Schulöffnungen und Maskenpflicht: Was das Leopoldina-Gutachten Merkel rät
Mit Spannung war die Stellungnahme der Wissenschaftsakademie zur Corona-Krise erwartet worden. Ein Überblick über die Empfehlungen der Regierungsberater.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt, möglichst bald die ersten Schulen wieder zu öffnen. Solche Öffnungen sollten schrittweise erfolgen, zuerst sollten Grundschulen und die Sekundarstufe I wieder ihren Betrieb aufnehmen, heißt es in einer Ad-hoc-Stellungnahme der Akademie zur Covid-19-Pandemie.
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Das Expertengutachten wurde mit Spannung erwartet, weil die Bundesregierung sich auch daran orientieren will bei der Entscheidung, wie die Einschränkungen schrittweise aufgehoben werden können. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte deutlich gemacht, dass für sie das Leopoldina-Gutachten sehr wichtig sei.
Der Unterricht von der ersten bis zur zehnten Klasse sollte als erstes aufgenommen werden, weil bei jüngeren Schülern ein Fernunterricht nicht so gut funktioniere. Aber in der Sekundarstufe I seien bereits Mischformen zwischen Fernunterricht und Unterricht vor Ort sinnvoll. Kitas sollten „nur sehr eingeschränkt“ öffnen, weil kleine Kinder die Distanz- und Hygieneregeln nicht so konsequent einhalten könnten.
In dem Leopoldina-Gutachten heißt es einer Pressemitteilung zufolge, es sollten „Kriterien und Strategien für die allmähliche Rückkehr in die Normalität“ entwickelt werden. Voraussetzung für Lockerungen sei, dass die Zahl der Neuinfektionen auf einem niedrigen Niveau bliebe, dass das Gesundheitssystem weiterhin nicht überlastet sei, und dass die reguläre Patientenversorgung wieder möglich sei.
Die Empfehlungen der Leopoldina im Überblick
- Als erstes sollten Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe I öffnen. Bei höheren Schulen soll vor allem der Fernunterricht genutzt werden.
- Kitas sollen zunächst nur sehr eingeschränkt öffnen, weil kleinere Kinder die Hygiene- und Distanzregeln nicht so gut befolgen könnten.
- Für Fahrten mit Bus und Bahn empfehlen die Leopoldina-Experten eine Maskenpflicht.
- Wenn die Infektionszahlen niedrig bleiben und das Gesundheitssystem nicht überlastet ist, dann können schrittweise auch Einzelhandel und Gastronomie geöffnet werden. Auch Reisen könnten dann wieder erlaubt werden - mit strengen Vorgaben.
Auch müsse gewährleistet sein, dass sich die Bevölkerung weiterhin an die Schutzmaßnahmen halte. Dazu zählen die Experten etwa die Einhaltung der Distanzregeln und eine verstärkte Hygiene. Zudem empfehlen die Forscher eine obligatorische Nutzung von Atemschutzmasken in bestimmten Fällen: „Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz sollte als zusätzliche Maßnahme in bestimmten Bereichen wie dem öffentlichen Personenverkehr Pflicht werden.“
Auch Einzelhandel und Gastronomie sollten bald öffnen
In der Stellungnahme „Die Krise nachhaltig überwinden“ schreiben die Experten, wenn Infektionszahlen gering seien und das Gesundheitssystem nicht überlastet sei, könnten auch der Einzelhandel, das Gastgewerbe und Behörden öffnen. Aber auch private und dienstliche Reisen sowie gesellschaftliche, kulturelle und sportliche Veranstaltungen könnten dann wieder stattfinden. Hierfür müssten jedoch zunächst auch „notwendige klinische Reservekapazitäten aufgebaut“ und auch andere Patienten wieder regulär aufgenommen werden.
Zudem befürworten die Leopoldina-Experten die Nutzung von Handy-Daten auf freiwilliger Basis, um einen besseren Überblick über die Seuche zu erhalten.
Als unverzichtbar werten es die Wissenschaftler, „die Erhebung des Infektions- und Immunitätsstatus der Bevölkerung substanziell zu verbessern.“ Die Hoffnung auf ein schnelles Ende aller Einschränkungen zerschlug das Wissenschaftlergremium aber: Die Pandemie werde „noch auf Monate“ das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben bestimmen.
Leopoldina: Klimaschutz nicht vernachlässigen
In dem Gutachten der Leopoldina werden auch deutlich mehr Tests gefordert. Bisher werden vor allem Menschen getestet, die Symptome zeigten. Das reiche nicht aus, weil viele Infizierte keine Symptome hätten - und dennoch möglicherweise andere anstecken könnten. Es brauche deshalb Studien, die repräsentativ erheben würden, wie hoch der Anteil an Infizierten sei.
Die Wissenschaftler warnten, in der Coronakrise den Klima- und Artenschutz zu vernachlässigen. „Der Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft und eine konsequente Mobilitäts- und Landwirtschaftswende“ sollten weiterhin Ziel der Politik sein. Die Konjunkturhilfen sollten deshalb an solche Nachhaltigkeitsziele gekoppelt werden.
Auf Akzeptanz in der Bevölkerung achten
Die Wissenschaftler machten sich zudem Gedanken darüber, wie erreicht werden könne, dass die Bevölkerung auch weiterhin die deutlichen Einschränkungen akzeptiere. Dafür sei etwa wichtig, dass Maßnahmen immer zeitlich befristet seien - und dass die Entscheidungsprozesse transparent gemacht werden würden.
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Die Behörden sollten zudem nicht so sehr auf Strafen setzen, wenn die Regeln nicht befolgt würden. Vielmehr sollte vor allem auf Appelle zur Eigenverantwortung gesetzt werden. „Grundsätzlich werden Normen dann am ehesten befolgt, wenn sie klar, eindeutig und nachvollziehbar sind“, heißt es in dem Leopoldina-Gutachten.
Wichtig sei, dass dass die Politik jetzt schnell ein Zeitplan zur schrittweisen Normalisierung entwickele. Das helfe, die körperlichen und psychischen Belastungen in der Bevölkerung zu reduzieren. Zudem brauche es Hilfen für diejenigen Menschen, die in der Krise besonders verletzlich seien. Dazu zählen die Leopoldina-Experten etwa ältere Alleinlebende, Flüchtlinge, Migranten ohne deutsche Sprachkenntnisse und Obdachlose. (mit Reuters, dpa)
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