Gelehrte und Gesellschaft: Merkel: Die Politik braucht die Wissenschaft
Beim Leibniztag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften lobt die Kanzlerin den Expertenrat als "Kompass". Dem muss man nicht folgen.
„Wissenschaft muss Spaß machen“, meint Martin Grötschel, designierter Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Die Teilnehmer der dritten Runde der Nationalen Mathematik-Olympiade der DDR des Jahres 1971, deren Foto der Mathematikprofessor bei der Festsitzung zum Leibniztag und zu seiner Amtseinführung zeigte, wirken tatsächlich zufrieden. In der Mitte der Gruppe sitzt die Schülerin Angela Kastner – nicht zuletzt erkennbar anhand der typischen Haltung der Hände. Bundeskanzlerin Angela Merkel freute sich am Samstagvormittag im Konzerthaus am Gendarmenmarkt sichtlich über das Jugendbildnis – und über die Überleitung zu ihrer Festrede. Neben viel Lob für die Zusammenführung der Akademien durch die Neugründung der Berlin-Brandenburgischen Akademie vor 25 Jahren, aber auch für die zehnjährige Amtsführung von Günter Stock, enthielt die Rede vor allem Gedanken über das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik.
Die Bundeskanzlerin versicherte, dass die Stimme der Wissenschaft in der Politik Gehör findet. „Wir sind in vielen Fragen auf die Expertise der Wissenschaft angewiesen.“ Man brauche wissenschaftliche Expertise als „Kompass“, könne ihr allerdings nicht unbedingt zwingende Lösungen entnehmen.
Bevor sie nach Elmau aufbrach, erinnerte Merkel daran, dass in die Vorbereitung des G-7-Treffens Wissenschaftler eingebunden waren. Unter anderem soll es dort um Antibiotika-Resistenzen und vernachlässigte Tropenkrankheiten gehen. Im Miteinander der Regionen und Länder habe die Wissenschaft heute eine Brückenfunktion.
Zugleich stünden die Länder aber in einem globalen Innovationswettbewerb: „Wer sich da zurücklehnt, droht zurückzufallen.“ Schon deshalb sei es der Bundesregierung ein Anliegen, Karrierewege für Nachwuchswissenschaftler zu schaffen. Die Akademien mit ihrer ehrfurchtgebietenden Geschichte und ihrem heutigen Selbstverständnis als „Arbeitsakademien“ sieht die Bundeskanzlerin als „Orte der Vernunft“, die mit Verlässlichkeit punkten.
Adelheid Müller-Lissner