Personalnot im Infektionsschutz: 15 Prozent der Stellen in Berliner Gesundheitsämtern unbesetzt
In der Berliner Verwaltung fehlt Personal. In den Gesundheitsämtern bleiben auch im Bereich Infektionsschutz derzeit viele Stellen unbesetzt.
In den Berliner Gesundheitsämtern waren Ende März – auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie in Berlin – 1580 Vollzeitstellen besetzt. Das waren 41 Stellen mehr als ein Jahr zuvor. Das ist die gute Nachricht, die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci im neuen Bericht über den „Besetzungsstand im Öffentlichen Gesundheitsdienst“ (ÖGD) verkündete.
Zur Wahrheit gehört aber auch ,dass die Bezirke am Ende des ersten Quartals eigentlich über 1855 Stellen für die behördliche Gesundheitspflege verfügten, von denen 15 Prozent nicht besetzt waren.
Nach wie vor fällt es den bezirklichen Gesundheitsämtern schwer, qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Zwar dürfen sie inzwischen „in begründeten Einzelfällen“ Sonderarbeitsverträge mit einer außertariflichen Bezahlung oder eine befristete Fachkräftezulage anbieten, aber das hat sich in den Bewerbungsverfahren bislang noch nicht positiv bemerkbar gemacht.
Entschuldigend merkt die Senatsgesundheitsverwaltung im Bericht an das Abgeordnetenhaus an, dass „sich die Gesundheitsämter durch die Fokussierung auf die Pandemieeindämmung in einer besonderen Situation befinden, so dass teilweise keine Stellenausschreibungen bzw. Bewerbungsverfahren mehr durchgeführt wurden.“
Die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte haben dies in ihren Rückmeldungen an den Senat über ihre „Aktivitäten zur Personalgewinnung“ auch freimütig eingeräumt.
Fast ein Viertel der Stellen im Bereich Infektionsschutz unbesetzt
Allein in den Fachbereichen der Gesundheitsämter, die sich mit infektionsbezogenem Gesundheitsschutz befassen und in Coronazeiten eine besonders wichtige Rolle spielen, waren Ende März rund 40 der insgesamt 200 vorhandenen Vollzeitstellen nicht besetzt. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Die Daten werden nur quartalsweise erhoben und mit dreimonatiger Verzögerung an den Hauptausschuss des Parlaments weitergereicht.
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Die Personalnotlage beim amtlichen Infektionsschutz fällt in den einzelnen Bezirken übrigens sehr unterschiedlich aus. So gelang es Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf, ihr Stellenkontingent in diesem Bereich fast vollständig auszuschöpfen. Dagegen waren in Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf nur etwa 45 Prozent der verfügbaren Vollzeitstellen besetzt.
Bezirke wollen keine zentrale Stellenausschreibung
„Die Gesundheitsämter brauchen jede helfende Hand“, hatte Senatorin Kalayci in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhauses kurz vor den Sommerferien gesagt. Sie beklagte, dass sich fast alle Bezirke einer zentralen Ausschreibung von Stellen verweigern.
Für den ersatzweisen Einsatz von Medizinstudierenden im Öffentlichen Gesundheitsdienst stehen 7,5 Millionen Euro zur Verfügung. Bei der Bundeswehr wurde ein Amtshilfeersuchen gestellt und das Robert Koch-Institut (RKI) stellt Berlin voraussichtlich 25 „Scouts“ zur Verfügung, die bei der Bekämpfung lokaler Corona-Ausbrüche helfen. Trotzdem arbeiten die Gesundheitsämter der Bezirke am Limit, andere Aufgaben bleiben liegen. Dazu gehören beispielsweise die Schuleingangsuntersuchungen.