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Von der Erde zum Himmel: Als 1991 der Mount Pinatubo auf den Philippinen ausbrach, ahnte niemand, was für ein globales Klima-Experiment nun begann.
© picture alliance / dpa

Geoengineering: Sollte die Erde eine künstliche Jalousie bekommen?

Die Atmosphäre künstlich abdunkeln? Per „Geoengineering“ die Sonne abzublocken, wird viel diskutiert. Das hilft der Landwirtschaft aber nicht gegen Klimafolgen.

Alexander Gerst tweetete am Dienstag zur Erde: „Konnte eben die ersten Bilder von Mitteleuropa und Deutschland bei Tag machen (...). Schockierender Anblick. Alles vertrocknet und braun, was eigentlich grün sein sollte.“ Die Fotos lieferte er gleich mit.

Circa 400 Kilometer hoch umrundet der Astronaut aus Künzelsau derzeit auf der Internationalen Raumstation die Erde. Er ist damit noch innerhalb dessen unterwegs, was als Atmosphäre gilt, auch wenn man dort nicht mehr atmen kann. Sein Tweet reiht sich ein in eine Unzahl von Nachrichten im Sommer 2018 über Wetter- und Klimaextreme und deren Auswirkungen. Zuletzt war es die Warnung von Potsdamer Klimaforschern, wir könnten selbst bei erfolgreicher Kohlendioxidreduktion gemäß dem Pariser Abkommen auf dem Weg in eine neue verheerende Heißzeit sein.

Unfreiwilliges Weltweit-Experiment

Einige Wissenschaftler, angeführt von dem niederländischen Atmosphärenphysiker und Nobelpreisträger Paul Crutzen, fordern nicht nur angesichts solcher Szenarien schon lange, den Versuch zurückzustellen, CO2 von der Atmosphäre fernzuhalten und stattdessen etwas anderes in ihr zu verteilen: Partikel – etwa winzige Schwefelsäuretröpfchen –, die die Sonne abblocken oder Wolkenbildung anregen. Crutzen und seine Mitstreiter wollen so dem Treibhaus Erde eine Art kühlende Jalousie überziehen.

Im Magazin „Nature“ erscheint dazu nun eine Studie, erstellt unter anderem von dem Agrarwissenschaftler Jonathan Proctor von der University of California in Berkeley und dem aus Deutschland stammenden Wirtschaftswissenschaftler Wolfram Schlenker von der New Yorker Columbia University. Mit Akribie analysierten sie, was es für die Landwirtschaft bedeuten würde, brächte man einen solchen globalen Sunblocker aus. Hilfreich dabei war, dass es entsprechende unfreiwillige globale Experimente bereits gab, etwa den Ausbruch das Vulkans Pinatubo auf den Philippinen 1991, oder den des El Chichón in Mexico 1982. Riesige Mengen Staub- und Schwefelpartikel injizierten die Eruptionen in die Atmosphäre. Und am Boden kühlte es sich tatsächlich im globalen Mittel ab.

Ein - teures - Nullsummenspiel

Doch die Analyse von zwischen 1979 und 2009 gesammelten Daten zeigt, dass die Nachteile, die heißeres Klima für die Nahrungsmittelerzeugung hat, nur durch andere Nachteile aufgrund geringerer Sonneneinstrahlung ersetzt werden würden. Das allerdings bedeutet zunächst nur, dass ein solches „Geoengineering“ global ein Nullsummenspiel für die Landwirtschaft wäre. Mögliche Vorteile etwa dadurch, dass weniger Eis abschmelzen und Meeresspiegel weniger stark steigen würden, konnten die Forscher mit ihren Methoden nicht bewerten. Proctor sagt deshalb, es müsse insgesamt mehr zu Geoengineering zu geforscht werden.

Dass eine Art Geoengineering zumindest funktionieren kann, zeigt eine andere jetzt in „Nature“ erschiene Studie anhand von Satellitenbildern: Insgesamt hat offenbar netto die bewaldete Fläche auf der Erde – trotz Abholzung vielerorts – zugenommen. Und Grund scheint Aufforstung durch Menschenhand zu sein.

Von hier unten ist das schwer zu beurteilen. Aber vielleicht tweetet Alexander Gerst ja ein paar Bilder dazu.

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