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Mit der Kraft des Lichts. Ultrastarke Laserblitze des Hochleistungslasers „Draco“ am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gelangen in diese Vakuumkammer und feuern auf ein Material. Auf einer Strecke von wenigen Millimetern entsteht ein Plasma.
© HZDR / R. Weisflog

Teilchenbeschleunigung: Mit Laserblitzen gegen Krebs

Ein deutsch-israelisches Institut erforscht neue Wege der Tumortherapie: Ionen oder Elektronen sollen mit Licht so stark beschleunigt werden, dass sie Krebszellen zerstören.

Das Ziel ist immer der Krebs. Mit Elektronen, Protonen oder anderen Partikeln können wuchernde Zellen beschossen und damit abgetötet werden. Doch dazu müssen die Elementarteilchen zuvor beschleunigt werden. Als Turbo dienen dafür in der Regel Radiowellen, auf denen die Teilchen wie ein Surfer in der Brandung reiten und mitgerissen werden. Um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, braucht es dafür bislang Beschleunigeranlagen mit teils kilometerlangen Röhren wie beispielsweise beim Genfer Kernforschungszentrum Cern.

Teilchen mit Licht auf Trab bringen

Mit wenigen Millimetern kommt hingegen eine Technik aus, mit der Teilchen in Sekundenbruchteilen von null auf (beinahe) Lichtgeschwindigkeit katapultiert werden können – die Laserplasma-Beschleunigung. Um diese Technik weiterzuentwickeln und sowohl für die Grundlagenforschung als auch die Anwendung in Medizin und Materialwissenschaft einsetzbar zu machen, hat die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein Institut im Ausland gegründet, das Weizmann-Helmholtz-Laboratorium für Laser-Materie-Interaktion („Whelmi“), das am Mittwoch auf dem Gelände des Weizmann-Instituts in Rehovot bei Tel Aviv eröffnet wurde.

Je 1,25 Millionen Euro steuern das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und die Helmholtzgemeinschaft in den nächsten fünf Jahren bei. Vom Weizmann-Institut kommen weitere 2,5 Millionen Euro.

Miniatur-Beschleuniger

„Die Idee einer Zusammenarbeit entstand vor knapp zwei Jahren“, sagt Roland Sauerbrey, Wissenschaftlicher Direktor des HZDR. Während man in Dresden mit dem leistungsstärksten Laser Europas "Penelope", einem Petawatt-Laser, ausgestattet ist, sind die Kollegen am Weizmann-Institut vor allem Experten für das Material, worauf der Laser schießen muss, um den gewünschten Elektronen- oder Ionenstrahl zu erzeugen, Target genannt. „Man schießt mit dem Laser zum Beispiel auf eine Metallfolie, und was dann am Ende an Teilchen entsteht, hängt von den Eigenschaften der Folie ab“, sagt Sauerbrey. So kann die Folie mal dicker oder dünner sein, eine besondere Oberfläche oder andere Bestandteile enthalten.

Auch Flüssigkeiten oder Gase dienen den Forschern als Targets. Welche sich für klinische Anwendungen eignen, soll am „Whelmi“ in Rehovot ausgelotet werden. Dabei konzentrieren sich die Weizmann-Forscher eher auf das Erzeugen von Elektronenstrahlung, während man in Dresden-Rossendorf mit Protonen- oder auch Ionenstrahlen experimentiert. „Wir ergänzen uns gut“, sagt Sauerbrey. „Ein wichtiges Ziel des Whelmi wird sein, Beschleuniger auf einige Meter Größe zu miniaturisieren.“

Das Prinzip funktioniert. Ein Hochleistungslaser feuert auf das Target, wodurch den Atomen die Elektronen entrissen werden. Es entsteht ein Plasma, das wiederum ein elektrisches Feld erzeugt, das Elektronen- oder Ionenpakete in Sekundenbruchteilen auf Energien von bislang 4000 Megaelektronenvolt beschleunigen kann – mit konventionellen Beschleunigern bräuchte es dafür eine „Rennstrecke“ für die Partikel von mehreren hundert Metern.

Qualität des Strahls noch nicht konkurrenzfähig

Ganz so ausgereift wie die konventionellen Beschleuniger ist die Lasertechnik noch nicht. „Die Qualität und Wiederholrate des Strahls, der aus einem Laserplasma-Beschleuniger kommt, ist noch nicht konkurrenzfähig“, sagt Sauerbrey, „aber für manche Anwendungen braucht man diese hohe Strahlqualität auch nicht, zum Beispiel für medizinische Anwendungen.“ In Dresden-Rossendorf sei man mit der Technik bereits im Stadium erster Tierexperimente, bis zu einer klinischen Anwendung beim Menschen könnten aber noch zehn Jahre vergehen.

Der medizinische Vorteil, den sich Ärzte von einer Behandlung mit Protonen- oder Partikelstrahlen erhoffen, liegt in der Schonung des gesunden Gewebes. Während Röntgenstrahlen ihre Energie auf dem Weg ins Innere des Körpers zum Tumor auch auf die gesunden Zellen vor dem Tumor übertragen, laden Protonen oder Ionen ihre Energiepakete erst in einer definierten Tiefe ab und schonen so das umliegende Gewebe.

600 Tonnen schwere Magneten

Das Erzeugen dieser Strahlung hat ihren Preis. 100 Millionen Euro können Anlagen wie das „Hit“ in Heidelberg oder die Anlage in Dresden am „Oncoray“ kosten, und nicht nur aufgrund der langen Rennstrecken für die Teilchenbeschleunigung. Auch die Röhre, die „Gantry“, in der der Patient liegt und die den Strahl so umlenkt, dass er den Körper an der richtigen Stelle trifft, treibt den Preis hoch. „Eine Gantry besteht aus vielen Magneten, die bis zu 600 Tonnen wiegen und mit Submillimetergenauigkeit rotieren müssen, eine Technik, die wir vereinfachen wollen“, sagt Sauerbrey. Der Vorteil der per Laser erzeugten Strahlung ist, dass sie direkt beim Patienten erzeugt werden kann und dann mit wenigen Umlenkmagneten zum Ziel gebracht wird.

So sehr Sauerbrey die Anwendungsmöglichkeiten der Lasertechnologie in der Krebstherapie betont, den Physiker interessiert an Whelmi in erster Linie Grundlagenforschung. Und dafür sei das Weizmann-Institut der ideale Partner. „Unsere Strategie ist, dass wir keine Strategie haben“, sagt Weizmann-Direktor Daniel Zajfman. Die grüne Anlage inmitten des trockenen Israels gleicht mit ihren Palmen und Oleanderhecken eher einem Erholungspark als einer Denkfabrik. Forscher, von denen die besten der Welt mit viel Geld nach Rehovot gelockt werden, sollen hier die Freiheit genießen, nicht ergebnisorientiert, sondern frei von Zwängen neuen Ideen nachzugehen.

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