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Mars
© p-a/dpa

Astronomie: Mysteriöser Mars

Aus unserem Nachbarplaneten strömt zeitweise Methan. Stammt es von Bakterien?

Wenn es um mögliche Orte für außerirdisches Leben geht, wird oftmals der Mars genannt. Jahrhundertelang erschien unser Nachbarplanet der Erde so ähnlich, dass es dort wohl am ehesten Organismen geben könnte. Mit jeder Mission, die weitere Daten von dem Himmelskörper zur Erde funkte, sank allerdings die Wahrscheinlichkeit, dort ein wie auch immer entwickeltes Leben zu finden. Unendliche Steinwüsten zeigen die Bilder von seiner Oberfläche. Temperaturen, die im Laufe eines Tages zwischen 20 Grad plus und 80 Grad minus schwanken, ermittelten die vorbeifliegenden Messsonden. Wasser gibt es zwar, doch das ist zu Eis gefroren oder gasförmig.

Im Jahr 2003 schließlich gab es neue Hoffnung, als erstmals Methan in der Marsatmosphäre nachgewiesen wurde. Das Gas kommt auch auf der Erde vor und wird hier zu großen Teilen von Mikroben produziert, die etwa in Sumpfgebieten leben oder in den Mägen von Rindern und anderen Wiederkäuern. Woher das Mars-Methan stammt, ist noch völlig unklar, doch seine Existenz löste heftige Spekulationen aus. Vor allem deshalb, weil es nicht dauerhaft in der Atmosphäre schwebt, sondern offenbar zeitweise und nur an bestimmten Stellen aus der Planetenoberfläche strömt. Über Details dieser Entdeckung berichtet ein internationales Forscherteam um Michael Mumma vom Goddard Space Flight Center der US-Raumfahrtbehörde Nasa online im Fachjournal „Science“.

Umstrittene Messwerte

Die Wissenschaftler analysierten den Gasgehalt auf dem Mars an mehreren ausgewählten Tagen seit dem Jahr 2003. Dafür nutzten sie drei Infrarotspektrometer auf Hawaii. Die Messungen waren widersprüchlich. Oftmals konnten die Forscher nur ein schwaches Signal extrahieren, denn Methan kommt in der Marsatmosphäre höchstens in Konzentrationen von wenigen Millionsteln vor. Im März 2003 jedoch zeigte sich im Infrarotspektrum ein deutlicher Hinweis auf das Gas: Den Berechnungen zufolge mussten auf der Nordhalbkugel binnen kurzer Zeit rund 19 000 Tonnen freigesetzt worden sein, um dieses starke Signal zu erzeugen.

„Die Messungen waren in der Forschergemeinde lange Zeit umstritten“, sagt Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPI) in Katlenburg-Lindau. „Auf dem Mars stürmt es heftig, oftmals mit bis zu 200 Kilometern pro Stunde. Wenn es eine lokale Häufung von Methan gibt, würde das Gas binnen weniger Tage über den Planeten verteilt und soweit verdünnt, dass es von der Erde aus kaum nachweisbar ist.“ Es sei schon ein großer Zufall gewesen, dass die Astronomen ihre Messgeräte genau an jenem Tag auf den Roten Planeten gerichtet haben, an dem es einen Methanausbruch gegeben haben soll. Viele Fachkollegen hätten die Daten deshalb für Fehlmessungen gehalten. „Die von Science eingesetzten Gutachter für die Publikation sind aber sicher Experten, so dass man die Untersuchung ernst nehmen kann“, sagt Hartogh.

Aggressive Chemikalien zerstörten das Gas wieder

Tatsächlich: So schnell das Methan gekommen war, so schnell verschwand es auch wieder, wie die Messungen belegen. Das lasse sich aber nicht allein mit der Verteilung des Gases in der gesamten Atmosphäre erklären, schreibt das Team um Mumma. Auch die fotochemischen Reaktionen, die durch das Bombardement mit UV-Strahlung ausgelöst werden, können den Methanabbau nicht allein leisten. Offensichtlich wird er maßgeblich von Peroxiden, zum Beispiel Wasserstoffperoxid (H2O2), vorangetrieben.

Mehrere Marsforscher haben bereits auf die stark oxidierende Wirkung dieser Verbindungen hingewiesen. Auf dem Roten Planeten entstehen sie unter anderem während der gewaltigen Staubstürme. Dann entwickeln sich starke elektrische Felder, die sich mit Hilfe heftiger Blitze ausgleichen – ideale Bedingungen für Peroxide.

Doch wie gelangte das Methan in die Atmosphäre? Die Messungen zeigen, dass es während des Mars-Sommers freigesetzt wurde. Offenbar führen die erhöhten Temperaturen dazu, dass das Gas besser aus dem Untergrund an die Oberfläche strömt, vermuten die Nasa-Forscher. So wurden beispielsweise hohe Methangehalte nahe der Region „Syrtis Major“ gefunden, in der die obere Schicht teilweise kollabiert ist. Derartige Strukturen sind typisch für Ausgasungen aus unterirdischen Reservoirs.

Leben unter der Marsoberfläche Mikroben?

Wie das Methan entstand, bleibt aber unklar, schreiben Mumma und sein Team. „Der Mars ist immer noch geologisch aktiv“, sagt der MPI-Forscher Hartogh. „Das Gas könnte also durch Vulkanismus gebildet werden.“

Allerdings kommen dafür auch Organismen infrage. Auf der Erde wird mehr als 90 Prozent des Methans von Lebewesen erzeugt – und die finden sich durchaus auch unter extremen Bedingungen. In Südafrika haben Forscher in mehr als zwei Kilometer Tiefe Einzeller entdeckt, die seit Jahrmillionen im Gestein leben und einen einfachen Kohlenstoffwechsel haben, bei dem Methan entsteht. Dass es solche Lebensformen auch auf dem Mars gibt, könne nicht ausgeschlossen werden, schreiben die Forscher um Mumma.

Ursprung des Methans bleibt unklar

„Ob das Methan biologischen oder geologischen Ursprungs ist, kann man mit den Instrumenten hier auf der Erde nicht klären“, sagt Hartogh. Es sei nicht mal klar, ob das Gas kurz vor den Ausbrüchen gebildet wird oder ob es vor Urzeiten entstand, im Untergrund fixiert wurde und jetzt portionsweise abgegeben wird. Um das zu klären, müsste man Proben aus der Atmosphäre des Planeten entnehmen und in Labors auf der Erde analysieren.

Doch davon sind die Wissenschaftler noch weit entfernt. Zwar ist es möglich, unbemannte Sonden zum Roten Planeten zu entsenden. Ein Rücktransport von Luftproben oder gar Marsgestein wäre um ein Vielfaches teurer als die Einweg-Missionen, die bereits mit weit über einer Milliarde Euro gelistet werden.

„Ich glaube kaum, dass ein solches Projekt binnen der nächsten 20 Jahre gestartet wird“, sagt Hartogh. Doch erst dann wird sich zeigen, ob das Methan wirklich von Bakterien stammt. „Manche Forscher vermuten, dass die Peroxide, die das Gas so schnell abbauen, auch jegliches Leben nahe der Oberfläche unmöglich machen“, gibt er zu bedenken.

Solange diese Annahme nicht bewiesen ist, kann man weiter an geheimnisvolle Organismen auf dem Mars glauben.

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