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Der alte Kern von Posen, Stadt des ersten polnischen Bischofssitzes (968), ist quirlig, hat jedoch auch viele stille Winkel.
© picture alliance / Arco Images

Polen: Tanz den Poznan

Polens Messestadt Posen gilt als gemeinhin als fußballverrückt – und kann die Europameisterschaft 2012 kaum erwarten.

Der Spieler zielt, schießt und versenkt den Ball im Tor. Die Fußballer jubeln – doch die Fans kehren dem Spielfeld den Rücken zu. So feiern die Fußballfans in Poznan (das frühere Posen): vom Sitz aufspringen, umdrehen, die Arme auf die Schultern der Nachbarn legen und auf- und abspringen. Der Tanz wurde durch ein Spiel gegen Manchester United berühmt und wird als „Tanz den Poznan“ mittlerweile auch in anderen Stadien aufgeführt. Zur Fußball-Europameisterschaft wird er aber sicher wieder in seiner Heimat zu sehen sein, denn Posen ist einer der Austragungsorte.

„Wir sind fußballverrückt“, erzählt Damian Zalewski, der in der Stadt das sportliche Großereignis mitorganisiert. Die Beziehung Posens zum Fußball reiche lange in die Vergangenheit zurück, „da könnte man gut ein ganzes Buch drüber schreiben“, meint er.

So gibt es gleich zwei Fußballclubs in der Stadt: den vor 100 Jahren gegründeten Warta Poznan und den sportlich deutlich erfolgreicheren Lech Poznan, der schon mehrfach polnischer Meister wurde und bei der EM mehrere Spieler der Nationalelf stellt. Die Lech-Fans waren es auch, die den markanten Tanz erfanden. „Das ist aber nur einer der Tänze, den wir im Repertoire haben“, sagt Zalewski, „wir tanzen einfach gerne!“ Einen Eindruck davon werden Besucher während der EM nicht nur im 2010 eingeweihten, 40 000 Besucher fassenden Stadion bekommen, sondern auch auf der Fanmeile. Die soll im Zentrum auf dem Platz der Freiheit eingerichtet werden. Dafür wird über Wochen hinweg ein Teil der angrenzenden Marcinkowskiego-Allee, der Prachtboulevard von Posen, gesperrt. „Der Eintritt auf das Gelände ist frei, allerdings auf 30 000 Besucher begrenzt“, erklärt Zalewski.

Nur wenige hundert Meter weiter östlich liegt der Alte Markt, gewissermaßen das Herz Posens. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die zerstörten Häuser wiederaufgebaut und zwar in dem Stil, wie er in den Jahrhunderten davor in der Stadt zu sehen war. Deswegen gibt es nun Häuser im barocken, im klassizistischen und im gotischen Stil, alle nur wenige Stockwerke hoch und extrem pittoresk.

Doch das Viertel ist nicht nur das Ziel von Architektur- und Geschichtsfans, abends zieht es vor allem feierlustige junge Männer und Frauen an. Schließlich sind rund ein Viertel der Bewohner Posens Studenten. Viele von ihnen gehen in die zahlreichen Cafés, Bars und Klubs am Alten Markt und verwandeln diesen in eine große Freiluft- Partyzone.

Das soll auch zur Europameisterschaft so sein, wie Zalewski erzählt. „Mit ziemlicher Sicherheit wird fast jede Bar und fast jedes Restaurant einen Fernseher oder eine Leinwand aufstellen, damit die Menschen dort Fußball schauen können.“ Doch auch abseits des Fußballs lohnt ein Besuch in der fünftgrößten polnischen Stadt. Ein touristisches Highlight ist die Dominsel im Osten der Stadt. „Hier wurden im 10. Jahrhundert die erste Siedlung Posens und das erste polnische Bistum gegründet“, erzählt Stadtführerin Katarzyna Tymek. Rund um die imposante Kathedrale gibt es mehrere Kirchen, Priesterhäuser und Seminare – „deshalb wird die Dominsel gerne auch ,der kleine Vatikan‘ genannt“.

Posen ist aber auch sehr modern. Über die rote Bischof-Jordan-Brücke erreicht man Ostrewek auf der anderen Uferseite. Dieses Viertel ist touristisch noch fast unberührt. Doch das ändert sich gerade: Ein neues Besucherzentrum zur Geschichte der Dominsel soll bald eröffnen, das wohl kleinste Restaurant Polens ist schon da: Im „Vine Bridge“ unweit der Kathedrale gibt es nur drei Tische, auf der Speisekarte stehen statt Gerichten Stichwörter, und der Koch werkelt im intimen Ambiente.

Wer Einkaufen und Kultur verbinden möchte, ist in der Stary Browar, der alten Brauerei, im Zentrum von Posen an der richtigen Stelle. Denn in den alten Gemäuern wurde vor einigen Jahren ein großes Einkaufs- und Kulturzentrum errichtet. Ein Audioguide erklärt die Kunstwerke.

Und wer auch mal eine Brauerei in Betrieb sehen und das berühmte Posner Bier probieren möchte, sollte zur Lech-Brauerei fahren. Die Flaschen rattern, die Etikettiermaschinen brummen – so werden jedes Jahr rund sieben Millionen Hektoliter Bier hergestellt. Zur Europameisterschaft dürften es noch einige mehr werden. (dpa)

Aliki Nassoufis

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