„Große Forschungsanstrengung nötig“: WHO befürchtet für Krebserkrankungen Anstieg um 60 Prozent
Viele Neuerkrankungen durch Krebs könnten vermieden werden. Doch global passiere deutlich zu wenig, warnen Experten zum Weltkrebstag.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor einer starken Zunahme der Krebserkrankungen gewarnt. Bei einer Fortsetzung der bisherigen Trends sei mit einem Anstieg der Fälle um 60 Prozent in den nächsten zwei Jahrzehnten zu rechnen, erklärte die WHO in Genf anlässlich des Weltkrebstages am Dienstag. Im Jahr 2018 starben den Angaben zufolge 9,6 Millionen Menschen an Krebs.
Einen noch größeren Anstieg befürchtet der Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums, Michael Baumann. Ihm zufolge könnte sich die Zahl der Krebserkrankungen gar in den kommenden 20 Jahren fast verdoppeln. Gründe seien die wachsende und älter werdende Weltbevölkerung, aber auch „Lebensstilfaktoren“, sagte Baumann am Montag in Berlin. Für Deutschland erwarte man einen Anstieg der jährlichen Neuerkrankungen von derzeit 500.000 auf 600.000 Fälle.
Zum Weltkrebstag am Dienstag rief Baumann die Menschen zu einer gesundheitsbewussteren Lebensweise auf. „Nach heutigem Wissensstand könnte man, wenn man alles das einhält, was wir derzeit wissen, tatsächlich 40 Prozent der Krebserkrankungen durch primäre Prävention verhindern.“
Baumann nannte Dinge, die zwar viele Menschen wüssten, die aber trotzdem nicht besonders gut umgesetzt würden: nicht Rauchen, kein Übergewicht, körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, wenig oder kein Alkohol und „alle Impfungen und Vorsichtsmaßnahmen wahrnehmen, die gegen Krebserkrankungen empfohlen werden“.
Bundesregierung will Krebsforschung besser vernetzen
In Deutschland überlebten derzeit 65 Prozent aller an Krebs erkrankten Menschen für mindestens fünf Jahre. Damit sei Deutschland zwar international ganz weit vorn. Das bedeute aber auch, „dass 35 Prozent aller Mitbürger, die an Krebs erkranken, eben nicht fünf Jahre überleben“. Baumann plädierte für „große Forschungsanstrengungen“ in allen drei Bereichen: Prävention, Früherkennung und Therapien.
Die Bundesregierung hatte vor einem Jahr die „Nationale Dekade gegen Krebs“ ins Leben gerufen, um die Krebsforschung besser zu vernetzen. Mit bis zu 62 Millionen Euro würden Studien gefördert, die die Praxis in der Prävention, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen entscheidend verbessern sollten, sagte Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Montag.
Ungleiche Überlebenschancen für Krebspatienten
Nach Angaben der Direktorin der Internationalen Agentur für Krebsforschung, Elisabete Weiderpass, führten Verbesserungen bei der Krebsbehandlung in den reichen Ländern im Zeitraum zwischen 2000 und 2015 zu einem 20-prozentigen Rückgang der Rate von Todesfällen. In den ärmeren Ländern sei hingegen nur eine fünfprozentige Verringerung erreicht worden. Überall auf der Welt müssten Krebspatienten von den Therapie-Verbesserungen „gleichermaßen profitieren“, forderte sie.
In ihrem Bericht schätzt die WHO, dass die Krebserkrankungen in der gesamten Welt bis 2040 um 60 Prozent zunehmen werden. Laut Schätzung der Organisation könnten zusätzliche Investitionen von 23 Milliarden Euro innerhalb der nächsten zehn Jahre rund sieben Millionen Menschen vor dem Tod durch Krebs bewahren. (dpa, AFP)