Kampf gegen Kinderlähmung: Wenn die Polioimpfung nicht hilft
Das Poliovirus verändert sich normalerweise kaum. Trotzdem hat 2010 im Kongo eine neue Virusvariante einen Ausbruch verursacht.
Die Ausrottung des Poliovirus könnte komplizierter werden als befürchtet. Das liegt nicht allein daran, dass sich die Kinderlähmung in Krisengebieten immer wieder ausbreiten kann. Schließlich ist im Krieg das unmittelbare Überleben für den Einzelnen wichtiger als Impfungen. Es entstehen auch neue Poliovarianten, gegen die die Impfung nicht so gut schützt, schreiben Forscher um Christian Drosten von der Universität Bonn im Fachblatt „PNAS“.
Sie haben einen Polioausbruch in der Demokratischen Republik Kongo analysiert. Im Jahr 2010 gab es dort 445 laborbestätigte Fälle, fast die Hälfte der Gelähmten starb durch das Virus. Die meisten Patienten waren etwa 20 Jahre alt. Der Grund seien Impflücken gewesen, vermutete man.
Das ist so nicht haltbar, schreiben Drosten und seine Kollegen jetzt. Im Blut von 24 Verstorbenen fanden sie Antikörper gegen drei Poliovarianten, die vermutlich durch Impfungen entstanden waren. Sie isolierten aus einigen Rektalabstrichen das Virus und sequenzierten sein Genom. Das Erbgut war so verändert, dass Antikörper nicht gut an die Oberfläche des Poliovirus andocken und es deshalb nicht immer lahmlegen konnten. Das bestätigten auch Tests in der Petrischale mit dem Blutserum der 24 Polioopfer sowie von zwölf Geimpften aus Gabun und 34 deutschen Medizinstudenten. Demnach wäre jeder dritte geimpfte Deutsche nicht gegen dieses Poliovirus geschützt gewesen. Denn hierzulande wird ein Totimpfstoff gespritzt, der zwar weniger Nebenwirkungen hat, aber auch eine weniger starke Immunantwort auslöst. Wer erst vor kurzem die alte Schluckimpfung bekommen hat, wäre dagegen gegen die neue Poliovariante geschützt.
Die neue Virusvariante war in Asien entstanden und hatte sich im Kongo weiterentwickelt.
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