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Update

Ganze Klinik nach B117-Ausbruch in Quarantäne: 20 weitere Corona-Infektionen in Berliner Krankenhaus festgestellt

Fast 2000 Berliner stehen nach dem Ausbruch mit der Corona-Mutation B117 im Humboldt-Klinikum unter Quarantäne. Das Personal pendelt in „Berlkönig“-Kleinbussen.

Hunderte Vivantes-Mitarbeiter könnten ab diesem Montag mit Charter-Bussen durch Berlin pendeln – so sollen Masseninfektionen durch die mutierte Corona-Variante verhindert werden. Nach Tagesspiegel-Informationen greift der Vorstand der landeseigenen Vivantes-Kliniken dazu auf die „Berlkönig“-Kleinbusse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zurück.

Der BVG-Vorstand habe Unterstützung angeboten, bestätigte Vivantes-Chef Johannes Danckert am Sonntag. Den betroffenen Klinikmitarbeitern könnte so zudem bei ihren Einkäufen geholfen werden. Die Kleinbusse sollen, so der Plan, als Sammeltaxi das diensthabende Personal zu Hause abholen und nach der Schicht heimfahren.

Dass ein komplettes Großkrankenhaus unter Quarantäne gestellt wird, hatte am Sonnabend bundesweit für Aufsehen gesorgt. Wie berichtet waren 20 Patienten und Mitarbeiter des Humboldt-Klinikums positiv auf die britische Coronavirus-Variante B117 getestet worden. Seitdem nimmt das Vivantes-Haus in Reinickendorf keine neuen Patienten mehr auf.

Circa 1500 Ärzte, Pflegekräfte, Verwalter und Techniker stehen unter häuslicher Quarantäne. Außerdem werden mindestens 400 Patienten dort behandelt, die vorerst isoliert bleiben – insgesamt sind also fast 2000 Berliner betroffen.

Das Vivantes-Klinikum in Reinickendorf kämpft mit einem Corona-Ausbruch.
Das Vivantes-Klinikum in Reinickendorf kämpft mit einem Corona-Ausbruch.
© REUTERS/Annegret Hilse

In der Nacht zu Montag sollten 20 neue Corona-Fälle in der Klinik daraufhin geprüft werden, ob auch sie von der B117-Variante betroffen sind. Den Tagesspiegel erreichten derweil Hinweise von Angehörigen der Patienten. Die Frau eines Covid-19-Patienten schreibt, die Klinikleitung habe die Angehörigen nicht rechtzeitig informiert: Sie habe von dem Ausbruch aus den Medien erfahren.

Auch Patient im Vivantes-Klinikum Spandau von B117 betroffen

Bis Sonntag waren offiziell in Berlin keine Neuansteckungen durch die Corona-Mutation bekannt, allerdings ist auch ein Patient im Vivantes-Klinikum Spandau von B117 betroffen: Der Mann war aus Reinickendorf dorthin verlegt worden und ist seitdem isoliert. „Es ist nicht auszuschließen, dass bei den nun flächendeckenden Testungen weitere Fälle gefunden werden“, sagte Vivantes-Chef Danckert. „Wir recherchieren alle internen und externen Verlegungen.“

Auch im rot-rot-grünen Senat berät man sich über die Gefahr durch Mutante B117. Eine Sprecherin von Regierungschef Michael Müller (SPD) verwies darauf, dass nach einem Senatsbeschluss in der vergangenen Woche seit Sonntag immerhin verschärfte Infektionsschutz-Maßnahmen in der Stadt gelten – etwa die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in Bussen, Bahnen und Einzelhandel.

Testen bald alle Berliner Labore die Corona-Proben auf Mutationen?

Aus der Verwaltung von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hieß es, man werde Labore der Stadt auffordern, Corona-Proben routinemäßig auf Mutationen zu testen. Bislang wurde dies wie berichtet nur im „Labor Berlin“ getan, einer gemeinsamen Tochterfirma der landeseigenen Konzerne Vivantes und Charité.

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Senatschef Müller, der auch der Wissenschaftssenator ist, wird am Montag im Abgeordnetenhaus erwartet: Im Wissenschaftsausschuss will der CDU-Abgeordnete Adrian Grasse wissen, warum B117-Fälle bislang nur in Vivantes-Kliniken und der Charité registriert wurden. Es spräche viel dafür, dass sich Berliner auch anderswo mit dieser ansteckenderen Virusvariante infiziert haben. „Es geht darum, zu verhindern, dass die Mutation in Berlin zu einer ähnlichen Lage führt wie in London.“ Die Corona-Variante B117 war im Dezember in Südengland aufgetaucht und hatte sich rasch in London verbreitet. In Großbritannien werden täglich Zehntausende neue Fälle und circa 1000 Tote gemeldet.

Vans des BVG-Ridesharing-Dienstes Berlkönig neben einer Straßenbahn in der Warschauer Straße.
Vans des BVG-Ridesharing-Dienstes Berlkönig neben einer Straßenbahn in der Warschauer Straße.
© Jens Kalaene/ZB/dpa

Der Vorstand der Charité entscheidet demnächst, ob der Notbetrieb auf den Stationen verlängert wird. „In der Charité sollten wir bis auf weiteres im Notbetrieb bleiben. Auch, weil die Zahl der schwer an Covid-19 erkrankten Patienten weiter hoch ist“, sagte der Chef des Klinik-Personalrats, Jörg Pawlowski, dem Tagesspiegel. Zudem müsse beobachtet werden, wie sich die Lage angesichts der britischen Coronavirus-Mutation B117 entwickele. Charité-Ärzte gehen davon aus, dass das reduzierte Programm allenfalls schrittweise aufgehoben, der Notbetrieb de facto also verlängert werde.

An Charité-Standorten bereits bis 31. Januar Besuchsverbot

Der Charité-Vorstand hatte am 17. Dezember vergangenen Jahres einen Notbetrieb angekündigt, die meisten planbaren Operationen wurden verschoben. Die Rettungsstellen sind für Notfälle offen, auch zeitkritische Operationen führen Charité-Ärzte noch durch. Kurz vor dem Jahreswechsel wurde das reduzierte Programm bis 10. Januar verlängert, dann nochmal bis Ende des Monats. Um mögliche Infektionswege zu blockieren, gilt an allen Charité-Standorten in Wedding, Mitte und Steglitz bis 31. Januar weitgehend Besuchsverbot.

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Die Zahl derjenigen Corona-Infizierten, die in Krankenhäusern versorgt werden, stagniert in Berlin seit einigen Tagen. In der Charité werden jedoch die schwersten Covid-19-Fälle der gesamten Region behandelt, oft über Monate. Deshalb sind die Intensivstationen der landeseigenen Universitätsklinik nach wie vor zu einem Drittel mit Corona-Patienten belegt.

Für die 13.700 akuten Corona-Fälle in Berlin gilt für all jene häusliche Quarantäne, die nicht in einer Klinik liegen: Stationär wurden am Wochenende 1436 Patienten mit dem Coronavirus behandelt, davon 392 auf einer Intensivstation. Circa 1300 Intensiv-Betten betreiben Berlins Krankenhäuser zusammen. Zuletzt waren davon 85 Prozent belegt, zu 30 Prozent mit Covid-19-Patienten.

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