Vorbildlicher Erfindergeist des Tesla-Chefs: Was Musk macht, können wir auch
Deutsche schwanken bei Elon Musk zwischen Angst und Faszination für diesen Machertypen. Unser Kolumnist findet, wir sollten von ihm lernen, zu träumen.
Der spinnt doch, der Elon Musk. Jetzt will er sogar Flugzeuge mit Batterien fliegen lassen. Nein, nicht sofort. Aber irgendwann. Das kann gar nicht klappen, sagen die meisten, die sich damit auskennen. Und haben gute Gründe dafür. Doch Musk wird es trotzdem versuchen. Das mit dem Kopfschütteln der anderen kennt er ja bereits.
Der Elektroauto-Konzern Tesla ist gerade mal 17 Jahre alt, seit 16 Jahren ist Musk dabei. Noch vor zehn Jahren gab es viele in der deutschen Automobilindustrie, die dem Elektroantrieb nur ein Nischendasein einräumen wollten, irgendwo zwischen Nerd- und Liebhaberniveau.
Noch vor fünf Jahren erzählten führende Kfz-Ingenieure in Hintergrundgesprächen den anwesenden Journalisten und sich selbst, dass der Verbrennungsmotor natürlich die effizienteste und damit zukunftsträchtigste Antriebsform sei – was man schon daran erkennen könne, dass der Stoffwechsel des Menschen nach ganz ähnlichem Prinzip ablaufe.
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Machen wir es kurz. Heute ist Tesla der wertvollste Automobilkonzern der Welt, wertvoller als VW, BMW, Daimler und weitere Automarken zusammen. Die deutsche Automobilindustrie steckt in einer tiefen Sinnkrise, vor Corona war sie zum Symbol einer verunsicherten und zukunftsängstlichen Nation geworden.
Die Pandemie hat das industriepolitische Debakel der vergangenen Jahre vorübergehend zugedeckt. Dass parallel die deutschen Ausgaben für Forschung und Entwicklung gerade erst wieder Rekordniveau erreicht haben, macht die Innovationslücke umso schmerzhafter.
Bei der Digitalisierung und der IT sowieso, aber wie Uwe Cantner, der Vorsitzende der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), schon zu Beginn dieses schwierigen Jahres sagte: In diesen Branchen sei Deutschland „nie an der Weltspitze (gewesen), hatte nie eine Kernkompetenz“. Wenn jetzt jedoch die deutschen Kernindustrien, der Automobil- und Maschinenbau, von der Transformation „in ihren Grundfesten erschüttert“ würden, dann werde es tatsächlich gefährlich. „Jetzt müssen wir aufpassen, nicht überfahren zu werden.“
Seit Tesla bei Berlin eine seiner „Giga Factories“ baut, schwankt die öffentliche Debatte zwischen erhobenem Zeigefinger („Dass die Amis bloß die Sozialstandards einhalten!“) und fast unwilliger Faszination für den Machertypen Musk. Auch Angst ist dabei: Wird der einstige Kfz-Weltmarktführer Deutschland jetzt zur Werkbank Teslas und anderer amerikanischer Tech-Konzerne?
Der erhobene Zeigefinger ist der Nachhall der längst verschwundenen Überheblichkeit früherer Jahre. Doch er weist uns nicht die Richtung in die Zukunft. Dafür müssen wir uns inspirieren lassen von Typen wie Musk, die sich verrückte Ziele setzen und dann einfach machen. Dessen Unternehmen SpaceX übrigens seit Jahren an einem Raumschiff für über 100 Personen tüftelt.
Der deutschen Industrie ging es lange gerade deshalb so blendend, weil sie Gutes immer besser machte, aber die großen Risiken kompletter Technologiesprünge vermied. Genau das ist im Digitalisierungsjahrhundert der Grund für ihre tiefste Krise seit Jahrzehnten.
Es gibt Hoffnungszeichen: dass die Bundesregierung eine Agentur für Sprunginnovationen gegründet hat zum Beispiel – um genau diese Menschen mit der einen, auf den ersten Blick verrückt klingenden Idee zu unterstützen. Hauptsache, die Politik lässt die Agentur auch laufen. Mut macht der neu entfachte Ehrgeiz, sich mit Milliardeninvestitionen beim grünen Wasserstoff in die erste Reihe der internationalen Innovationsführer zu schieben.
Was Elon Musk, Tesla und SpaceX machen, können wir auch. Wir müssen als Gesellschaft nur wieder zu träumen wagen.
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