Hauptausschuss genehmigt Finanzspritzen: 120 Millionen Euro für Schnelltests und den Flughafen BER
In seltener Einmütigkeit debattierte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses in Berlin über neue Coronahilfen – und gab dringend benötigte Gelder frei.
Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hat am Mittwoch in einer Sondersitzung insgesamt 120,5 Millionen Euro für die schnelle Beschaffung von Corona-Schnelltests und eine Finanzspritze für den Hauptstadt-Flughafen BER genehmigt, damit der Airport nicht gleich nach der Eröffnung in die Pleite segelt.
Für den zentralen Einkauf von Antigen-Schnelltests durch den landeseigenen Krankenhauskonzern Vivantes beantragte die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) für dieses Jahr zusätzlich 9,1 Millionen Euro und für Januar bis April 2021 weitere 36,9 Millionen Euro, um die regelmäßige Testung "systemrelevanter und vulnerabler Personengruppen" sicherzustellen.
Wegen der "scharfen weltweiten Konkurrenzsituation" müsse Berlin die Beschaffung der Tests "unverzüglich vornehmen", da dieses knappe Gut andernfalls nicht mehr verfügbar sei, heißt es in der Vorlage der Gesundheitsbehörde an den Hauptausschuss.
Die Schnelltests seien für Mitarbeiter in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder des Rettungsdienstes gedacht, aber auch für Kranke, Pflegebedürftige und deren Besucher, teilte Kalayci den Haushältern mit. Außerdem für das Personal "in der kritischen Infrastruktur, zum Beispiel in Kitas und Schulen, Polizei und Feuerwehr". Wegen der momentan noch begrenzten Kapazitäten sollten als erstes Risikogruppen getestet werden. Die Gesundheitsverwaltung will noch in diesem Jahr sechs Millionen Tests ankaufen. Geliefert wurden bereits 260.000 Tests.
Im nächsten Jahr sei der Einsatz weiterer 6,6 Millionen Schnelltests geplant, teilte Senatorin Kalayci nach der Ausschusssitzung per Twitter mit. Deren Ergebnis liegt, ohne dass die Probe erst ins Labor muss, nach 15 bis 30 Minuten vor.
Gekauft werden müssen nicht nur die Antigen-Tests, sondern auch Schutzausrüstung, Logistik, Lagerhaltung und Labore verursachen Kosten. Neben dem Land Berlin beteiligen sich auch die Krankenhäuser und die Kassenärztliche Vereinigung an der Finanzierung. Ein Test kostet im durchschnittlichen Einkaufspreis 5,61 Euro.
Finanzsenator warnt vor Gefährdung des BER
Auch der Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) musste sich am Mittwoch hohe Millionenbeträge vom Parlament genehmigen lassen. Er benötigt, weil zuständig für die Berliner Landesunternehmen, sofort 74,5 Millionen Euro "zur Ausreichung eines Gesellschafterdarlehens" an die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB).
Ohne die kurzfristige Auszahlung dieses Betrags wäre die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs gefährdet, schrieb er an den Hauptausschuss. "Ein Zuwarten bis zum Inkrafttreten des 2. Nachtragshaushalts 2020 ist nicht geboten."
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Das Geld belastet den Landeshaushalt nicht zusätzlich, sondern wird aus jenen 111 Millionen Euro umgeschichtet, die im ersten Nachtragshaushalt schon als "pandemiebedingter Finanzierungsbedarf" eingeplant sind.
Das Geld war bislang gesperrt und wird auch jetzt nicht komplett freigegeben. Es handelt sich um den Berliner Anteil an einem "Corona-Zuschuss" der Eigentümer Bund, Berlin und Brandenburg in Höhe von insgesamt 300 Millionen Euro.
Berlin wartet bei Finanzhilfen auf klare Ansagen des Bundes
Mit der Verabschiedung des 2. Nachtragshaushalts will Rot-Rot-Grün warten, bis klar ist, welche neuen Bundeshilfen für die vom Teil-Lockdown besonders betroffenen Solo-Selbstständigen, Freiberufler und Unternehmen im Land Berlin zur Verfügung stehen werden.
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Berlin hofft, wie die anderen Bundesländer auch, auf klare und schnelle Entscheidungen des Bundes. "Wir haben ein großes Interesse, die neuen Zuschüsse und Schnellkredite schnell auszahlen zu können", sagte Finanz-Staatssekretär Frederic Verrycken in der Ausschusssitzung. Zusätzliche Landeshilfen schloss der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider nicht aus.
Am nächsten Mittwoch veranstaltet der Hauptausschuss auf Antrag der SPD eine Anhörung zum umstrittenen Corona-Stufenplan für die Berliner Schulen. In seltener Einmütigkeit einigten sich alle Fraktionen darauf.
Angehört werden sollen Vertreter des Bundeselternrats, des Landesschülerausschusses, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Personalvertretung und des Robert-Koch-Instituts.