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Wachstumsbeschleuniger: Phosphor lässt Pflanzen sprießen - aber der Stoff wird knapp

Um den Bedarf zu decken, muss das Recycling verbessert werden

Wenn in Marokko luxuriöse Bauprojekte geplant werden, die an den Reichtum der arabischen Erdöl-Emirate erinnern, ist in diesem armen Land vermutlich ein Schatz gefunden worden. Das Gold des nordafrikanischen Landes ist allerdings weder ein Edelmetall noch Erdöl. Der Reichtum Marokkos ist Phosphor. Der Fund ist auch nicht brandneu, im Landesinneren wird Phosphat – so der Sammelbegriff für viele Phosphorverbindungen – schon lange abgebaut. Zum Schatz wurde die Substanz erst vor wenigen Jahren: Kostete die Tonne Phosphat im Jahr 2006 noch durchschnittlich 44 Dollar, zahlte man zwei Jahre später bereits 430 Dollar.

Gleichzeitig verdreifachten sich zwischen dem Herbst 2005 und Mitte 2008 die Preise der wichtigsten Nahrungsmittel auf der Welt Reis, Mais, Weizen und Sojabohnen. Den Zusammenhang zwischen beiden Entwicklungen sieht ein Biochemiker sofort: Ohne Phosphor kann kein Lebewesen seine Erbsubstanz aufbauen. Genau dieses Element ist aber knapp, weniger als 0,1 Prozent der Erdkruste bestehen aus Phosphor. Mit diesem Mangel kommen die Lebewesen dennoch zurecht, weil sie den Stoff effektiv recyceln. „Im 19. Jahrhundert erkannte Justus von Liebig, dass man die Erträge steigern kann, wenn man den Ackerpflanzen mehr Phosphor zur Verfügung stellt“, sagt der Chemiker Günther Nausch, der am Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW) für die Nährstoffanalytik zuständig ist. Seit dieser Zeit düngen Bauern ihre Felder mit Phosphat.

Von den 17,5 Millionen Tonnen Phosphor, die 2005 auf der Welt abgebaut wurden, landeten dann auch 14 Millionen Tonnen bei den Düngemittelherstellern. Das berichten James Elser von der Universität Arizona in Tempe und Elena Bennett von der McGill Universität in Montreal im Fachblatt „Nature“ (Band 478, Seite 29). Weil die Substanz ein wichtiger Bestandteil von Knochen und Zähnen ist, wird sie als Zusatzstoff für Tierfutter verwendet. Größere Mengen machen außerdem Lebensmittel haltbar und werden zu Waschmitteln verarbeitet.

„Phosphor schwimmt zwar überall in geringen Konzentrationen in den Gewässern und steckt in den Böden“, sagt Nausch. Wirtschaftlich ist der Abbau aber nur an wenigen Orten. Drei Länder kontrollieren so 85 Prozent der Phosphorvorräte. Mit 47 Prozent liegt der größte Teil in den Böden von Marokko. Weil die Vorräte endlich sind und wohl nur noch wenige Jahrzehnte reichen, sind die Zusammenhänge zwischen 2006 und 2008 klar: Erst stiegen die Preise für Nahrungsmittel, dann wurde mehr angebaut, die Nachfrage nach Phosphatdünger wuchs und das Phosphat wurde teurer.

Das gleiche Spiel kennt die Weltwirtschaft vom Erdöl. Es gibt allerdings einen gravierenden Unterschied: Öl und Benzin lassen sich ersetzen, Autos und Eisenbahnen fahren auch mit elektrischen Strom. Leben ohne Phosphor funktioniert dagegen nicht, ohne dieses Element gibt es also weder Brot noch Butter. Kommt die Phosphorkrise, trifft sie die Menschheit viel härter als jede Ölkrise.

Vermeiden lassen sich Engpässe aber durchaus. So erreichen jährlich gerade einmal drei der 14 Millionen Tonnen Phosphor im Kunstdünger auch die Pflanzen, für die sie gedacht sind. Der größte Teil verfehlt sein Ziel und wird zum Beispiel vom Regen aus dem Boden in die Gewässer gewaschen. „Bessere Düngemethoden können den Phosphatverbrauch deutlich senken“, erläutert der IOW-Chemiker.

Zugleich landen 30 bis 40 Prozent der Nahrungsmittel nicht im Magen, sondern im Müll, schreiben Elser und Bennett. Auf diese Weise wird eine Million Tonnen des von den Pflanzen aufgenommen Phosphors verschwendet. Schuld sind zum Beispiel lange Handelswege, auf denen einiges verdirbt.

Um die Versorgung dauerhaft zu sichern wird Sparen allein nicht genügen, Phosphor muss recycelt werden. So scheidet jeder Mensch am Tag durchschnittlich 1,2 Gramm dieses Elements aus, das er vorher mit der Nahrung aufgenommen hat. Weltweit kommen so drei Millionen Tonnen im Jahr zusammen, von denen zurzeit gerade zehn Prozent wiedergewonnen werden, schreiben Elser und Bennett. Bisher wird zum Beispiel der aus Abwasser entstehende Klärschlamm entweder deponiert oder verbrannt.

Aus dem Abwasser aber könnte man Phosphor mit Hilfe von relativ billigem Magnesium wieder herausholen, auch aus der Verbrennungsasche könnte es gut recycelt werden, berichtet Thomas Dockhorn von der TU Braunschweig. Länder wie Deutschland und Schweden übernehmen dabei eine Vorreiterrolle und wollen 60 Prozent des Phosphors aus Abwässern wiedergewinnen.

Weitere sieben Millionen Tonnen Phosphor gelangen mit dem Mist und den Exkrementen des Viehs in die Umwelt. „Ein großer Teil davon landet in Gewässern und überdüngt sie“, sagt der IOW-Forscher Nausch. Da der Weg zum nächsten Acker oft zu weit für eine Verwendung als Dünger ist, könnte man daraus besser Bioenergie gewinnen und gleichzeitig den Phosphor aus den Abfällen fischen.

Das zeigt: Phosphor lässt sich zwar nicht ersetzen, aber immerhin recyceln. Nichts anderes passiert in der Natur, seit Organismen die Erde besiedeln. Roland Knauer

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