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Eine Frau lässt sich in der Praxis ihrer Hausärztin eine Impfung geben.
© Wolfgang Kumm/dpa

Schon 80 Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft: RKI geht von höherer Impfquote als gemeldet aus

Laut einem Bericht des Robert Koch-Instituts sind bereits mehr Menschen geimpft als statistisch erfasst. Wie kann das sein?

Die Corona-Impfungen in Deutschland sind nach einer neuen Auswertung des Robert Koch-Instituts (RKI) wohl schon weiter als in der Meldestatistik erfasst. Es sei anzunehmen, dass unter den Erwachsenen bereits bis zu 84 Prozent mindestens einmal und bis zu 80 Prozent vollständig geimpft sind, heißt es in einem aktuellen RKI-Bericht mit Stichtag 5. Oktober. Das entspräche jeweils um fünf Prozentpunkte höheren Impfquoten als nach offiziellen Meldungen der Impfstellen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von „richtig guten Nachrichten“ und hält Masken-Vorgaben im Freien nicht mehr für nötig - drinnen blieben Schutzregeln aber weiterhin wichtig.

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Die Impfkampagne sei „noch erfolgreicher als bisher gedacht“, sagte Spahn mit Bezug auf die RKI-Auswertungen. „Das gibt uns zusätzliche Sicherheit für Herbst und Winter. Wir wollen mit Umsicht und Vorsicht Schritt für Schritt zurück in Freiheit und Normalität.“

Die demnach nun erreichten Impfquoten machten es möglich, draußen auf Vorgaben etwa zum Tragen medizinischer Masken zu verzichten. In Innenräumen blieben Zugangsregeln für Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) mit der Option für 2G nur für Geimpfte und Genesene wichtig - ebenso Hygieneregeln mit Abstand und Masken besonders in Bus und Bahn.

„Aus heutiger Sicht wird es keine weiteren Beschränkungen mehr brauchen“, sagte Spahn mit Blick auf Herbst und Winter. „Jede weitere Impfung erhöht aber die Sicherheit und ermöglicht noch mehr Normalität“, sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur.

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Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte die neuen RKI-Daten plausibel. Trotzdem reiche dies noch nicht für einen „Freedom Day“ - also ein Ende aller Beschränkungen. „Ein paar Wochen 2G und gute Impfangebote würden helfen“, schrieb Lauterbach bei Twitter.

Das RKI erläutert in der Analyse, über die zunächst die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten, es liege nahe, „dass die im Digitalen Impfquoten-Monitoring berichtete Impfquote als Mindest-Impfquote zu verstehen ist und eine Unterschätzung von bis zu 5 Prozentpunkten für den Anteil mindestens einmal Geimpfter beziehungsweise vollständig Geimpfter angenommen werden kann.“

Die Schätzung beruht auf Bürgerbefragungen und Meldedaten. Zur Anschauung: Fünf Prozentpunkte bei Erwachsenen entsprechen grob überschlagen 3,5 Millionen Menschen.

Hintergrund ist, das in Befragungen des RKI deutlich mehr Menschen angeben, bereits geimpft zu sein, als in der Meldestatistik vermerkt sind. Nach deren Meldungen von Impfstellen wie Praxen, Betriebsärzte und Impfzentren haben bisher knapp 80 Prozent der Menschen ab 18 Jahren eine erste Spritze bekommen, gut 75 Prozent bereits die zweite.

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Bezogen auf die gesamte Bevölkerung sind nach Daten von Donnerstag nun 65 Prozent oder 54 Millionen Menschen vollständig mit der dafür meist nötigen zweiten Spritze geimpft. Mindestens eine erste Impfung haben 56,8 Millionen Menschen oder 68,4 Prozent aller Einwohner.

Das RKI nennt verschiedene Erkläransätze für eine höhere Impfquote unter den Erwachsenen - unter anderem, dass in den Befragungen wenig impfbereite Menschen unterrepräsentiert sind. Zudem gibt das RKI an, dass Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen nicht an der Befragung teilnehmen können. „Es besteht die Vermutung, dass Sprachbarrieren auch zu einer geringeren Inanspruchnahme der COVID-19 Impfung führen.“

Schon im August war die Rede von „gewisser Unsicherheit“

Zudem würden bestimmte Impfungen in der Statistik gar nicht erfasst. Bereits im August hatte das RKI von „gewisser Unsicherheit“ bei der Interpretation von Impfquoten-Daten berichtet.

Es gibt teils wohl auch Melde-Verzögerungen. So hätten bisher nur etwa die Hälfte der im digitalen System registrierten Betriebsärzte Impfungen über die Webanwendung gemeldet. Dies könnte „ein Hinweis auf eine Untererfassung der Impfquoten“ sein.

Zudem könne davon ausgegangen werden, dass im Praxisalltag nicht alle Impfungen über entsprechende Meldeportale übermittelt würden. Unter der Annahme, dass alle bis 27. September ausgelieferten Dosen bis zum 5. Oktober verimpft worden wären, erhöhte sich etwa der Anteil mindestens einmal geimpfter Menschen bei den Erwachsenen um 3,2 Punkte.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte es, wenn sich die Regierung bei der Beurteilung des Impffortschritts auf Umfragen verlasse. „Schließlich ist bekannt, dass bei Befragungen gern sozial erwünschte Verhaltensweisen angegeben werden“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Allein die Fakten sind entscheidend.“ Mit Lobeshymnen auf höhere Impfquoten leiste Spahn der Impfkampagne einen Bärendienst. (dpa)

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