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Eisiger Nordpol: Selbst in den Sommerhalbjahren, aus denen die Aufnahmen für dieses Mosaikbild überwiegend stammen, herrschen am Marsnordpol Temperaturen von unter minus 50 Grad Celsius. Während des Marswinters, der doppelt so lang dauert wie der Erdwinter, können die Werte sogar auf unter minus 125 Grad Celsius fallen.
© ESA/DLR/FU Berlin, NASA MGS MOLA Science Team

Planetenforschung: Rundflug mit der „Mars Express“

Die Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität zeigt in der Langen Nacht der Wissenschaften eindrucksvolle Ergebnisse aus 14 Jahren Forschung zum Roten Planeten.

Dunkle Gräben, in denen sich Dünen aus schwarzem Sand angesammelt haben, schlängeln sich durch eisbedeckte Hügel. Die Raumsonde „Mars Express“ nimmt uns mit auf einen Rundflug über die Eiskappe des Marsnordpols sowie durch Schluchten und Täler, vorbei an Kratern und hinweg über karge Landschaften – Vulkane, Sanddünen und Eisfelder.

Dass wir diese beeindruckenden Bilder vom zweitkleinsten Planeten des Sonnensystems aus nächster Nähe, in Farbe und 3D, ansehen können, ermöglicht die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene Hochleistungskamera High Resolution Stereo Camera (HRSC). Nie zuvor gab es so detaillierte Aufnahmen der Marsoberfläche. Seit fast 14 Jahren umkreist die Spezialkamera den Roten Planeten an Bord der Raumsonde „Mars Express“ der europäischen Raumfahrtagentur ESA (European Space Agency). „Die Mission war ursprünglich für zwei Jahre ausgelegt“, sagt Heike Balthasar. „Dass die Sonde so lange fliegt, die Instrumente noch funktionieren und vor allem die Kamera immer noch gute Bilder aufnimmt, ist wirklich erstaunlich.“

Die Diplom-Geografin ist Mitarbeiterin der Projektgruppe „Mars Express/HRSC-Experiment“ der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung am Institut für Geologische Wissenschaften der Freien Universität Berlin. Dort werden seit Missionsbeginn aus den von der Kamera gesendeten Daten unter anderem dreidimensionale Bilder und Filme erstellt. Mittlerweile sind 76 Prozent der Marsoberfläche mit einer Auflösung von weniger als 20 Metern pro Bildpunkt kartiert. „Das große Ziel ist ein globales Mosaik der gesamten Marsoberfläche“, sagt Balthasar. „Daran wird mit Hochdruck gearbeitet, und wir hoffen, dass die Kamera noch so lange läuft, bis auch die letzten Lücken gefüllt sind.“

Staubstürme, Eis und Vulkane - auf dem Mars ist mächtig was los

Die Bilder vom Nordpol, eines Vulkans oder großen Einschlagbeckens werden aus vielen einzelnen Aufnahmen zusammengesetzt. Problematisch sei es, dass es Bildlücken von Gebieten gebe, in denen die Raumsonde noch nicht war, oder dass das Bildmaterial unterschiedliche Qualität habe, sagt Stefanie Musiol. Die Diplom-Geophysikerin ist ebenfalls Mitarbeiterin der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung und hat ihre Dissertation über Marsvulkane auf der Grundlage von Bilddaten der HRSC geschrieben. „Es gibt auf dem Mars Staub, Staubstürme und Wolken. Manchmal herrscht Eis- oder Schneebedeckung, manchmal ist die Oberfläche vollkommen frei. Aber auch durch verschiedene Sonnenstände und Jahreszeiten erhalten wir unterschiedliche Bilder von demselben Gebiet. Zudem gibt es Oberflächenveränderungen beispielsweise durch wandernde Dünen. Aber es macht unsere Arbeit auch spannend, dass wir nach so vielen Jahren immer noch tolle neue Bilder vom Mars erhalten.“

Die Raumsonde "Mars-Express" ist seit 14 Jahren unterwegs.
Die Raumsonde "Mars-Express" ist seit 14 Jahren unterwegs.
© ESA-D DUCROS 2003
Die HRSC-Kamera der Raumsonde nimmt neun Kanäle gleichzeitig auf: jeweils vier Farb- und Stereokanäle .......
Die HRSC-Kamera der Raumsonde nimmt neun Kanäle gleichzeitig auf: jeweils vier Farb- und Stereokanäle .......
© ESA/DLR/FU Berlin/CC by-SA 3.0 IGO
... sowie den senkrecht auf die Marsoberfläche blickenden Nadirkanal.
... sowie den senkrecht auf die Marsoberfläche blickenden Nadirkanal.
© ESA/DLR/FU Berlin/CC by-SA 3.0 IGO
... So wird sichtbar, wie sich die Oberfläche des Planeten verändert. 
... So wird sichtbar, wie sich die Oberfläche des Planeten verändert. 
© ESA/DLR/FU Berlin/CC by-SA 3.0 IGO

Gestartet ist „Mars Express“ im Juni 2003 mit einer Soyuz-Fregat-Rakete vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Sie erreichte den Planeten sechs Monate später. Seitdem umkreist die Sonde ihn auf einer elliptischen Umlaufbahn. Ihre minimale Entfernung zur Marsoberfläche beträgt rund 270 Kilometer, die maximale etwa 11 000. Für eine komplette Umrundung des Mars braucht sie zirka sieben Stunden.

Die High Resolution Stereo Camera an Bord wurde am DLR unter der Leitung von Professor Gerhard Neukum entwickelt und in Kooperation mit Partnern aus der Industrie gebaut. Gerhard Neukum war von 2002 bis 2012 Professor für Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität. Die HRSC ist das erste Aufnahmesystem, das die Marsoberfläche zugleich hochauflösend, farbig und dreidimensional abbilden kann. Ihre Rohdaten durchlaufen am Institut für Planetenforschung des DLR in Berlin-Adlershof eine mehrstufige Vorprozessierung, bevor sie an der Freien Universität weiter verarbeitet werden.

Erst Anfang des Jahres wurde das Vorhaben High Resolution Stereo Camera an der Freien Universität Berlin zum fünften Mal verlängert. Bis Ende 2019 wird es mit knapp 2,7 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert, unterstützt durch das DLR Raumfahrtmanagement. Voraussichtlich noch in diesem Monat will die ESA entscheiden, ob es danach eine weitere Missionsverlängerung geben wird. „Treibstoff ist noch genug da“, sagt Stefanie Musiol. „Aber das kann sich auch von heute auf morgen ändern, wenn doch zusätzliche Manöver geflogen werden müssen, um die Umlaufbahn anzupassen.“

Die beiden Planetenforscherinnen Stefanie Musiol (links) und Heike Balthasar freuen sich auf die Besucher der Langen Nacht.
Die beiden Planetenforscherinnen Stefanie Musiol (links) und Heike Balthasar freuen sich auf die Besucher der Langen Nacht.
© Marina Kosmalla/ESA/DLR/FU Berlin

Ein Foto mit Raumanzug als Andenken

In der Langen Nacht der Wissenschaften präsentiert die Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung auf dem Campus in Dahlem Ergebnisse des HRSC-Kameraexperiments. In Heimkino-Atmosphäre können Besucherinnen und Besucher bei einem 3D-Überflug über den Mars dabei sein. „Wir haben gerade einen 3D-Beamer und entsprechende 3D-Brillen angeschafft“, sagt Balthasar. Außerdem wurden Texte zu den Filmen eingesprochen, die das Gezeigte erklären: die geologischen Strukturen und Objekte, die verschiedenen Arten von Gesteinen und Ablagerungen, die Oberflächenformen wie Flusstäler, Vulkane und Einschlagkrater sowie die Größe der Strukturen und wie sie möglicherweise entstanden sein könnten. Als Andenken können sich Hobby-Astronauten vor einer etwa zwei mal vier Meter großen Mars-Fotoleinwand fotografieren. Das Panoramabild wurde vom Rover „Curiosity“ auf der „Mars Science Laboratory“-Mission der NASA aufgenommen. Die Sonde landete im August 2012 auf unserem Nachbarplaneten.

Heike Balthasar ist bereits seit zehn Jahren bei der Langen Nacht dabei, Stefanie Musiol seit neun. „Es macht viel Spaß, ist aber auch eine Herausforderung. Denn wir versuchen natürlich, die Fragen der Interessierten verständlich und ohne Fachbegriffe zu beantworten.“ Die Planetenforscherinnen präsentieren die Arbeiten der Fachrichtung zum ersten Mal nicht auf dem Geo-Campus in Lankwitz, sondern in der Silberlaube in Dahlem. Daher freuen sie sich sehr darauf, sich in diesem Jahr auch selbst das vielfältige Angebot in Dahlem anschauen zu können.

Eine Reise zum Roten Planeten – Unterwegs mit der Raumsonde Mars Express, 17 bis 24 Uhr, Fabeckstraße 25, Raum L 25 (201c), alle Busrouten.

Marina Kosmalla

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