Klimawald der Freien Universität: Welche Buche toleriert Trockenheit?
Der wichtigste Baum des Ökosystems ist stark bedroht. Nun wird im Grunewald die Buche der Zukunft gesucht. Dafür wurden 800 Bäume gepflanzt.
Der Fortbestand unseres wichtigsten Baumes ist durch den Klimawandel bedroht“, sagt Manfred Forstreuter, Privatdozent am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin. „Wir müssen handeln, wenn wir eine ökologische Katastrophe verhindern wollen.“
Die Rotbuche ist die wichtigste Baumart in den Wäldern Mitteleuropas. Das Ökosystem eines Rotbuchenwaldes ist also auch ein Garant für die Biodiversität der heimischen Flora und Fauna.
Es reguliert den Wasserhaushalt und sorgt für die Neubildung von Grundwasser. Hitze und Trockenheit, wie sie Deutschland etwa in den vergangenen zwei Sommern erlebt hat, machen den Bäumen zunehmend zu schaffen. Auch der verfrühte Frühling ist ein Problem.
Ist es im März oder April ungewöhnlich warm, treiben die Blätter der Bäume zu früh aus – kommt dann noch einmal Frost im Mai, erfrieren sie. Weil sich der Winkel, in dem die Sonne auf die Erde strahlt, auch durch den Klimawandel nicht ändert, wird es hierzulande auch in Zukunft immer wieder zu solchen Frosteinbrüchen kommen.
Den Fortbestand der Buche retten
Manfred Forstreuter erforscht schon seit fast zwanzig Jahren Möglichkeiten, den Fortbestand der Buche zu retten. Aus den verschiedenen Klimaräumen Europas hat er dazu Samen und Jungbäume gesammelt. Von Schweden bis Österreich, Frankreich, Spanien und Italien.
Nun stehen rund 800 Buchen aus unterschiedlichen Regionen Europas im Grunewald. Dort hat Manfred Forstreuter im Rahmen eines Forschungsprojekts der Freien Universität einen „Klimawald“ begründet.
Gemeinsam mit Studierenden beobachtet der Wissenschaftler dort, wie die Rotbuchen aus allen Regionen Europas auf verschiedene Klimafaktoren reagieren. „Wir wollen herausfinden, ob etwa Rotbuchen aus Sizilien besser mit Trockenstress zurechtkommen als heimische Populationen“, sagt der Biologe.
„Etwas vereinfacht gesagt, suchen wir nach der Rotbuche mit dem idealen Trockenheits- oder Hitze-Gen.“ Der Klimawandel verlaufe schlicht zu schnell, als dass sich die Rotbuchen auf natürliche Weise an die veränderten Bedingungen anpassen könnten.
„Es gilt, so schnell wie möglich herauszufinden, welche Bäume heute gepflanzt werden müssen, damit der Wald eine Zukunft hat“, sagt Manfred Forstreuter. Den „Klimawald“ bezeichnet er als „angewandtes Experiment, um die forstliche Praxis zu unterstützen.“
50 Helfer und Helferinnen pflanzten einen Wald
Die Buchen hat Manfred Forstreuter seit 2002 herangezogen. Jahrelang standen sie zunächst im Botanischen Garten. In einer großen Umpflanzaktion sind sie im Dezember vergangenen Jahres in den Grunewald „umgezogen“. Mehr als 50 freiwillige Helferinnen und Helfer unterstützten den Umzug.
Mit Studierenden der Freien Universität hoben sie Löcher aus, beschnitten Wurzeln und setzten die bis zu sechs Meter hohen Bäume ein. „Das war ein großartiges Erlebnis“, sagt Forstreuter. „So viele unterschiedliche Menschen, die sich wenige Tage vor Weihnachten Zeit genommen haben, um gemeinsam einen Wald zu pflanzen.“
Die wirkliche Arbeit, sagt Forstreuer, fange aber jetzt erst an: Zunächst gelte es, den Wald auf das Frühjahr und den Sommer vorzubereiten, wofür vor allem eine Bewässerungsanlage nötig sei. „In der Natur wachsen Jungbäume im Schatten großer Baumkronen heran“, erklärt er.
„Die haben wir aber nicht. Ohne künstliche Bewässerung würden die jungen Bäume in der prallen Sonne vertrocknen.“ Zahlreiche Firmen und die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität haben den „Klimawald“ bereits finanziell unterstützt. Für den Aufbau einer Bewässerungsanlage ist Forstreuter weiter auf der Suche nach Geldgebern.
„Erst einmal geht es darum, dass der Wald anwächst“, sagt Forstreuter. „Aber natürlich werden wir auch beobachten, wie im Frühling die Knospen treiben.“ In diesem Frühjahr wollen bereits mehrere Studierende den Klimawald im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten untersuchen.
„Es werden hoffentlich noch viele Forschungsarbeiten folgen“, sagt Manfred Forstreuter. Das Heranwachsen des Waldes und das Auswerten der Daten werde noch Jahrzehnte beanspruchen. „Ich kann den Wald zwar anlegen, aber die Arbeit selbst werde ich in meiner Lebenszeit nicht vollenden können“, sagt er. „Das ist Arbeit für eine ganze Generation von Forscherinnen und Forschern.“
Dennis Yücel