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Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen sollen „vergesellschaftet“, also gegen eine Entschädigung per Landesgesetz enteignet werden.
© Paul Zinken/dpa
Exklusiv

Nach Mietendeckel-Aus: 47 Prozent der Berliner für Enteignungen von Immobilienkonzernen

In einer aktuellen Umfrage lehnen 44 Prozent das Enteignen-Volksbegehren ab. Berlin ist gespalten – das Mietendeckel-Aus könnte das noch verschärfen.

Neuer Rückenwind für das Berliner Volksbegehren "Deutsche Wohnen und Co. enteignen": Im Auftrag des Tagesspiegels befragte das Meinungsforschungsinstitut Civey 2502 repräsentativ ausgewählte Berliner:innen nach ihrer Haltung zur Enteignung von Immobilienkonzernen.

Das Ergebnis: In der Summe finden 47,1 Prozent diese richtig, rund zehn Prozent aller Befragten äußerten sich unentschieden.

Konkret beantworten 32,3 Prozent der Teilnehmer:innen die Frage "Wie würden Sie es bewerten, wenn Immobiliengesellschaften mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gegen Entschädigung enteignet werden?" mit "eindeutig richtig". 14,8 Prozent der Befragten antworteten mit "eher richtig".

Eher oder eindeutig falsch finden dagegen 43,7 Prozent die Ziele der Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen". Der Rest, 9,2 Prozent der Befragten, wollte sich für keine der beiden Seiten entscheiden.

Damit bestätigt sich das Ergebnis einer Civey-Befragung aus dem Mai 2019. Damals hatten 46,3 Prozent der Befragten Bestrebungen zur Enteignung großer Immobilienkonzerne gegen Entschädigung befürwortet. 43,9 Prozent waren dagegen und 9,8 Prozent unentschieden.

Im Januar 2019 wiederum betrug der Anteil der Befürworter 54,8 Prozent und der Gegner 34,3 Prozent. Eine Anfang Februar dieses Jahres von der CDU in Auftrag gegebene Befragung zeigte ein umgekehrtes Ergebnis. Damals sprachen sich 36 Prozent der Befragten für Enteignungen aus, 51 Prozent dagegen.

Anteil der Unterstützer unter Linkspartei-Wählern am größten

Konstant ist die Verteilung der Zustimmungsraten nach Parteipräferenz. Genau wie in den vorherigen Umfragen auch ist der Anteil der Unterstützer unter Wähler:innen der Linkspartei am größten. Er liegt aktuell bei 89,3 Prozent. Es folgen Grüne und SPD mit 71 sowie 63 Prozent Zustimmung.

Selbst 20 Prozent der Wählerinnen von CDU und FDP das Anliegen der Enteigner für unterstützenswert. Eine klare Mehrheit der Anhängerinnen dieser Parteien – genau wie bei der AfD – lehnt Enteignungen dagegen ab.

Auffällig darüber hinaus: Die Zahl der Unterstützer:innen des Volksbegehrens für Enteignungen ist in den jüngeren Bevölkerungsgruppen größer als in den älteren. Unter den befragten Frauen finden 49 Prozent die Initiative für unterstützenswert, bei den Männern sind es mit 46 Prozent nur geringfügig weniger.

Nicht messbar ist, inwiefern die am vergangenen Donnerstag veröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Mietendeckel das Ergebnis der Befragung beeinflusst hat. Gestartet worden war diese am 13. April und damit zwei Tage vor dem Aus für den Mietendeckel. Die repräsentative Befragung lief bis zum Dienstag.

Laut Civey sei "ein Großteil der Stimmen" nach dem 15. April, dem Tag der Urteilsverkündung, gesammelt worden. Gut möglich also, dass die Enttäuschung über das Scheitern des Mietendeckels der Initiative und damit den im Vergleich zum Mietendeckel deutlich weiterreichenden Enteignungen zusätzliche Zustimmung eingebracht hat.

Unterschriftensammlung läuft noch bis Ende Juni

Davon überzeugt zeigten sich zuletzt Mitglieder des Bündnisses. Allein am vergangenen Wochenende seien Zehntausende Unterschriften für Enteignungen großer Immobilienkonzerne gesammelt worden, hieß es. Hunderte Unterstützer hätten sich zudem gemeldet, um künftig selbst Unterschriften zu sammeln oder auszulegen.

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Die Ende Februar gestartete Unterschriftensammlung läuft noch bis zum 26. Juni. Nach den ersten vier Wochen waren laut Angaben der Initiative bereits rund 50.000 Unterschriften gesammelt worden. Die Initiatoren zeigten sich bereits damals zuversichtlich, das nötige Quorum von 175.000 Unterschriften erreichen zu können. Tritt der Fall ein, wird der Volksentscheid am 26. September und damit parallel zur Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl stattfinden.

In den Monaten zuvor dürfte es zu einem der zentralen Wahlkampfthemen in der Stadt werden. Linke und Grüne unterstützen das Vorhaben, die SPD lehnt es ab. CDU und FDP kämpfen von Beginn an entschieden gegen die Initiative, genau wie die AfD.

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