FU-Präsident Peter-André Alt im Interview: „Studienanfängern noch mehr helfen“
Nach seiner Wiederwahl: FU-Präsident Peter-André Alt will das Studium trotz knapper Kassen verbessern, auch mit einem Studium generale.
Herr Alt, Sie sind mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt worden. Fühlen Sie sich erleichtert?
Na ja, die Anspannung war nicht ganz so groß wie vor meiner ersten Wahl. Aber ich freue mich natürlich über das Ergebnis, es gibt mir Schwung für die nächsten vier Jahre.
Ihr Kollege Raúl Rojas, der Sprecher der Liste „Exzellenz und Transparenz“, hat „Klüngeleien“ bei FU-Wahlen kritisiert. Die etablierten Professoren-Listen würden sich vorab auf einen „Einheitskandidaten“ einigen, anstatt einen Wettbewerb der Ideen zu eröffnen. Sollte das Verfahren anders gestaltet werden?
Das Wahlverfahren an der FU ist weitaus demokratischer als an den meisten anderen Unis in Deutschland. Vielerorts ist es üblich, dass die Hochschulräte den Präsidenten wählen, das sind dann nur ein Dutzend Personen, von denen die Hälfte gar nicht zur Hochschule gehört. An der FU sind hingegen sehr viele Universitätsmitglieder mit einbezogen. Und dass vorher die Listen miteinander reden, ist doch sinnvoll, um den Prozess hinreichend zu strukturieren. Im Übrigen gibt es an der FU ganz unabhängig von der Präsidentenwahl ständig einen Wettbewerb der guten Ideen. Und alle sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.
Wäre es bei all dem Streit nicht schöner, nur Germanistik-Professor zu sein?
Germanistik-Professor zu sein ist natürlich die schönste Aufgabe der Welt, darum bin ich ja Germanistik-Professor geworden. Das Hochschulmanagement bietet aber eine Vielfalt von weiteren Herausforderungen. Dabei gibt es dann mehr Tiefen, aber eben auch mehr Höhen.
Was steht jetzt an?
Nach den Erfolgen der FU in der Forschung müssen wir nun die Lehre noch mehr ins Zentrum stellen. Im kommenden Jahr wollen wir die Systemakkreditierung erfolgreich abschließen. Wir müssen auch darauf achten, dass unsere Studienplätze gut nachgefragt sind. Und wir müssen Studienanfängern noch besser bei der Orientierung helfen. Hier denken wir an ein Pilotprojekt Studium generale.
Beim Studium generale inspiriert Sie vermutlich die TU Berlin?
Ja, das ist ein interessantes Modell. An der FU würden wir Studienanfänger in ein Fach der Naturwissenschaften oder der Geisteswissenschaften immatrikulieren. Jemand, der etwa in Physik eingeschrieben ist, könnte aber Vorlesungen, Seminare oder Laborkurse in anderen Naturwissenschaften belegen, um sich klar zu werden, wohin genau die Neigungen gehen. Leistungsnachweise aus dem Studium generale würden dann für das gewählte Fach angerechnet.
Dann dauert das Studium aber länger?
Ja, aber womöglich sind noch mehr Studierende erfolgreich, wenn sie das richtige Fach für sich finden. Das Studium generale muss natürlich sehr gut betreut sein. Wir werden uns um Mittel aus dem Qualitätspakt Lehre von Bund und Ländern bewerben.
Der Berliner Senat zwingt die FU dazu, den NC in mehreren Studiengängen fallen zu lassen. Wird die FU nun überrannt?
Das müssen wir abwarten. Für die Lehrämter wünschen wir uns ja dringend mehr Nachwuchs. Wenn einzelne Bereiche ohne NC zu voll werden, müssen wir ihn dann bei der nächsten Zulassung wieder anwenden.
Als das kurze Bachelorstudium eingeführt wurde, hieß es aus der Politik, die Studierenden würden dennoch mehr lernen als früher. Die Kapazitäten würden so begrenzt, dass viel mehr Unterricht in Kleingruppen möglich werde. Wie sieht die Wirklichkeit an der FU aus?
Das Betreuungsverhältnis an der FU ist schon erheblich besser als vor zwanzig Jahren. Und noch vor vier Jahren kamen an der FU 80 Studierende auf einen Dozenten, nun sind es noch 50. Trotzdem brauchen die meisten im Bachelor acht statt sechs Semester, im Master sechs statt vier – und das, obwohl wir insgesamt sehr gut betreuen. Womöglich zögern viele Studierende, die Universität zu verlassen, weil sie Angst vor dem Berufseinstieg haben.
Die Humboldt-Universität hat unlängst überraschende Stellenstopps verhängt, weil sich plötzlich ein Finanzloch von mehreren Millionen Euro auftat. Ist das an der FU auch zu erwarten?
Nein, wir haben ein anderes Haushaltssystem mit vielen Sicherungen, in dem Risiken einkalkuliert sind. Darum kann uns auch nichts überraschen. Die Fachbereiche verwalten ihre Budgets selbst und können nach ihren Prioritäten mit den knappen Kassen haushalten. An der FU gibt es seit Jahren regelmäßig befristete Stellensperrungen, und es wird sie leider weiter geben müssen. Aber wir müssen keine Vollbremsung einleiten. Die vielen Stellen aus Drittmitteln entlasten uns natürlich ganz erheblich. Über 1000 wissenschaftliche Mitarbeiter werden darüber finanziert, nur noch 750 aus Grundmitteln.
In der Wissenschaft gab es noch vor wenigen Monaten die Hoffnung, die DFG würde ihre Zuschüsse für Projekte (Overhead) bald auf 40 Prozent verdoppeln. Inzwischen geht an den Unis im Gegenteil die Angst um, der Bund könne die Zahlungen für den Overhead ganz einstellen. Was steht für die FU auf dem Spiel?
Der Overhead ist für die FU sehr wichtig, jedes Jahr bekommen wir so acht bis zehn Millionen Euro. Aber wir gehen davon aus, dass der Bund den Ländern nur klarmachen will, dass sie sich mitbeteiligen sollen. Im Moment rechne ich mit einer Erhöhung des Overheads auf 25 Prozent.
Das Land Berlin hat den Unis aufgetragen, bis zum Sommer 2015 die Profile ihres Fächerspektrums neu zu bestimmen und die Zahl der Professuren für die Fachgebiete neu festzulegen. Die letzten Strukturpläne sind zehn Jahre alt, die Unis mussten damit drastische Einsparungen umsetzen. Was ändert sich jetzt an der FU?
Wir beschäftigen uns schon seit anderthalb Jahren mit dem Thema. Es wird aber nur kleine Verschiebungen geben und keine konfliktreichen Maßnahmen wie vor zehn Jahren. Mit den anderen Hochschulen müssen wir uns dabei abstimmen, um Doppelungen zu vermeiden. Und wir müssen darüber sprechen, ob die Disziplinen ausreichend im Spektrum der Professuren vertreten sind.
Ihr Vorgänger Dieter Lenzen hat die FU in der zweiten Amtszeit verlassen. Steht fest, dass Sie die vier Jahre im Amt bleiben?
Wenn man ein Amt für vier Jahre antritt, überlegt man sich vorher, ob man Energie und Ideen für vier Jahre hat. Ich habe Energie und Ideen für vier Jahre.
Die Fragen stellte Anja Kühne
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