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Scheibenbäuche haben unter den Fischen die tiefsten Lebensräume.
© Paul Yancey

Schwermetall in der Tiefsee: Wie giftiges Quecksilber in tiefe Ozeangräben gelangt

Selbst in der Tiefsee enthalten Tiere Quecksilber. Eine Studie klärt, wie das Gift dorthin gelangt.

Der Giftstoff Quecksilber erreicht selbst die entlegensten Winkel der Erde: US-Forscher haben hohe Werte des Schwermetalls bei Flohkrebsen und Fischen in zwei Tiefseegräben im Pazifik nachgewiesen - dem Marianengraben und dem Kermadecgraben.

In den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften beschreibt das Team um Joel Blum von der University in Michigan in Ann Arbor, auf welchen Wegen das Umweltgift zu diesen tiefsten Orten des Planeten gelangt.

Die Forscher untersuchten sowohl Flohkrebse (Amphipoda) als auch Scheibenbäuche (Liparidae), die aus den beiden Tiefseegräben in Tiefen von 6000 bis gut 10.000 Metern gefangen wurden. Dabei analysierten sie das Quecksilber im Gewebe auf mehrere stabile Isotope.

Daraus schließen sie nicht nur, dass das giftige Schwermetall überwiegend anthropogenen Ursprungs ist, also durch menschliche Aktivitäten freigesetzt wurde. Sondern auch, wie es in die Tiere gelangte.

Belastete Kadaver

„Quecksilber sowohl natürlicher als auch anthropogener Herkunft zirkuliert durch die Atmosphäre und die Ozeane“, schreiben sie. „In der Atmosphäre hat gasförmiges Quecksilber eine Verweildauer von etwa einem Jahr und gilt daher als globaler Giftstoff.“ Mehr als 2000 Tonnen gelangen demnach jährlich etwa aus Bergbau, Kraftwerken und Zementfabriken in die Luft, wo sie sich über die Erde verteilen.

An Land wurde Quecksilber sowohl in der arktischen Tundra nachgewiesen als auch in Grönland und der Antarktis. Über die Kreisläufe in den Ozeanen wusste man bislang nur wenig, das gilt insbesondere für Tiefseerinnen wie den Marianengraben, der mit etwa 11.000 Metern die tiefste Stelle der Ozeane enthält.

Erst im Juni hatten chinesische Forscher berichtet, dass Flohkrebse in drei Tiefseegräben stärker mit Quecksilber belastet waren als in Küsten- oder Süßwasserregionen. Um die Ursache des Phänomens zu ermitteln, untersuchte das US-Team Fische und Flohkrebse aus dem Marianen- und Kermadecgraben auf sieben stabile Quecksilber-Isotope. Daraus leiteten sie dann die Route ab, über die der Großteil des Quecksilbers in die Rinnen gelangt ist.

Demnach stammt der überwiegende Teil des Quecksilbers aus der Atmosphäre und gelangt durch Niederschläge in die Ozeane, ein kleinerer Teil gelangt aus Flüssen ins Meer. In den oberen 1000 Metern der Wassersäule wird das Schwermetall von Meeresbewohnern wie etwa Fischen aufgenommen. Nach deren Tod sinken ihre Kadaver mit dem eingelagerten Schwermetall auf den Meeresgrund und werden von den dortigen Tieren verzehrt.

Metall in der Nahrungskette

Das schließen die Forscher daraus, dass die Quecksilber-Isotope in den Tiefseebewohnern und weiter oben in nur etwa 500 Metern Tiefe lebenden Fischen übereinstimmen. Nur ein geringer Teil des Quecksilbers sinkt demnach mit Partikeln wie etwa Planktonresten in die Tiefe.

„Die Bedeutung von Aas für die Nahrungsketten in den Rinnen passt zu Beobachtungen am Meeresboden von Gemeinschaften aus Fischen und Flohkrebsen aus anderen Tiefseeregionen, die zur Nährstoffversorgung von Aas abhängig sind“, schreiben die Wissenschaftler. „Wenn Aasfresser wie Scheibenbäuche und Flohkrebse Kadaver fressen, wird Methylquecksilber vom Gewebe von weiter oben lebenden Organismen in das Gewebe von Meeresgrund-Bewohnern transferiert.“

Frühere Studien hatten in Bewohnern von Tiefseegräben schon andere anthropogen verursachte Stoffe nachgewiesen. Darunter sind Blei, Polychlorierte Biphenyle (PCBs) und das Kohlenstoff-Isotop C14 aus Atomwaffentests. (dpa)

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