Neuer Asyl-Rekord in Berlin: 4000 neue Bewerber: Flüchtlingsrat warnt vor Obdachlosigkeit
Im Juli kommen mehr Flüchtlinge in Berlin an denn je: Heimplätze fehlen, Michael Müller will deshalb eine Pro-Kopf-Pauschale vom Bund. Der Flüchtlingsrat wiederum fordert vom Regierenden Bürgermeister, das Thema zur Chefsache zu machen.
Ein neuer Rekord – mehr als 4000 Männer, Frauen und Kinder werden allein in diesem Juli einen neuen Asylantrag in Berlin gestellt haben. Schon in diesem Juni kamen mehr Flüchtlinge in die Stadt, als seit der Wende je in einem Monat registriert worden waren. Im Vergleich zum Juli 2014 dürfte sich die Zahl in diesem Monat fast vervierfachen.
Auch die Wohnkosten, die Berlin pro Asylbewerber ausgibt, sind gestiegen. Sie werden 2015 wohl mehr als 9000 Euro pro Flüchtling betragen. Dies hängt damit zusammen, dass die Stadt dutzendfach Neubauten für Flüchtlinge baut, weil dem Senat landeseigene Häuser für die Unterbringung fehlen.
Der Flüchtlingsrat hat nun vor Obdachlosigkeit gewarnt. Neu in Berlin eintreffende Asylsuchende würden von der Zentralen Asylaufnahmestelle des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit aufgefordert, sich mit den üblichen Gutscheinen selbst ein Hostel suchen, die Behörde soll dabei nicht mehr helfen.
Bekannt ist, dass viele Hostels voll sind. Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan hätten deshalb in Parks schlafen müssen, obwohl ihnen rechtlich ein Wohnplatz zustünde. In einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) fordert der Flüchtlingsrat angesichts überforderter Ämter: "Erklären Sie das Thema zur Chefsache."
Lageso arbeitet an der Belastungsgrenze
Bis zu diesem Montag hatten im Juli fast 3600 Neuankömmlinge beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit einen Aufenthaltsantrag gestellt. Dazu kommen jeden Tag rund Tausend Flüchtlinge aus laufenden Verfahren, die beim Lageso ihre Krankenscheine beantragen oder wegen ihrer Wohnangelegenheiten mit den Beamten sprechen müssen.
Die rund 1000 Lageso-Mitarbeiter sind unter anderem auch für die Kontrolle der Berliner Kliniken, Altenheime und Badestellen sowie die Inklusion von Menschen mit Behinderung zuständig: Im Amt wird folglich seit Monaten an der Belastungsgrenze gearbeitet. Für die Flüchtlingsheime lässt Sozialsenator Mario Czaja (CDU) nach der Lageso-Affäre um zweifelhafte Betreiberverträge derzeit eine Sonderabteilung aufstellen. Diese wird direkt seinem Staatssekretär Dirk Gerstle (CDU) unterstellt.
Regierender Bürgermeister Müller (SPD) fordert Pro-Kopf-Unterstützung vom Bund
Derzeit leben rund 15.200 Flüchtlinge in fast 70 Berliner Sammelunterkünften, dazu kommen 12.000 Asylbewerber in Hostels und Mietwohnungen. Außerdem wohnen Tausende früherer Asylbewerber mit einem Duldungsstatus in der Stadt. Trotz neuer Wohncontainer und geplanter Modulbauten reichen die Plätze angesichts der Massenflucht aus Afrika und dem Nahen Osten nicht aus.
Der Streit zwischen Bundesregierung und Ländern um die Flüchtlingsunterbringung dürfte sich bald wieder zuspitzen. Bürgermeister Müller (SPD) hatte in der ARD am Montag eine Pro-Kopf-Unterstützung durch den Bund gefordert. Dies sei besser als eine starre Summe – die Flüchtlingszahlen stiegen ohnehin rasant.
6000 neue Heimplätze nötig
Mehr Hilfe vom Bund hatte auch Senator Czaja gefordert. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies dagegen darauf, dass die Länder nun 500 Millionen Euro bekämen. Die Bundesregierung werde zudem noch im August über eine zweite angekündigte 500-Millionen-Euro-Charge entscheiden.
Wie berichtet, dürfte Czaja bis Jahresende mindestens 8000 neue Wohnplätze brauchen. In den nächsten Tagen wird eine Unterkunft in Falkenberg fertig. In den kommenden Wochen sollen dann in der Potsdamer Chaussee und am Ostpreußendamm neue Heime eröffnet werden. Doch mehr als 6000 Plätze müssen danach immer noch gefunden werden.