Bildungsstandort Berlin: Technische Universität muss mit herben Einschnitten rechnen
Zahlreiche Sparmaßnahmen sollen das Millionendefizit an der Technischen Universität Berlin drücken. So muss die TU unter anderem acht Professuren streichen. Bis Mai soll der neue Strukturplan verabschiedet werden.
Die TU Berlin steht vor einer Selbstamputation – die Kassenlage lässt nichts anderes zu. Die Uni schleppt ein Defizit mit sich herum, das im Jahr 2017 auf 16 Millionen anzuwachsen droht, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Schon bislang leidet die Universität darunter, eine pauschale Minderausgabe von zehn Millionen erbringen zu müssen – nämlich indem sie frei werdende Stellen nicht oder verzögert besetzt. Der Zuschuss des Landes Berlin gleicht die ansteigenden Kosten nicht aus, erklärt die TU.
Auf acht Professuren muss die TU verzichten
Außerdem steht die TU vor der Herausforderung, acht in den vergangenen Jahren zusätzlich etwa mit Mitteln aus dem Exzellenzwettbewerb eingerichtete Professuren in den regulären Haushalt überführen zu müssen. Da sie dafür keine zusätzlichen Mittel hat, muss sie also an anderer Stelle auf acht Professuren verzichten. Noch 276 Professuren sind nach der großen Berliner Sparrunde im Jahr 2004 von den damals 335 übrig geblieben. Mehr sind nicht zu finanzieren. Die Entscheidung darüber, wie nun die neu geschaffenen Professuren integriert werden, muss jetzt fallen. Denn bis Ende Juni verlangt der Senat von den Berliner Unis Strukturplanungen, also eine Erklärung darüber, wie sie in den kommenden zehn Jahren ihre Professuren auf die Fachgebiete verteilen wollen.
„Irgendwo muss ja nun einmal gespart werden“, sagte TU-Präsident Christian Thomsen, als der Akademische Senat (AS) in der vergangenen Woche über den Strukturplan diskutierte. Drei der acht überzähligen Professuren haben die Fakultäten bereits in ihren Strukturplänen untergebracht. Nun geht es um weitere fünf. Das Präsidium hat sie über fünf Fakultäten verteilt. Außerdem soll es den Schmerz lindern, dass die geopferten Gebiete überwiegend lange nicht mehr besetzt waren. Zur Streichung auserkoren wurden so die Bereiche Experimentalphysik, Hybridmaterialien, Integrierte Systeme/Nanoarchitekturen, Fahrzeugmechanik und eine ständige Gastprofessur in Architektur.
Das TU-Präsidium will "Innovationsprofessuren"
Um aber Spielräume bei den Professuren, besonders für Berufungen im Zuge der nächsten Runde der Exzellenzinitiative zu gewinnen, sollen die Fakultäten Fachgebiete benennen, die womöglich zugunsten anderer Fachgebiete entfallen können. Diese sollen dann flexibel mit neuen „Innovationsprofessuren“ besetzt werden können. Von diesen sechs Professuren werden aber nicht alle unbedingt in der Fakultät bleiben, aus denen sie stammen, sagte Thomsen. Die Fakultäten müssen also zu weiteren Opfern bereit sein.
Während die 750 Stellen im wissenschaftlichen Mittelbau unangetastet bleiben sollen, soll beim technischen Personal abgebaut werden, von 432 auf 387 Stellen. In der zentralen Universitätsverwaltung und der Universitätsbibliothek sollen rund zwölf Stellen entfallen, um 600 000 Euro zu sparen. Ferner ist geplant, die jährliche Forschungsförderung von jetzt 4,3 Millionen Euro um eine halbe Million zu kürzen. Stellenanzeigen sollen nur noch online geschaltet werden, und es wird geprüft, die Uni über Weihnachten und Neujahr zu schließen, um weitere Kosten zu sparen. Von den Overhead-Kosten, die Fakultäten durch Drittmittel einwerben, will das Präsidium vom kommenden Jahr an jährlich eine Million Euro für den allgemeinen Haushalt abzweigen. Im Jahr 2013 standen Overhead-Mittel von 3,7 Millionen zur Verfügung. Ziel ist es, das Defizit auf unter zehn Millionen Euro zu drücken.
Die Professoren haben gemischte Gefühle
Die AS-Mitglieder nahmen den Plan des Präsidiums mit gemischten Gefühlen auf. Mehrfach wurde kritisiert, dass die im Exzellenzwettbewerb eingeworbenen Professuren auf Kosten anderer aus dem Stellenplan verstetigt werden sollen. Die Streichkandidatinnen würden „ohne gute Begründung“ geopfert, wie etwa Susanne Teichmann aus der Gruppe der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter sagte. Die Physikprofessorin Ulrike Woggon erklärte, die TU müsse von der Senatsverwaltung deutlich mehr Professuren fordern, um sich für den nächsten Exzellenzwettbewerb aufstellen zu können.
Dem schloss sich der Mathematiker John M. Sullivan an. Der Staatssekretär für Wissenschaft, Steffen Krach, habe ihn nach seiner Meinung zu der aktuellen Debatte gefragt, 100 zusätzliche IT-Professuren in Berlin zu schaffen. „Er denkt darüber nach“, sagte Sullivan. Aus Sicht des Mathematikers sollte die TU daher durchaus mehr Professuren für sich fordern.
Hingegen erklärte der Chemieprofessor Peter Hildebrandt, nicht alle Fakultäten seien in der Lage, sich von längst überlebten Gebieten – „Dampfmaschinen“ – zugunsten der Allgemeinheit zu trennen. Darum dürfe die Entscheidung auch nicht ihnen alleine überlassen werden. Allerdings könne die TU vielleicht darauf verzichten, sich dem Senat gegenüber bereits inhaltlich festzulegen. Wie berichtet will das HU-Präsidium angesichts der vielen finanziellen Ungewissheiten dem Senat eher eine „Inventur“ als einen konkreten Plan vorlegen.
Im Mai soll der AS den neuen Strukturplan beschließen. Die Haushaltsdebatte soll im Juni oder Juli stattfinden, damit der Haushalt im Herbst beschlossen werden kann.