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US-Präsident Donald Trump auf dem Weg ins Krankenhaus
© AFP/Saul Loeb

Übergewicht, Alter, Geschlecht: Warum Trump als Corona-Risikopatient gilt

Donald Trump liegt mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus. Wie die Erkrankung für den 74-Jährigen ausgeht, ist noch nicht absehbar.

Es gibt ein paar Dinge, mit denen man im medizinischen Bereich sehr vorsichtig sein muss. Ferndiagnosen gehören dazu. Fernprognosen auch.

Wenn sich derzeit so ziemlich alle Welt fragt, wie die Aussichten von US-Präsident Donald Trump angesichts seiner Sars-CoV-2-Infektion und nun auch seiner Covid-19-Diagnose sind, kann man nur eines seriös sagen: Man kann es nicht seriös sagen. 

Es gibt Statistiken zu den „Outcomes“, den letztendlichen Folgen und gleichsam End-Ergebnissen dieser Erkrankung, dazu, wie es für welche Personengruppen im Mittel „ausgeht“. Es gibt bekannte Risikofaktoren. Es gibt ein paar Dinge, die man über Trump und seinen körperlich-geistigen Gesamtzustand weiß, die man daran abgleichen kann. Aber niemand, auch kein US-Präsident, ist ein statistischer Ideal-Durchschnittsfall. 

Das ist das wichtigste, was man derzeit wissen muss: Man kann nichts wissen, niemand kann vorhersagen, wie es mit Präsident Trump „ausgeht“. Er kann in ein paar Tagen symptom- und virenfrei sein. Er kann ein oder zwei Wochen vom Krankenhaus aus seine Amtsgeschäfte führen und dann zurück sein. Es kann sich auch lange hinziehen und er kann dauerhaft geschwächt bleiben, an Begleiterscheinungen leiden. Er kann schwer erkranken, wochenlang, sogar bis über den Wahltermin hinaus bewusstlos an einer Beatmungsmaschine hängen. Er kann sich von so etwas vollständig erholen, aber von dieser Tortur auch körperlich und am Gehirn dauerhaft Schaden davontragen. Er kann sterben an Covid-19.

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Donald Trump 74 Jahre alt. Er liegt damit knapp unter der Schwelle, die Mediziner derzeit hinsichtlich des Alters als Höchstrisikogruppe betrachten. In der Altersgruppe zwischen 75 und 84 Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu sterben, bei 18 Prozent. In der Alterskohorte, zu der der Präsident noch knapp gehört, sind es acht Prozent. Aber auch das ist nur Statistik, ein oder zwei Jahre mehr oder weniger sind, wenn es um ein Individuum geht, völlig bedeutungslos. Und viele auch hochbetagte Menschen überstehen Covid-19 gut und ohne Intensivbehandlung.

Durch inzwischen mehr Erfahrung und die neuen erfolgreich getesteten Medikamente wie Remdesivir (das bekommt Trump), Hydrocortison und Dexamethason (könnte er bekommen, sobald es ernster verläuft, nur dann hätte es Sinn) ist aber im Vergleich zu den statistischen Werten die Chance, nicht ganz so schwerwiegende oder tödliche Verläufe zu erleiden, wahrscheinlich deutlich gestiegen. In den Statistiken ist dies noch nicht oder kaum zu sehen, weil diese großteils auf Daten beruhen, in denen diese Therapien noch nicht routinemäßig angewandt wurden.

Dennoch, der Lungenarzt und Intensivmediziner Christian Karagiannidis hält das Alter und Begleiterkrankungen für die wichtigsten und Hauptrisikofaktoren von Covid-19. „Das ist unabhängig von der Therapie, und beides können wir nicht beeinflussen. Daher können wir insbesondere bei älteren Patienten über 75 Jahre keine Wunder erwarten“, sagte er kürzlich in einem Tagesspiegel-Interview.

Trump hat einige Risikofaktoren

Donald Trump ist ein Mann. Männer haben ein höheres Risiko für schwere Verläufe und Tod als Frauen.

Donald Trump ist weißer Hautfarbe. Im Vergleich zu einem hypothetischen Afroamerikaner seines Alters und seiner sonstigen Konstitution hat er damit ein statistisch geringeres Risiko.

Donald Trumps Gesundheitszustand, relevante Vorerkrankungen und ähnliches - zu all dem ist wenig unabhängig von Medizinern bestätigtes bekannt. Sein Körpergewicht liegt an der Schwelle zur Fettleibigkeit - ein bekannter Risikofaktor. Andererseits gibt es gerade für ältere Personen auch Daten, die zeigen, dass bei schweren Erkrankungen ein höheres Gewicht bei Einlieferung ins Krankenhaus sogar die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht. Sie bringen offenbar schlicht „mehr Reserven“ mit.

Trump treibt keinen Sport, ernährt sich nicht unbedingt „gesund“, seine Twitter-Statistik spricht dafür, dass er nicht durchschläft und nachts viel fernsieht. All das sind Faktoren, die als ungünstig gelten.

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Donald Trump ist der Präsident der USA. Er wäre zwar nicht der erste Staatschef, der im Amt an Covid-19 verstirbt - Pierre Nkurunziza, der Präsident Burundis, erlag mit hoher Wahrscheinlichkeit der Krankheit. Doch Trump bekommt - anders als Nkurunziza, der zu den „Corona-Leugnern“ zählte und die Infektion nicht ernstnahm und verschleppte - seit seiner Diagnose die weltbeste Versorgung, Überwachung, Therapie, Begleitung. Er wird derzeit mit einer Antikörpertherapie behandelt.

Diese ist noch nicht offiziell zugelassen, aber seine Ärzte würden sie nicht verabreichen, wenn sie glaubten, den Präsidenten damit signifikant zu gefährden oder bei möglichen Komplikationen nicht sicher intervenieren zu können. Seine Blutwerte werden jetzt stetig überwacht werden, so dass etwa der Gefahr einer Thrombose oder eines Infarktes, die sehr häufig die eigentliche Todesursache bei Covid-19 sind - rechtzeitig medikamentös entgegentreten werden kann.

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