HPV-Impfung: Sicher, aber zu wenig genutzt
Nicht einmal jedes zweite Mädchen in Deutschland ist gegen Humane Papillomaviren (HPV) geimpft, zeigt der Versorgungsatlas. Besonders schlecht schneiden bayerische Landkreise ab.
Zwei Stunden nach der Impfaktion meldete sich ein Mädchen nach dem anderen bei der Krankenschwester der australischen Schule. Ihnen war schwindlig, manche waren in Ohnmacht gefallen, andere fühlten sich schwach. Vier der 26 Mädchen kamen ins Krankenhaus. Doch die Ärzte konnten keine organische Ursache finden. Der einzige Zusammenhang zu der Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV): Die Mädchen hatten sich an diesem Tag im Mai 2007 gegenseitig in Panik versetzt – ähnlich wie in den 1990er Jahren, als sich iranische Mädchen reihenweise nach einer Tetanus-Impfung krank fühlten. Oder 2009 in Taiwan, nach einer Grippeimpfung.
Solche Episoden müssen das Vertrauen in Impfungen nicht langfristig untergraben, meint Heidi Larson, die an der London School of Hygiene das „Vaccine Confidence Project“ leitet. Wichtig sei, dass die Behörden die Sorgen der Bürger ernst nehmen und etwaige Vorkommnisse schnell untersuchen, um Gerüchten vorzubeugen. In Australien habe das funktioniert. Heute sind dort mehr als 70 Prozent aller Mädchen vollständig gegen HPV geimpft. In Großbritannien sind es fast 90 Prozent. Wichtig sei auch, bereits bei der Einführung einer Impfung ausführlich und neutral zu informieren. Lobeshymnen weckten Misstrauen.
Ein Landkreis in Bayern ist das Schlusslicht
In Deutschland ist das offenbar nicht gelungen. Obwohl die Europäische Arzneimittelagentur im November 2015 erneut bestätigte, dass die Impfung sicher ist, ist nur jede dritte 15-Jährige (Berlin: 31,5 Prozent) und etwa 40 Prozent der 17-Jährigen vollständig gegen HPV geimpft. Das berichtet das Robert-Koch-Institut, das die Daten von 1,13 Millionen Mädchen ausgewertet hat, die die Kassenärztlichen Vereinigungen für das Jahr 2013 gemeldet hatten. Zwischen neuen und alten Bundesländern sowie den Landkreisen gab es laut Versorgungsatlas erhebliche Unterschiede. So fanden die Forscher im bayerischen Kaufbeuren keine einzige 12-Jährige, die zumindest eine Impfdosis bekommen hatte. In Brandenburg an der Havel waren es dagegen mehr als 20 Prozent. Mit 17 Jahren waren im Kyffhäuserkreis (Thüringen) mehr als 70 Prozent der Mädchen vollständig immunisiert, der bayerische Landkreis Mühlendorf bildete mit 13 Prozent das Schlusslicht.
Großen Einfluss habe der Rat der Ärzte. Die Forscher hoffen daher, dass das neue Impfschema die Quoten verbessert. Denn seit 2014 wird die Impfung für 9- bis 14-Jährige empfohlen, zu dieser Zeit gibt es noch Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche. Außerdem reichen nun zwei Spritzen, die Kassen tragen die Kosten.