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Günter M. Ziegler ist Präsident der Freien Universität Berlin.
© David Ausserhofer

Präsidentenkolumne: Universitätsstadt Berlin

Berlin ist zu Recht stolz auf seine vier Universitäten – sie prägen die Stadt. Das Ziel muss es jetzt sein, den Unterricht bald wieder auf den Campus zu bringen.

Welches Bild entsteht in Ihrem Kopf, wenn ich nach einer Universitätsstadt frage? Denken Sie gleich an Tübingen oder Heidelberg, an kleinere Orte mit altehrwürdigen Universitäten und einem studentisch geprägten Stadtbild? Mit dem Begriff schmückt sich eine Stadt mit Universitätsstandort, häufig findet sich das Wort auf der Ortstafel wieder, das ist allerdings kein offizieller Titel. Aber macht das den Charakter einer Universitätsstadt aus?

Natürlich hoffe ich, dass Sie beim Stichwort Universitätsstadt auch gleich an Berlin denken. Immerhin hat Berlin vier renommierte Universitäten zu bieten, an allen Hochschulen der Stadt lernen und forschen insgesamt rund 200 000 Studierende.

Die vielen Studentinnen und Studenten gehören in normalen Zeiten zum lebendigen und bunten Berlin, sie prägen das Stadtbild, denken Sie nur zum Beispiel an die im Alltag und zu Vorlesungszeiten häufig gut gefüllte U3 in Richtung U-Bahnhof „Freie Universität (Thielplatz)“. Da wird Berlin, trotz der Größe, eine sehr sichtbare Universitätsstadt

Exzellenz und Defizite in der Grundfinanzierung

Eine echte Universitätsstadt ist stolz auf ihre Universität(en) und Hochschulen – und diesen Stolz bringt sie zum Ausdruck, indem sie sie fördert, unterstützt, aber auch sichtbar macht und zeigt.

Und Berlin kann zu Recht stolz sein: Nicht nur auf die Freie Universität Berlin, Exzellenzuniversität schon seit 2007, sondern auch auf die Erfolge der drei großen Berliner Universitäten und der Charité im Exzellenzwettbewerb 2019, nun vernetzt in der Berlin University Alliance.

Erfreulich, dass die Stadt ihren Stolz auf ihre Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen auch in Kampagnen wie der „Wissensstadt Berlin 2021“ zum Ausdruck bringt. Leider überdeckt dies aber nicht die Defizite in der Grundfinanzierung, etwa den Sanierungsstau der Universitätsgebäude in Milliardenhöhe. Manche Berliner Exzellenz in Forschung und Lehre wird so auf maroder Infrastruktur errungen.

Impfpriorität für die Hochschulgemeinde

Derzeit aber ist ein ganz anderes Problem noch drängender, nämlich die Universitäten aus den Wohnungen, WG-Zimmern und Homeoffices zurück auf den Campus zu bringen. Denn Universität, so kürzlich Bundespräsident Steinmeier in seiner Rede an alle Studierenden in Deutschland, ist als „Ort der Begegnung“ unentbehrlich.

Dafür braucht es nun von staatlicher Seite Unterstützung auch für die Hochschulen im Hinblick auf Impfstoffe und Impfprioritäten. Die Universitätsgemeinschaften haben die Lockdowns und Einschränkungen der vergangenen Semester verantwortungsbewusst und geduldig mitgetragen und durch digitale Konzepte so gut es ging kompensiert.

Die Universität darf nicht zu einem Bild verblassen

Zugleich kamen viele Ansätze zur Pandemiekontrolle und -bewältigung aus Universitäten: neben denen in Tübingen und Mainz auch aus denen in Berlin. Damit in den Universitätsstädten auch in Zukunft Lösungen für drängende Probleme entwickelt werden können, braucht es nun die gebotene Aufmerksamkeit der Politik und zukunftsweisende Impulse.

Die Universitätsstadt Berlin darf nicht zu einem Bild verblassen, sie darf nicht zur Erinnerung werden. Die Universitätsstadt Berlin muss wieder lebendig werden. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird.

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