bau von vier- bis siebengeschossigen Wohnhäusern führen. Rund 100.000 Menschen sollen so in zwölf neuen Quartieren unterkommen. „Wir müssen in Zukunft eine höhere Bevölkerungsdichte erreichen“, mahnte Schautes. Hier herrschte Einigkeit.

Bei Nagel stießen jedoch bereits die Zahlen auf Unbehagen: „Die Planungen der Senatsverwaltung erinnern eher an das Lenken eines Autoscooters als an das vorausgedachte Steuern eines Containerschiffs.“ Angesichts bisheriger Planungen mit erheblich weniger Wohnungen scheine der Senat sehr unvorbereitet getroffen worden zu sein.

Laut der Verwaltung sollen grüne, zugleich aber dichte Stadtteile mit abwechslungsreicher Architektur und Freiräumen entstehen, „sozial gemischt“ und lebendig. Die Senatsverwaltung hat keine neuen Vorstädte im Blick, vielmehr das Weiterwachsen der Stadt in der Stadt. „Die Quartiere müssen einen Mehrwert für ihr Umfeld schaffen“, so Schade.

„Unter Zeit- und Kostendruck neue Quartiere zu schaffen, birgt große Gefahren“

Doch wie soll der Wohnungsbau finanziell bewerkstelligt werden? Der Einwand Carlows, dass für ein gelungenes Quartier auch architektonische Vielfalt nötig sei, wirkte wie ein Hinweis auf die chronisch leeren Kassen der Stadt. Der Senat setzt nun neben landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften auch auf Genossenschaften und private Investoren. In der Elisabeth-Aue etwa sollen die landeseigenen Howoge und Gesobau nur die Hälfte der geplanten Wohnungen bauen.

Später kam auch das Publikum zu Wort. Eine Anwohnerin der Wasserstadt Spandau berichtete von sozialen Verwerfungen dort und fragte, wie die in der Elisabeth-Aue verhindert werden sollen, wie die Vergabe der Wohnungen geplant sei. Schade gab zu, dass in der Vergangenheit nicht alles gut gelaufen sei. Für das Quartier in Pankow seien die Planungen im Gange. Nagel erneuerte daraufhin seine Kritik: „Unter Zeit- und Kostendruck neue Quartiere mit Qualität zu schaffen, birgt große Gefahren.“

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