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Ein zerstörtes Haus in Kathmandu nach dem Beben vom April 2015.
© AFP

Neue Gefahr: Nepal könnte noch stärkeres Beben erleiden

Der Himalaya gehört zu den gefährlichsten Erdbebengebieten. Forscher warnen nun vor einer noch größeren Katastrophe westlich der jüngsten Beben. Diese Region ist dicht besiedelt.

Nach wie vor werden in Nepal tausende Verletzte nur unzureichend versorgt, Millionen Obdachlose leben nach den Erdbeben mit den Stärken 7,8 und 7,3 in provisorischen Zeltstädten. Nun warnt eine internationale Forschergruppe vor einem noch stärkeren Erdbeben weit westlich der jüngsten Epizentren. Ihre Analysen veröffentlichen sie zeitgleich in den Fachblättern „Nature Geoscience“ und „Science“.

Der Himalaya gehört zu den gefährlichsten Erdbebengebieten der Welt, jedes Jahr schiebt sich der indische Subkontinent zwei Zentimeter darunter. „Dadurch bauen sich Spannungen entlang der Hauptbruchzone auf“, sagt Jean-Philippe Avouac von der Universität Cambridge. „Diese müssen sich lösen und Erdbeben verursachen.“ Die Forscher analysierten seismische Daten eines Netzwerks aus 54 Stationen in Australien, wo sich die Erdbebenwellen im Himalaya mühelos nachweisen ließen. Zusätzlich nutzten sie hochaufgelöste Geländedaten des Radarsatelliten Sentinel-1 und Positionsdaten von GPS-Stationen im Himalaya. Mit Computermodellen konnten sie dann den Verlauf des Bebens vom 25. April, 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu, rekonstruieren. Ein Ergebnis: Mit einer Geschwindigkeit von etwa drei Kilometern pro Sekunde brachen die Gesteine über eine Strecke von 120 Kilometern auf.

Historische Aufzeichnungen erzählen von großen Zerstörungen

Die Geophysiker analysierten auch die Geschichte der Himalaya-Beben. Die Gegend um Kathmandu wurde über die Jahrhunderte regelmäßig erschüttert: 1255, 1344, 1621, 1833, 1934, 2015. Im indischen Kangra-Tal entluden sich die Spannungen zuletzt 1905 mit einer Bebenstärke von 8,1. Dazwischen klafft eine fast 800 Kilometer weite Lücke trügerischer Ruhe. Zuletzt bebte es in diesem Teil des Himalayas im Jahre 1505, vermutlich mit einer Stärke von 8,5. Historische Aufzeichnungen zeugen von großen Zerstörungen in Südtibet und entlang des südlichen Vorgebirges des Himalayas.

Käme es in dieser heute noch dichter besiedelten Region zu einem Starkbeben, wären die Auswirkungen unabsehbar. Avouac kann die Gewalt der über 500 Jahre aufgebauten Spannungen im Gestein nur grob schätzen: „Dort muss eine enorme Menge elastischer Energie verfügbar sein, die ein schweres Erdbeben verursachen könnte.“ So könnte ein Bruch die Erdkruste teilweise um zehn Meter versetzen. Zum Vergleich: Das Beben Ende April, dem etwa 9000 Menschen zum Opfer fielen, löste eine horizontale Bewegung des Gebietes von bis zu zwei Metern in Nord-Süd-Richtung aus. wsa

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