Stiftung: Neinstein
Berlins Superstiftung soll nach dem großen Nobelpreisträger heißen – eine Ehre, um die sich manche vergeblich bemüht haben.
Entstehen für die von Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner geplante Einstein-Stiftung etwa nicht vorhergesehene Kosten? In Wissenschaftskreisen kursieren Gerüchte, die Verwendung des Namens Einstein könne teuer werden. Die Rede ist von einem „niedrigen sechsstelligen Betrag“ bis zu „mehreren Millionen Euro“.
Völlig aus der Luft gegriffen ist diese Sorge nicht. In der Tat darf sich nicht jeder Einsteins Namen einfach an die eigene Brust heften. Die Namensrechte liegen bei der Jerusalemer Hebrew University. Sie wurden ihr von den direkten Nachlassverwaltern des 1955 gestorbenen Physik-Nobelpreisträgers übertragen. Der Hebrew University sind aus Tantiemen bereits mehrere zehn Millionen Euro zugeflossen, teilt die Hochschule auf ihrer Homepage mit.
So musste 2005 der US-amerikanische Walt-Disney-Konzern für Spielzeugprodukte, die unter dem Namen „Baby Einstein“ vermarktet werden sollten, 2,6 Millionen US-Dollar zahlen. Zusätzlich sollten in den nächsten 50 Jahren der Name der Hebrew University und ihre Internetadresse auf jede Verpackung gedruckt werden.
Nun ist die geplante Berliner Einstein-Stiftung anders als Disney kein kommerzielles Unternehmen, selbst wenn sie Zustiftungen privater Mäzene erhofft. Es handelt sich um eine gemeinnützige Einrichtung, die exzellente Forschungsprojekte fördern soll. Das Geld kommt zunächst nur vom Land. Als Stiftungskapital stehen fünf Millionen Euro bereit, daneben kann die Stiftung jährlich bis zu 40 Millionen Euro verteilen.
Doch selbst für eine mit öffentlichem Geld finanzierte wissenschaftliche Einrichtung ist der Griff nach dem großen Namen nicht leicht. Das musste etwa die Universität Ulm feststellen. Anlässlich ihres 40-jährigen Gründungsjubiläums im Juni 2007 wollte sich die Hochschule nach Albert Einstein umbenennen. Ulm ist Einsteins Geburtsstadt, in der er 13 Monate lebte, bevor seine Eltern mit ihm nach München umzogen. Der Präsident der Uni Ulm, Karl Joachim Ebeling, erklärte den Wunsch nach Umbenennung damit, man wolle „dem Vorbildcharakter Einsteins in der Wissenschaft Rechnung tragen“. Vorsichtshalber hatte Ebeling schon lange vorher in Jerusalem wegen der Namensrechte angefragt – allerdings über ein Jahr keine Antwort erhalten.
Wenige Wochen nach dem Beschluss des Gremiums war der Traum vom neuen Namen dann aus. Die Hebrew University legte ein Veto ein. Der Präsident der Jerusalemer Universität habe ihn um „Verständnis für die grundsätzliche Linie der Nachlassverwalter gebeten, keinen anderen Bildungseinrichtungen die Übernahme des Namens Einstein zu gestatten“, erklärte Ebeling.
Damit wollte sich die Hochschule aber nicht abfinden. Sie bat erneut darum, Einstein-Universität heißen zu dürfen. Allerdings haben die Ulmer seitdem nichts mehr von der Hebrew University gehört – zu ihrer großen Enttäuschung. Denn immerhin habe der von Einstein persönlich eingesetzte Nachlassverwalter der Uni bereits 1980 erlaubt, sich nach Einstein zu nennen. Die Hochschule verlor das Vorhaben damals aus den Augen. Immerhin gibt es in Ulm inzwischen Einstein-Stipendien für Studierende.
Erfolgreicher war eine Ulmer Schule. Sie heißt seit 2005 Albert-Einstein-Gymnasium. Schulen könnten sich Namen von Personen der Zeitgeschichte geben, ohne zuvor die Zustimmung der Verwalter der Namensrechte einzuholen, sagt Rektor Bernhard Nagl. Das Berliner Einstein-Gymnasium verbindet allerdings eine besondere Geschichte mit seinem Namenspatron: 1954 erhielten Schüler aus Neukölln von Albert Einstein persönlich die Zustimmung, dem Gymnasium seinen Namen geben zu dürfen.
Und Berlins Einstein-Stiftung? Offensichtlich findet sie in Jerusalem mehr Sympathie als die Uni Ulm. Als Zöllner am 17. Oktober 2008 verkündete, dass die Stiftung nach Einstein benannt wird, dankte er der Hebrew University „für die Erlaubnis, den Namen verwenden zu dürfen“ – und für „das Angebot, die Zusammenarbeit zwischen der Einstein-Stiftung-Berlin und der Hebrew University Jerusalem zu verstärken“. Auf Nachfrage stellte Zöllners Büro jetzt klar: „Berlin zahlt für den Namen nichts – weder einmalig noch laufend.“ Das bestätigt die Hebrew University. Man habe der Stiftung erlaubt, Einsteins Namen zu tragen, „um zum öffentlichen und wissenschaftlichen Prestige der Berliner Einstein-Stiftung beizutragen“, teilt Hillel Bercovier, Vizepräsident für Forschung, mit. Die Hebrew University dürfe dafür den Präsidenten oder seine Vertretung in den Stiftungsrat entsenden, und die Hochschule dürfe Anträge unter den gleichen Bedingungen wie die Berliner Institutionen einreichen.
Ein ähnliches Arrangement hat das 1993 in Potsdam gegründete Einstein-Forum mit der Hebrew University getroffen. Ein Mitglied der Universitätsleitung ist ständig im Kuratorium der Stiftung vertreten, es gebe zudem eine enge wissenschaftliche Kooperation, heißt es aus Potsdam. Das Einstein-Forum versteht sich als Ort des internationalen wissenschaftlichen Austausches, veranstaltet interdisziplinäre Tagungen und Workshops – und verwaltet Albert Einsteins Sommerhaus in Caputh bei Potsdam.
Ein kleines Risiko ging Zöllner mit der Bekanntgabe des Namens für die „Superstiftung“ im Oktober aber offenbar doch ein. Denn die Zusage aus Jerusalem, den Namen verwenden zu dürfen, „erfolgte am 20.11.2008“, teilt die Senatsverwaltung mit – also über einen Monat nach der Verkündung durch Zöllner.
An der Universität Ulm weckt der Vorgang in Berlin unterdessen neue Hoffnungen. Das „könnten wir in die Argumentation einbeziehen, wenn wir die Umbenennung weiterverfolgen“, heißt es aus dem Präsidialbüro.
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