Sicherheit auf den Straßen: 40 Prozent mehr Verkehrstote in Berlin
Im Stadtverkehr gab es 2014 viel mehr Tote und Verletzte, dabei stieg der Zahl der Unfälle nur gering. Mit Verkehrssündern verdiente der Senat Millionen.
Ende nächster Woche wollen Senatsinnenverwaltung und Polizei ihre jährliche Bilanz zur Verkehrssicherheit in Berlin ziehen. Harald Moritz, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, wollte nicht mehr so lange warten - und befragte den Senat zu Unfällen und Ordnungswidrigkeiten im Stadtverkehr.
Die Antwort von Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) hat es in sich: Im zurückliegenden Jahr gab es insgesamt mehr Unfälle, mehr Tote und mehr Verletzte als im Vorjahr. Dafür wurden weniger Menschen durch Raser verletzt – außerdem spülten Falschparker und andere Verkehrssünder viel Geld in die Senatskasse.
52 Menschen 2014 im Verkehr getötet
Der wichtigste Kennwert für die Sicherheit im Straßenverkehr ist die Zahl der Verkehrstoten. Wie berichtet, sind im Jahr 2014 wesentlich mehr Menschen auf den Straßen gestorben als 2013. Bis Ende November zählte die Senatsinnenverwaltung 52 Verkehrstote – 2013 hatte die Verwaltung noch 37 Verkehrstote, so wenige wie nie zuvor, gemessen.
Im Jahresvergleich stieg die Zahl der im Verkehr tödlich Verletzten sprunghaft um rund 40 Prozent. Mehr als die Hälfte der Getöteten war zu Fuß (20 Personen) oder per Fahrrad (10 Personen) unterwegs.
Tausend Verletzte mehr
Fast 14.000 Unfallverletzte zählte die Senatsinnenverwaltung bis November letzten Jahres – 2013 wurden 12.900 Menschen im Verkehr verletzt. Die Zahl der verletzten Fußgänger und Radfahrer blieb weitgehend konstant. In den letzten zwei Jahren wurden jeweils rund 1.900 Menschen angefahren, als sie zu Fuß unterwegs waren.
Für Fahrradfahrer ist Berlin letztes Jahr etwas gefährlicher geworden: 2013 wurden 4.700 Radler bei Unfällen verletzt, für 2014 geht die Polizei von einem leichten Anstieg auf 5.000 aus.
Leichter Anstieg bei Unfällen
Die Senatsinnenverwaltung zählte zwischen Januar und November 2014 rund 121.500 Verkehrsunfälle – die Zahlen für Dezember sollen Ende Februar nachgereicht werden. Im gesamten Jahr 2013 waren es rund 120.000 Unfälle; die Gefahr, im Stadtverkehr in einen Unfall verwickelt zu werden, ist also geringfügig gestiegen.
Am gefährlichsten sind die Innenstadtbezirke Mitte (17.300 Unfälle) und Charlottenburg-Wilmersdorf (16.300), mit deutlichen Abstand folgen Tempelhof-Schöneberg (12.400) und Friedrichshain-Kreuzberg (10.200). Am sichersten leben Verkehrsteilnehmer in Marzahn-Hellersdorf: Hier wurden voriges Jahr rund 5.900 Unfälle gezählt.
Unfälle an Roten Ampeln bleiben konstant
Exakt 433 Menschen wurden bis November 2014 verletzt, nachdem einer der Unfallbeteiligten eine rote Ampel missachtet und überfahren hatte. Dies entspricht fast exakt dem Vergleichswert aus 2013, als 434 Menschen verletzt worden waren. Inklusive der Dezemberzahlen dürfte die Zahl der 2014 bei Rotlichtverstößen verletzten Menschen leicht über der des Vergleichsjahres liegen.
Weniger Verletzte durch Raserei
Im letzten Jahr war überhöhte Geschwindigkeit in 980 Fällen der Auslöser eines Unfalls mit Verletzten – dies entspricht einem Rückgang von etwa 50 Fällen im Vergleich zu 2013, als mehr als 1000 Unfälle durch Raser verursacht worden waren. Die Polizei hatte Raser mit Aktionen wie dem „Blitzermarathon“ zuletzt verstärkt beobachtet.
Mehr als 26 000 Unfallfluchten
Fast zwanzig Prozent der Unfallfahrer entschlossen sich letztes Jahr zur Flucht, anstatt an Ort und Stelle auf die Polizei zu warten – eine Taktik, die offenbar in vielen Fällen erfolgreich ist. Rund 26 600 Unfallfluchten wurden von der Senatsinnenverwaltung registriert, nur etwa die Hälfte der Geflüchteten konnte später durch den Verkehrsermittlungsdienst zur Rechenschaft gezogen werden.
Insgesamt wurden letztes Jahr rund 11.500 Unfallfluchten aufgeklärt. Geflüchtet wurde vor allem in jenen Bezirken, wo sich auch die meisten Unfälle ereigneten: In Charlottenburg-Wilmersdorf (3.400 Unfallfluchten) und Mitte (3.300). Am Ende der Skala rangiert Marzahn-Hellersdorf mit 1.305 Fällen von Unfallflucht.
Senat verdient mit Verkehrssündern 77 Millionen Euro
Falschparker und Raser zahlten im Jahr 2014 rund 77 Millionen Euro an den Senat. Es wurden fast vier Millionen Ordnungswidrigkeiten im Stadtverkehr gezählt; etwa drei von vier Verstößen (rund 2,9 Millionen) entfielen auf „Verstöße im ruhenden Verkehr“ – also auf Falschparker.
Außerdem wurden mehr als 800.000 Geschwindigkeitsübertretungen und über 50.000 Rotlichtverstöße registriert. Fast 13.000 Menschen waren nicht angeschnallt, als sie kontrolliert wurden; etwa genauso viele Berlinerinnen und Berliner mussten zeitweilig ihren Führerschein abgeben. Und 18.000 Menschen wurden beim Telefonieren am Steuer erwischt - Kosten pro Kopf: jeweils 60 Euro.
Im Britzer Tunnel blitzte es über 100.000-mal
Die Polizei unterhält in Berlin 13 fest installierte Blitzeranlagen, die bei Tempo- und teils auch bei Rotlichtverstößen auslösen. Eine weitere befindet sich am Innsbrucker Platz im Testbetrieb. Außerdem gibt es noch die klassischen "Blitzerampeln", die nur Rotlichtverstöße erfassen.
Die Anlagen sind für den Senat eine Gelddruckmaschine – während die Polizei 2014 knapp 140.000 Euro in den Betrieb der Anlagen stecken musste, spielten sie im gleichen Zeitraum rund 4,8 Millionen Euro ein. Insgesamt blitzten die Anlagen 256.000 Temposünder und mehr als 25.000 Rotsünder.
Am häufigsten löst der Blitzer im Britzer Tunnel auf der Stadtautobahn in Neukölln aus – hier wurden mehr als 106.000 Tempoverstöße registriert. An der Ecke Siemensdamm/Nikolaus-Groß-Weg blitzte es fast 7.000 Mal, weil bei Rot gefahren wurde.