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Das H.E.S.S.-Teleskopsystem in Namibia.
© MPIK/ Christian Föhr

Sechs Milliarden Jahre unterwegs: Teleskope erfassen energiereiche Gammablitze

Forschern ist es gelungen, die stärksten Explosionen im Universum zu messen. Dafür brauchten sie modernste Technik – und ziemlich viel Glück.

Mit Spezialteleskopen haben Forscher extrem energiereiche Gammastrahlenblitze erfasst. Mit rund 100 Milliarden Mal so viel Energie wie sichtbares Licht seien es die energiereichsten Gammablitze, die jemals infolge von sogenannten Gamma-Ray-Bursts gemessen worden sind. Das berichten zwei Forschungsteams anhand von Daten der "H.E.S.S."- und "Magic"-Teleskope in drei Studien im Fachmagazin "Nature" (Links hier, hier und hier).

Demnach handelt es sich um die ersten Nachweise sehr energiereicher Gammastrahlung aus solchen Ausbrüchen mit erdgebundenen Teleskopen. Einer der Blitze war den Forschern zufolge mehr als vier Milliarden Jahre – rund ein Drittel des Alters des Universums – zu uns unterwegs, das Licht des anderen Ausbruchs sogar sechs Milliarden Jahre.

Gamma-Ray-Bursts sind kurze Ausbrüche von Gammastrahlung im Kosmos, die sich etwa einmal täglich irgendwo im sichtbaren Universum ereignen. Als Ursache werden kollidierende Neutronensterne oder spezielle Supernova-Explosionen vermutet. "Gammablitze sind die stärksten bekannten Explosionen im Universum und setzen typischerweise in wenigen Sekunden mehr Energie frei als unsere Sonne in ihrer gesamten Lebensdauer", sagt David Berge, Leiter der Gammastrahlenastronomie am Forschungszentrum Desy in Zeuthen bei Berlin, das an den Studien beteiligt war.

Nachweis nur Sekunden nach der Ortung durch einen Satelliten

Einem Team gelang der Nachweis nun wenige Sekunden, nachdem Satelliten den Blitz am 14. Januar 2019 registriert hatten. Die mit den "Magic"-Teleskopen (Major Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov) auf der Kanareninsel La Palma beobachtete helle, sehr energiereiche Gammastrahlung stamme von der größten jemals aufgezeichneten Explosion im Universum, erklärte das Max-Planck-Institut für Physik (MPP) in München, das die Teleskope federführend betreibt.

Schon am 20. Juli 2018 hatte das größte Gammastrahlenteleskop der Erde, das High-Energy Stereoscopic System ("H.E.S.S."), in Namibia, noch nach mehr als zehn Stunden das schwache Nachleuchten eines Gammastrahlenausbruchs erfasst.

Das Glück: Die Forscher waren sehr nah dran

Gammastrahlenblitze waren in den 1960er Jahren zufällig durch Satelliten entdeckt worden – und werden durch diese täglich beobachtet. Sie haben aber viel zu kleine Detektorflächen, um die sehr geringe Helligkeit von Ausbrüchen bei sehr hohen Energien zu registrieren. Auch mit erdgebundenen Teleskopen ließen sich die Gammaquanten der Blitze bislang nicht beobachten, weil die Erdatmosphäre sie normalerweise schluckt.

Mit den Spezialteleskopen kann nun aber das schwache, bläuliche Tscherenkow-Licht registriert werden, das von kosmischer Gammastrahlung in der Erdatmosphäre erzeugt wird.

Dass der Nachweis im Bereich der Gammastrahlung nun gelungen ist, hat David Green vom MPP zufolge auch mit mehreren glücklichen Umständen zu tun: Einerseits seien im Fall von "Magic" nur wenige Sekunden zwischen der Erfassung durch einen Satelliten und der Ausrichtung der Teleskope auf der Erde vergangen.

Andererseits seien beide beobachteten Blitze in kosmischen Maßstäben vergleichsweise nah gewesen und somit deutlich heller und besser detektierbar als andere, weiter entfernte Explosionen. Dadurch, dass die Forscher dieses Mal sehr nah dran gewesen seien, hätten sie viel vom Nachglühen der Blitze aufzeichnen können.

In einem begleitenden Kommentar beschreibt der Astrophysiker Bing Zhang die Ergebnisse sowohl als Triumph für die Beobachtung von Gammablitzen generell sowie für die Forschung, die sich den Mechanismen hinter diesen Ereignissen widmet. Er erwartet, dass künftig weitere Gammastrahlenblitze beobachtet werden, die "Schätze" für die Forscher bereithalten könnten. (fsch, dpa)

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