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TU-Präsident Christian Thomsen.
© TU Berlin/David Ausserhofer
Update

Neuer Präsident an der TU Berlin: Thomsen triumphiert, Steinbach abgewählt

Mit einem sehr deutlichen Ergebnis hat die TU Berlin Christian Thomsen zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Der Neue will sich unter anderem für bessere Arbeitsbedingungen für Doktoranden einsetzen.

Die TU Berlin hat einen neuen Präsidenten: den Physiker Christian Thomsen. Thomsen (54) setzte sich am Mittwochnachmittag im Wahlgremium der TU, dem Erweiterten Akademischen Senat, mit 40 Stimmen gegen den Amtsinhaber Jörg Steinbach (57) durch, der nur zwölf Stimmen bekam. Neun Mitglieder enthielten sich. Steinbach war der Erste, der Thomsen gratulierte. „Ich bin überrascht über die Deutlichkeit des Ergebnisses, es ist offensichtlich gelungen, die Unterschiede herauszuarbeiten. Die Uni hat sich für meinen Kurs entschieden“, sagte Thomsen dem Tagesspiegel. Steinbach sagte: „Ich gehe erhobenen Hauptes, weil ich meinem Nachfolger die Universität in einem guten Zustand übergebe.“ Zur Ersten Vizepräsidentin für Forschung wurde die gemeinsam mit Thomsen angetretene Verkehrsplanerin Christine Ahrend gewählt, sie erhielt 47 Stimmen, elf Gegenstimmen; es gab drei Enthaltungen.

Über 200 TU-Angehörige waren gekommen, um das als offen geltende Rennen zwischen Steinbach und Thomsen zu sehen, darunter die Vorsitzende des Kuratoriums, Rita Süssmuth, und Ex-Präsident Kurt Kutzler. Mehrere Dutzend verfolgten die Veranstaltung im vollen Hörsaal im Stehen. Steinbach hatte wegen seines vermeintlichen „Reinregierens“ in die Uni und seines bisweilen harschen Tons schon länger in der Kritik gestanden. Zwei Professorenlisten, die konservative „Initiative Unabhängige Politik (IUP)“ und die „Fakultätsliste“, hatten ihn im Wahlkampf trotzdem unterstützt, um Kontinuität zu wahren, wie es hieß. Die Informatikerin Anja Feldmann von der Fakultätsliste griff Thomsen in der Aussprache unmittelbar vor der Wahl noch einmal direkt an. Es gebe ein „Geheimpapier“, wonach er gemeinsam mit anderen an der Entmachtung der Fakultäten arbeite – was Thomsen zurückwies. Auch aus der IUP und Feldmanns Liste haben einige Professoren Steinbach nicht gewählt, wie sein schwaches Ergebnis zeigt.

Beide Kandidaten hatten vor der Abstimmung noch einmal für ihr Programm geworben. Thomsen wirkte nervöser als der Amtsinhaber und wurde aus dem Publikum dazu aufgefordert, lauter zu sprechen. „Was macht eine gute Universität aus?“, fragte Thomsen und entwarf das Bild einer TU, an der Studierende, Doktoranden und Wissenschaftler die besten Bedingungen vorfinden und an der „corporate identity“ herrscht. Thomsen warf Steinbach vor, dieser wolle Anträge für Drittmittelprojekte „künstlich begrenzen“. Steinbach hatte im Wahlkampf darauf hingewiesen, es gebe eine Überhitzung, die Uni müsse diskutieren, welche Anträge sinnvoll seien.

Thomsen verspricht Doktoranden Drei-Jahres-Verträge

Thomsen kritisierte auch, Steinbach habe ein „Horrorszenario“ über die finanzielle Zukunft der TU entworfen und Sparpläne auf Kosten der wissenschaftlichen Mitarbeiter geschmiedet. Dabei seien die Mitarbeiter der Grund für die Erfolge der TU. Den Doktoranden versprach Thomsen längere Verträge von drei Jahren. Die Professoren sollten nicht Kettenverträge anbieten, sondern müssten vielmehr die halbjährige Probezeit nutzen, um sich von ungeeignet erscheinenden Wissenschaftlern zu trennen. Außerdem will Thomsen „Zufriedenheit in und mit der Verwaltung“.

Jörg Steinbach, der unterlegene Amtsinhaber.
Jörg Steinbach, der unterlegene Amtsinhaber.
© TU Berlin/Jacek Ruta

Steinbach hatte sich den Druck nicht anmerken lassen und noch einmal souverän seine Expertise in der Wissenschaftspolitik ausgespielt. Dabei warnte er vor einer „Abwärtsspirale“. Die TU müsse schon deshalb unter die besten zwanzig deutschen Unis kommen, weil nur diese in Zukunft mit neuen Bundesgeldern rechnen dürften. Auch bestrafe das Berliner Finanzierungsmodell jedes Nachlassen bei den hohen Studierendenzahlen oder bei Sonderforschungsbereichen. Zum Schluss hatte Steinbach sich für seinen Stil gerechtfertigt: „Manchmal bin ich zu emotional. Ich habe Schwächen und Stärken, aber ich verbiege mich nicht.“ Damit konnte er nicht mehr überzeugen.

Studium in Tübingen, Wanderjahre in den USA und München

Der zukünftige Präsident Thomsen kennt die TU seit zwanzig Jahren. Seit 1994 ist er dort Professor für experimentelle Festkörperphysik. Zwischen 1997 und 1999 war Thomsen Vizepräsident für Studium und Lehre. Seit 2003 leitet er als Dekan die Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften. Er ist Gründungsdirektor des „Inno-Campus“, einem TU-Projekt zur Verbesserung der Lehre, und er hat eine Internetplattform ins Leben gerufen, über die Studierende online Experimente fernsteuern können.

Als Physiker forscht Thomsen an kleinsten Teilchen, wie an Nanoröhren aus Kohlenstoff. Er hat große Überblickswerke geschrieben, etwa „Ein Jahr für die Physik“, das die wichtigsten Gebiete des Fachs erklärt. Thomsen kann auf eine umfangreiche Publikationsliste verweisen. Vor seiner TU-Zeit ist er in der Wissenschaft herumgekommen. Nach den ersten Studienjahren in Tübingen wechselte er an die Brown University in den USA, wo er nach zwei Master-Abschlüssen auch promovierte. Später forschte er an einem Max-Planck-Institut in Stuttgart und habilitierte sich an der TU München, bevor er schließlich nach Berlin kam. Sein Amt als Präsident der TU Berlin wird er am 1. April dieses Jahres antreten.

Anja Kühne, Tilmann Warnecke

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