Astrazeneca-Impfungen in Dänemark gestoppt: Zusammenhang zwischen Impfung und Blutgerinnseln nicht geklärt
Einige europäische Länder wollen Fälle möglicher schwerer Nebenwirkungen des Astrazeneca-Impfstoffs untersuchen. Die Vorsichtsmaßnahme könnte auch schaden.
In Dänemark wird vorübergehend niemand mehr mit dem Covid-19-Impfstoff der britischen Universität Oxford und des Pharmaunternehmens Astrazeneca geimpft. Grund dafür seien Berichte über schwere Fälle von Blutgerinnseln bei Geimpften, teilte die dänische Gesundheitsverwaltung am Donnerstag mit. Auch Norwegen stoppt die Verwendung des Vakzins und in Italien werden einige Chargen vorerst nicht mehr verwendet.
Ein Bericht beziehe sich auf einen Todesfall in Dänemark, teilte die Landesbehörde mit. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen der Impfung und den Blutgerinnseln bestehe. Der Stopp wird zunächst 14 Tage dauern.
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Die Impfungen hätten auf Grundlage eines Falls nicht gestoppt werden sollen, kommentierte Karl Lauterbach die Maßnahme auf Twitter. „Der Schaden am Vertrauen ist immens“, schrieb der SPD-Gesundheitsexperte.
Nun besteht die Gefahr, dass Menschen, für die eine Immunisierung mit dem Vakzin vorgesehen war, ungeimpft an Covid-19 erkranken. Die Maßnahme könnte das Vertrauen in die Sicherheit des Impfstoffs auch über Landesgrenzen hinaus mindern, was ebenfalls dazu führen könnte, dass Menschen Impfangebote nicht wahrnehmen und ungeimpft erkranken.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA teilte dem Tagesspiegel auf Anfrage mit, dass nach bislang vorliegenden Informationen Blutgerinnsel nach der Gabe des Astrazeneca-Impfstoffs nicht häufiger auftreten als bei Ungeimpften. Die Anzahl von bisher gemeldeten 30 Fällen bei knapp fünf Millionen geimpften Personen im europäischen Wirtschaftsraum sei keine Häufung. Thromboembolien treten in Deutschland etwa ein bis drei mal pro 1000 Personen und Jahr auf.
„In Deutschland gibt es jährlich 100.000 Todesfälle aufgrund von thromboembolischen Ereignissen, diese stellen derzeit die dritthäufigste Todesursache dar", sagt Clemens Wendtner, Infektiologe an der München Klinik Schwabing.
Das in Deutschland für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sieht „keine Hinweise, dass der Todesfall in Dänemark mit der Corona-Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca in kausaler Verbindung steht." In Deutschland werden elf bis zum 11. März aufgetretene thromboembolische Ereignisse untersucht, an denen vier Personen verstarben.
„Aktuell erscheint es mir nicht zielführend über mögliche Pathomechanismen zu spekulieren, da ein kausaler Zusammenhang zwischen Impfung und thromboembolischen Ereignissen nicht wahrscheinlich ist“, sagt Leif Erik Sander von der Berliner Charité. Der Impfstoffforscher verweist auf die Gabe von vielen Millionen Impfdosen des Astrazeneca-Impfstoffs zum Beispiel in Großbritannien, wo keine Häufung von thrombotischen Ereignissen unter den Geimpften verzeichnet wurden.
Die dänische Behörde reagiere mit ihrer Vorsichtsmaßnahme auf die EMA-Mitteilung darüber, dass zwei solche in Österreich aufgetretene Fälle derzeit von Fachleuten untersucht werden. Die Fachleute der EMA sprechen sich dafür aus, die Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff während der Untersuchungen fortzusetzen, da ihre Vorteile gegenüber den Risiken überwiegen. Diesem Urteil schließt sich auch das PEI an.
Doppeltes Risiko für priorisierte Impflinge
In der klinischen Erprobung des Impfstoffes wurden unter den etwa 24.000 Teilnehmenden drei Fälle schwerer Nebenwirkungen dokumentiert, die in Verbindung mit der Impfung standen. Blutgerinnsel sind nicht aufgetreten. Das Sicherheitsprofil des Impfstoffs sei akzeptabel, berichteten die Forschenden im Medizinjournal „The Lancet“.
Blutgerinnsel treten auch bei etwa 15 Prozent der an Covid-19 Erkrankten auf. „Das Risiko, an einer Covid-19 assoziierten Thrombose Schaden zu nehmen, ist um ein Vielfaches höher“, sagt Wendtner.
Blut gerinnt normalerweise bei Luftkontakt nach äußeren Verletzungen, damit Blutungen gestoppt und Wunden verschlossen werden. Blutgerinnsel können sich aber auch im Blutkreislauf bilden und Gefäße verstopfen, was etwa bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt lebensbedrohlich sein kann. Das Risiko steigt mit bestimmten Vorerkrankungen und zunehmendem Alter.
„Das Thomboserisiko ist im Alter durchaus höher, da Bewegungsmangel, Muskelverlust, Flüssigkeitsmangel, der das Blut dicker werden lässt, und im Alter häufiger bestehende Herzrhythmusstörungen das Auftreten begünstigen“, sagte Hans Jürgen Heppner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, dem Tagesspiegel. Das Risiko bestehe auch unabhängig von einem etwaigen Zusammenhang mit einer Impfung.
In Dänemark werden nach Angaben der Gesundheitsbehörden Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen, über 65-Jährige Pflegebedürftige und über 85-Jährige prioritär geimpft. Bislang haben rund 560.000 Menschen ihre erste Corona-Impfdosis erhalten, knapp 220.000 auch ihre zweite.
Etwa 142.000 Menschen haben eine Dosis des Astrazeneca-Impfstoffs erhalten. Bei mehr als 70 Prozent der bislang verabreichten Impfungen kam das Vakzin von Pfizer und Biontech zum Einsatz, in vier Prozent das von Moderna.
Laut aktuell vom deutschen Bundesgesundheitsministerium verkündetem Stand wird AstraZeneca bis Ende März insgesamt 5,6 Millionen Impfdosen geliefert haben, knapp 3,5 Millionen seien bis diese Woche schon geliefert worden. Demgegenüber stehen knapp zehn Millionen Dosen von Biontech und Pfizer, die bereits geliefert wurden und mehr als drei Millionen, die bis Ende März noch kommen sollen. Von Moderna werden bis Quartalsende demnach 1,7 Millionen Dosen geliefert worden sein. (mit dpa)
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