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Starr vor Angst. Beutetiere wollen von Feinden nicht entdeckt werden.
© picture alliance / dpa

Erlernte Angst: Wie sich Angst ihren Weg durch das Gehirn bahnt

Selbst harmlose Geräusche können furchtbare Erinnerungen zurückbringen und körperliche Reaktionen auslösen. Daran ist eine erst jetzt entdeckte Nervenbahn beteiligt.

Wenn sie Schritte hinter sich hörte, kam die Angst mit Macht zurück. Ihr ganzer Körper stellte sich darauf ein, dass sich der Überfall wiederholen würde. Die Frau war eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit ausgeraubt und zusammengeschlagen worden. Danach brauchte sie Monate, um sich vor die Tür zu trauen.

Sinneseindrücke wie Geräusche und Gerüche können nicht nur angenehme Kindheitserinnerungen zurückbringen, sondern auch blanke Angst. Forscher stellen das im Labor nach, indem sie Mäuse und Ratten das Fürchten lehren: Sie spielen den Tieren immer wieder Töne vor, während ihnen über ein Metallgitter im Boden des Käfigs ein leichter Elektroschock an den Pfoten versetzt wird. Bald assoziieren sie beides miteinander und erstarren bereits vor Angst, wenn sie nur die Tonfolge hören. Wegducken, bloß nicht bewegen! Dieses „Einfrieren“ hat Beutetieren im Laufe der Evolution beim Überleben geholfen – der Angreifer soll sie gar nicht erst entdecken.

Keine Einbahnstraße zwischen Hörzentrum und Mandelkern

Das funktioniert zum einen über eine extrem schnelle Verbindung. Bevor das Tier die Bedrohung bewusst wahrnimmt, hat eine Schaltzentrale namens Thalamus die Skizze der Situation an den Mandelkern gesendet. Diese Alarmanlage im Kopf bewertet die eingehende Information und aktiviert bei Gefahr innerhalb von Millisekunden die richtigen Reflexe. Der Körper ist nun bereit für Flucht und Kampf oder es setzt eine Angststarre ein. Zum anderen werden die Geräusche im Hörzentrum der Großhirnrinde analysiert. Auch diese Struktur meldet ihr Ergebnis an einen seitlichen Teil des Mandelkerns. Das dauert etwas länger, ist aber genauer.

Anders als angenommen ist diese Verbindung keine Einbahnstraße, schreiben nun Forscher um Mu-ming Poo von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Schanghai im Fachblatt „Nature Neuroscience“. Sie färbten die Nervenbahnen von Mäusen und untersuchten sie mit dem Elektronenmikroskop. Anhand der Strukturen konnten sie erkennen, dass es Leitungen in beide Richtungen gab. Innerhalb von drei Tagen nach der Konditionierung bildeten sich zudem neue Verbindungsstellen, die die Weitergabe der Information vom Mandelkern zum Hörkortex ermöglichten.

Wurde die Verbindung unterbrochen, blieb die Angstreaktion aus

Sie unterbrachen diese Bahn vor und nach der Konditionierung. Aber nur wenn die Mäuse bereits das Fürchten gelernt hatten, änderten die Tiere plötzlich ihr Verhalten: Sie blieben nicht mehr wie angewurzelt stehen, wenn sie die Töne hörten. Die Nervenbahn sei essenziell, um die erlernte Angstreaktion abzurufen, folgern die Forscher. Geformt werde sie vermutlich unabhängig davon.

Noch lässt sich diese Erkenntnis nicht in der Therapie von Angststörungen umsetzen. Aber solche gezielten Manipulationen des Mandelkerns werden ohne Zweifel erhellen, wie gesunde und krankhafte Angst im Gehirn reguliert wird, kommentiert Bo Li vom Cold Spring Harbour Laboratory in New York.

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