Weltraumforschung: Neuer Blick ins All
Größere Teleskope auf der Erde und im Weltall sollen tiefe Einblicke ins Universum ermöglichen
Seit fast zwei Jahrzehnten liefert „Hubble“ spektakuläre Bilder von kosmischen Gaswolken und Galaxien – und den Astronomen eine Unmenge wertvoller Daten über alle Arten von Himmelsobjekten, von den Planeten des Sonnensystems bis zu Quasaren am Rande des sichtbaren Universums. Doch inzwischen plagen das Weltraumteleskop Alterserscheinungen: Drei von sechs Steuerkreiseln, wichtig für die exakte Ausrichtung des Spähers, sind defekt, die Leistung der Batterien lässt nach und immer wieder fallen einzelne Geräte aus. Während die Experten der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa über eine letzte Reparatur- und Aufrüstungsmission zum Weltraumteleskop nachdenken, planen die Astronomen bereits für die Zeit nach Hubble.
Denn in den zwei Jahrzehnten seit dem Start von Hubble im Jahr 1990 hat sich die Teleskoptechnik rasant weiterentwickelt. Damals war der Sechs-Meter-Spiegel des Selentschuk-Observatoriums im nördlichen Kaukasus das größte Fernrohr der Welt – heute gibt es eine Vielzahl von Fernrohren mit Spiegeldurchmessern von bis zu elf Metern, die teilweise das Leistungsvermögen von Hubble übertreffen. Denn je größer der Spiegel, desto mehr Licht ferner Objekte kann ein Teleskop einsammeln. Zudem liefert ein größerer Spiegel schärfere Bilder.
Die bekanntesten Beispiele der neuen Fernrohrgeneration sind das „Very Large Telescope“ (VLT) der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile, eine Anlage aus gleich vier Teleskopen mit jeweils 8,2 Meter großen Spiegeln, sowie die zwei zehn Meter großen Keck-Spiegelteleskope auf Hawaii. Ein zusätzlicher Clou dieser Anlagen ist es, dass die einzelnen Teleskope auch zusammengeschaltet werden können, um noch schärfere Bilder zu erzeugen. Das VLT etwa kann so theoretisch das gleiche Auflösungsvermögen erreichen wie ein Fernrohr mit einem 200 Meter großen Spiegel. Allerdings funktioniert dieses „Interferometrie“ genannte Verfahren nur bei hellen Himmelsobjekten, da die Licht sammelnde Fläche eben nicht einem solchen Riesenspiegel entspricht.
Verständlich also, dass die Himmelsforscher auch damit nicht zufrieden sind und sich noch größere Fernrohre wünschen. Die amerikanischen Astronomen haben bereits mit dem Bau eines „Giant Magellan Telescope“ (GMT) begonnen, dessen Objektiv aus sieben einzelnen, jeweils 8,4 Meter großen Spiegeln bestehen soll und damit die Leistung eines Fernrohrs mit einem Spiegel von mehr als 20 Metern Durchmesser erzielen könnte. Die Finanzierung des Vorhabens ist zwar noch nicht vollständig gesichert, aber der erste Spiegel ist bereits in Auftrag gegeben. „Schon 2016 könnte das GMT in Chile in Betrieb gehen“, hofft Roger Angel vom Steward Observatorium in Arizona, der das Projekt maßgeblich vorantreibt.
Doch auch die europäischen Astronomen haben große Pläne. Bei der Europäischen Südsternwarte laufen die Planungen für den Bau des 42 Meter großen „European Extremely Large Telescope“ (E-ELT) auf Hochtouren. Bis 2017 soll das Instrument fertig sein – wo es errichtet wird, steht noch nicht fest. „Mit dem E-ELT können wir einen Blick auf die ersten Sterne und Galaxien werfen, die 400 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind“, schwärmt der Astronom Henri Boffin, Pressesprecher der ESO. „Das Auflösungsvermögen des Teleskops ist außerdem so groß, dass wir damit sogar erdähnliche Planeten bei anderen Sternen fotografieren können.“ Erst im Herbst hatten zwei Forschergruppen die ersten Fotos von solchen Exoplaneten veröffentlicht, was vom Wissenschaftsmagazin „Science“ als einer der wichtigsten Erfolge des Jahres 2008 gefeiert wurde.
Es sind vor allem zwei Entwicklungen, die den Bau immer größerer Teleskope ermöglichen: Zum einen werden immer dünnere Spiegel verwendet, zum anderen wird das Objektiv aus vielen einzelnen Segmenten aufgebaut. Dünne Spiegel verringern das Gewicht und erleichtern damit die Lagerung und Steuerung der Fernrohre. Sie haben allerdings den Nachteil, sich leicht zu verformen. Der Fortschritt der Elektronik erlaubt es aber inzwischen, solche Deformationen durch eine Vielzahl kleiner Motoren computergesteuert auszugleichen. So sind die 8-Meter-Spiegel des VLT nur 17,5 Zentimeter dick. 150 Stellmotoren regeln permanent die Form jedes Spiegels – bis zu 1000-mal pro Sekunde.
Je größer die Spiegel, desto schwieriger ist ihre Herstellung. So kommt es beispielsweise immer wieder vor, dass die Glasrohlinge beim Abkühlen aufgrund von inneren Spannungen reißen. Einen Ausweg bietet die Segmentierung: Dabei besteht das Fernrohrobjektiv nicht aus einem, sondern aus vielen kleineren Spiegeln. Die Einzelspiegel sind dabei sechseckig, sodass sie die Gesamtfläche ohne Lücken überdecken. Aus jeweils 36 solcher Spiegelwaben bestehen beispielsweise die Objektive der Keck-Teleskope. Der Objektivspiegel des E-ELT soll sich nach den gegenwärtigen Plänen sogar aus insgesamt 906 solcher Segmente zusammensetzen, die jeweils einen Durchmesser von 1,45 Metern haben.
Obwohl die Fernrohre auf der Erde immer größer werden – die Weltraumteleskope sind nach wie vor wichtig. „Die Lüfthülle unserer Erde lässt nur Strahlung mit bestimmten Wellenlängen hindurch“, erläutert Jürgen Schmitt von der Hamburger Sternwarte. „Nur vom Weltraum aus können wir ein Objekt über das ganze Spektrum hinweg beobachten.“
Auch Hubble observiert nicht nur im sichtbaren Licht, sondern zusätzlich in den angrenzenden ultravioletten und infraroten Strahlungsbereichen. Im Frühjahr startet die europäische Raumfahrtbehörde Esa mit „Herschel“ das bislang größte Teleskop für den langwellige Infrarotstrahlung. Sein Spiegel hat einen Durchmesser von 3,5 Metern. Und auch das als Nachfolger für Hubble geplante und bereits im Bau befindliche „James Webb Space Telescope“ (JWST) ist kein optisches Instrument mehr, sondern ein Infrarotfernrohr. Infrarotstrahlung ist Wärmestrahlung: Bei der Beobachtung vom Erdboden aus stören selbst die Wärme der Luft und des Teleskops die detaillierten Messungen. Im Weltall lässt sich ein Fernrohr wesentlich leichter kühl halten. Um es zusätzlich vor der Wärmestrahlung von Sonne und Erde zu schützen, sollen sowohl Herschel als auch das James-Webb-Teleskop 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in Gegenrichtung zur Sonne stationiert werden.
Der Start des JWST ist für Juni 2013 geplant. Erst im Weltall soll sich der 6,5 Meter große Spiegel entfalten, der aus 18 sechseckigen Teilen besteht. Im Gegensatz zu Herschel beobachtet das JWST im nahen Infrarotbereich, der unmittelbar an das sichtbare Licht angrenzt.
Bis die nächste Generation der Fernrohre auf den Himmel gerichtet wird, vergehen aber noch einige Jahre – und in dieser Zeit könnte Hubble noch einmal eine große Rolle spielen. Zumindest, wenn die Nasa im Mai wieder Astronauten mit einer Raumfähre zu dem alternden Weltraumteleskop schickt. Ein kompletter Satz neuer Steuerkreisel sowie neue Batterien könnten die Lebensdauer Hubbles um mindestens fünf Jahre verlängern. Außerdem stehen zwei hochmoderne Instrumente zum Einbau in das Teleskop bereit: eine Weitwinkelkamera und ein Spektrograf. Beide Geräte würden die Empfindlichkeit Hubbles für infrarote, sichtbare und ultraviolette Strahlung um das 10- bis 30-fache steigern – und das Weltraumteleskop damit wieder für einige Jahre konkurrenzfähig machen.
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