Frühkindliche Pädagogik: Welche Ausbildung Kita-Fachkräfte brauchen
Akademiker in die Kitas? Darüber wird heftig diskutiert. Nun liegen erste Forschungsergebnisse vor.
„Nane da?“, fragte ein süßes Kleinkind auf dem Plakat. Die korrekte Übersetzung des Zweiwortsatzes folgte weiter unten: „Zum Nachtisch nehme ich bitte Banane, ja?“ Wer kleine Kinder so gut verstehe, für den oder die biete sich die Arbeit in einer Kita als berufliche Perspektive an, lautete die Botschaft der Werbekampagne, die vor zwei Jahren vom Bundesfamilienministerium gestartet wurde.
Rund 440 000 Fachkräfte arbeiten derzeit bundesweit in der Kindertagesbetreuung. Vielerorts sind sie jedoch Mangelware. Dazu hat das gesetzlich verbriefte Recht der Familien auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei, das seit dem 1. August 2013 gilt, erheblich beigetragen. Zudem geht es auch bei den Kleinsten nicht allein um Betreuung: „Nach dem Pisa-Schock sind die gesellschaftlichen Ansprüche an die Kita gewachsen, das Bildungs-Paradigma ist in den Vordergrund getreten, statt ,geistiger Mütterlichkeit’ ist ‚interaktive Arbeit’ gefragt“, sagt Thomas Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. Damit steht die Frage nach der Profession der Erzieherin im Raum.
Dem Berufsstand, der noch vor ein bis zwei Jahrzehnten allenfalls ein Randthema der empirischen Forschung war, sind in den vergangenen Jahren groß angelegte Untersuchungen gewidmet worden. 16 Forschungsprojekte an 18 Universitäten, acht Hochschulen und drei außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben seit 2011 an einem Forschungsprogramm zur „Ausweitung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ (AWiFF) mitgearbeitet. Einige der dabei entstandenen Studien über die Fachkräfte am „ersten öffentlichen Bildungsort“ (Rauschenbach), die das Bundesbildungsministerium (BMBF) mit 7,5 Millionen Euro gefördert hat, wurden jetzt in Berlin vorgestellt. Das Programm schließt an ein Vorgängerprojekt an, das vom BMBF und der Robert-Bosch-Stiftung finanziert und vom DJI seit 2009 bearbeitet wurde.
Fachkräfte mit Studienabschluss gelangen leichter auf eine Führungsposition
Ob nun mit dem Abschluss der Fachschule für Sozialpädagogik oder mit dem akademischen Grad eines Bachelor der Kindheitspädagogik in der Tasche: Als Fachkraft findet man heute relativ leicht eine Stelle in der Kita. Das zeigt die Studie „Übergang von fachschul- und hochschulausgebildeten pädagogischen Fachkräften in den Arbeitsmarkt“, kurz ÜFA, für die insgesamt 4600 junge Leute beider Ausbildungsgänge im letzten Ausbildungsjahr und nach Möglichkeit auch eineinhalb Jahre danach befragt wurden.
Ein halbes Jahr nach dem Abschluss waren 90 Prozent von ihnen in Lohn und Brot, zwei Drittel in einer Kindertagesstätte, die anderen meist in Horten und Ganztagsschulen. Wer einen Studienabschluss vorzuweisen hat, bekommt dabei häufiger sofort eine unbefristete Stelle, wer Fachschule und Hochschule besucht hat, hat den günstigsten Start und hat mit größerer Wahrscheinlichkeit bald eine Leitungsfunktion inne.
Andererseits stehen die Träger von Kindertagesstätten den studierten Kindheitspädagogen heute noch vielfach mit gemischten Gefühlen gegenüber. Viele befürchten, sie könnten zu „theorielastig“ sein, einige sprechen sich für eine Eignungsprüfung vor Aufnahme des Studiums aus. Nur wenige Träger haben vor, sie gezielt einzustellen – und wenn, dann für Leitungsfunktionen. Das zeigte das Teilprojekt zur Akademisierung frühpädagogischer Fachkräfte, für das vom Institut für Soziale Arbeit e.V. in Münster und dem Institut Arbeit und Qualifikation der Uni Duisburg-Essen Interviews geführt wurden.
Die Träger möchten praxisnahe Studiengänge, die Professoren pochen auf Reflexionsfähigkeit
„Wir sperren uns nicht, sind aber im Moment bei der Einstellung etwas gehemmt“, erklärte Frank Jansen, Geschäftsführer des Verbandes Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK). Hervorgerufen werden solche Hemmungen durch Zweifel an den Ausbildungsinhalten der noch relativ jungen Studiengänge. Sie seien derzeit schwer vergleichbar und schwer einzuschätzen, sagte Jansen. Die Träger wünschen sich vielfach größere Praxisnähe der Studiengänge, die Hochschullehrer pochen umgekehrt auf das Erlernen von akademischem Arbeiten und Reflexionsfähigkeit.
Der erste Bachelor-Studiengang „Kindheitspädagogik“ startete 2004 an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, inzwischen sind bundesweit rund 1600 Absolventen im Berufsleben angekommen. 1700 weitere stehen nach Auskunft von Rauschenbach „vor den Toren“.
Doch kann beides auf die Dauer nebeneinander existieren, Ausbildung in der Fachschule und Studium an der Hochschule, und schließlich doch auf einen gemeinsamen Beruf zulaufen? Xenia Roth vom Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz sprach sich dafür aus: „Wir brauchen in unseren Kitas gemischte Teams mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen“, sagte sie. „Ein bisschen Akademisierung, dieser Weg wird auf die Dauer nicht funktionieren, auch wegen der komplexer gewordenen Lebensbedingungen von Kindern“, erklärte dagegen Norbert Hocke, Leiter des Vorstandsbereichs Jugendhilfe und Sozialarbeit bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Wenn Ausbildungsgänge an Fachschulen und Hochschulen dauerhaft nebeneinander herliefen, werde das „für beide Seiten delegitimierend wirken“, warnte auch Rauschenbach.
Noch sei unklar, welcher Weg größere Chancen biete, eine kompetente Erzieherin oder ein kompetenter Erzieher zu werden. „Die Frage nach dem besten Lernort dafür ist empirisch noch nicht beantwortet.“ Immerhin startet das Deutsche Jugendinstitut jetzt ein Projekt zu einem weiteren Weg in den Erzieherberuf, über den vor zwei Jahren unter dem Schlagwort „Schlecker-Frauen“ heftig diskutiert wurde: Das Kleinkind auf dem Plakat hatte damals auch um die Aufmerksamkeit von potenziellen Seiteneinsteigerinnen aus anderen Berufsfeldern geworben.
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