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Taghell. Die „Speerleuchten“ an der Straße des 17. Juni sind ziemlich ineffektiv.
© TU Berlin/Presse/Dah

Abschied von der "Lichtsauce": Schlaflos in Berlin

Grelle Beleuchtung stört Mensch und Tier. LED-Technik soll die Nacht etwas dunkler machen.

„Wir werden uns von der ,Lichtsauce’, die unsere Städte 100 Jahre lang durchflutet hat, verabschieden müssen. In Zukunft werden nur noch die Flächen und Objekte beleuchtet, die auch Licht benötigen“, sagt Stephan Völker, Professor für Lichttechnik an der TU Berlin. „Dafür entwickeln wir maßgeschneiderte und intelligente Beleuchtungen.“

Die Probleme durch künstliche Beleuchtung von Himmel und Erde, durch sogenannte Lichtverschmutzung, werden in den letzten Jahren immer offenbarer. Jahrhundertelang galt Licht als große Errungenschaft der Moderne, als ein Symbol von Wohlstand und Sicherheit. Dunkelheit dagegen sprach von Rückständigkeit und Not. Doch während viele Länder der Erde noch regelrecht im Dunklen liegen, zeigen sich in den gut beleuchteten Industrienationen bereits die Schattenseiten der taghellen Nächte: Vögel, Insekten, Fische und Amphibien verlieren die Orientierung, sterben zu Hunderttausenden oder vernachlässigen ihre Brut. Menschen – insbesondere in Großstädten – leiden unter Nervosität und Schlaflosigkeit. Auch der hohe Energieverbrauch ist nicht zu vernachlässigen.

Stephan Völker arbeitet an neuen Konzepten, die die Lichtemissionen reduzieren, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen. „Die Straße des 17. Juni in Berlin-Charlottenburg beispielsweise ist nachts so hell beleuchtet, dass man mühelos Zeitung lesen kann“, sagt er. Das Licht wird in einem 360-Grad-Winkel von großflächigen Leuchten abgestrahlt. Die „Speerleuchten“, vor 80 Jahren im monumentalen Stil des Neoklassizismus von Albert Speer gestaltet, dem Generalbauinspektor Adolf Hitlers, sollten vor allem beeindrucken und erst in zweiter Linie sinnvoll beleuchten. Sie sind weithin als Lichtband zu sehen. „Die Lichtverteilung zeigt, dass nur ein kleiner Teil des abgestrahlten Lichtes dorthin gelangt, wo es zum Erkennen von Objekten benötigt wird“, erklärt Völker.

Die Lichtverteilung lässt sich mit LED beliebig gestalten

Abhilfe könnten heute LEDs schaffen. „Diese Technik ist deutlich besser für die Straßenbeleuchtung als alles, was bisher zur Verfügung stand“, sagt der Lichtexperte. „Sie ist klein, hat eine hohe Leuchtdichte beziehungsweise Helligkeit, ist gut portionierbar, und man kann die Lichtverteilung nahezu beliebig designen.“ Damit ließe sich erstmalig jede Nutzfläche ihrem Zweck entsprechend beleuchten. Auf der Fahrbahn gilt es, Objekte frühzeitig zu erkennen, auf dem Gehweg Gesichter zu identifizieren, und die Beleuchtung von Hausfassaden soll einen nächtlichen Verkehrsraum gestalten. Gezielt gesteuerte Beleuchtung soll nicht nur für Helligkeit sorgen, wo und wann es notwendig ist, sondern auch für Räume und Zeiten der Dunkelheit. „Die Schlafqualität der Anwohner lässt sich durch entsprechendes Abschalten einzelner Segmente signifikant verbessern“, meint Völker. Zudem ließen sich bis zu 50 Prozent Energie einsparen, ohne die Verkehrssicherheit zu verschlechtern.

Mit rund 4,7 Millionen Euro fördert das Bundesforschungsministerium daher ein Verbundprojekt im Rahmen der Förderinitiative „Intelligente Beleuchtung“, das die Wirkungen des Lichts auf die „innere Uhr“ des Menschen (den circadianen Rhythmus) genauer erforschen soll. Neben der TU Berlin sind auch die Charité Berlin sowie weitere Einrichtungen beteiligt.

Patricia Pätzold

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