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Zusammen is(s)t man schwerer als allein. Wer in einer festen Beziehung lebt, bringt etwas mehr auf die Waage als Singles. Im Durchschnitt sind es aber nur zwei Kilo.
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Was die Ehe bringt: Mehr Kilos und mehr Lebenszeit

Menschen in festen Partnerschaften wiegen etwas mehr als Singles, zeigt eine große europäische Studie. Ein Gesundheitsrisiko ist diese Lebensform aber nicht. Sie bietet einige Vorteile, bezogen auf die Gesundheit.

Es geht zwar nur um den statistischen Durchschnitt, doch der Befund ist eindeutig: Wer in einer festen Partnerschaft mit einem anderen Menschen zusammenlebt, hat einen etwas höheren Body Mass Index (BMI) als ein – in anderer Hinsicht vergleichbarer – Single. Das ergab die erste Untersuchung ihrer Art, für die 4555 Bürger neun europäischer Länder persönlich befragt wurden. Wissenschaftler der Universität Basel, des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und der in Nürnberg ansässigen Gesellschaft für Konsumforschung haben die Ergebnisse jetzt in der Zeitschrift „Social Science and Medicine“ veröffentlicht. Sie stellen fest, dass sie nicht nur verheiratete, sondern auch für zusammenlebende Paare gelten. Die alleinstehenden Männer kamen auf einen Durchschnitts-BMI (Gewicht in Kilogramm geteilt durch die Größe in Metern im Quadrat) von 25,7. Ihre verheirateten Geschlechtsgenossen lagen im Schnitt bei 26,6. Bei den Frauen waren die entsprechenden Werte 25,1 beziehungsweise 25,6. Mittelgroße Verheiratete wiegen damit im Schnitt etwa zwei Kilo mehr als Singles gleichen Alters und Bildungsstands.

Ist eine feste Beziehung schlecht für die Gesundheit?

Da der BMI der Beteiligten im Schnitt leicht über der magischen Grenze von 25 liegt, ab der die Weltgesundheitsorganisation (WHO) heute von Übergewicht spricht, ist man nun geneigt zu fragen: Ist eine feste Beziehung schlecht für die Gesundheit? Dagegen spricht allerdings nicht allein das Gefühl der glücklich Liierten. Auch eine Reihe wissenschaftlicher Studien konnten in den letzten Jahren belegen, dass länger lebt, wer zusammenlebt – wobei zumeist nur das eheliche Zusammenleben heterosexueller Paare berücksichtigt wurde. Die Altersforscherin Ilene Siefer aus North Carolina veröffentlichte etwa im Jahr 2013 die Langzeitdaten von 5000 ehemaligen College-Absolventen und -Absolventinnen. Demnach wirkte sich der Beziehungsstatus klar auf die Lebensdauer aus. Im 1921 begonnenen kalifornischen „Longevity Project“ hatte sich gezeigt, dass die Ehe vor allem den Männern Lebensjahre schenkt. Harry Reis von der Universität Rochester wiederum zeigte, dass verheiratete Männer nach einer Bypass-Operation länger leben als unverheiratete. Und dass dieser Zusammenhang bei den Frauen aber nur stimmt, wenn sie sich in ihrer Ehe glücklich fühlen.

Eine Scheidung hat teils traumatische Elemente

Die US-Ökonominnen Jennifer Kohn und Susan Averett wiederum stellten in ihrer 2014 veröffentlichten Metaanalyse fest, dass die Ehe vor allem der Gesundheit von Menschen über 45 Jahren dienlich ist. Generell jedoch sei es nicht schlechter für die Gesundheit, niemals den Bund der Ehe zu schließen. Anders sieht es mit Scheidungen aus. Sie sind besonders für jüngere Männer ein gesundheitlicher Risikofaktor. Über die genauen Ursachen äußern sich die Forscherinnen nicht. Mehrere Studien haben jedoch gezeigt, dass eine Scheidung für die einstigen Ehepartner teils traumatische Elemente haben kann. In ihrer Wahrnehmung ist das gewählte Lebensmodell gescheitert, und das hat psychische Folgen, die sich auf die Gesundheit auswirken können.

Zu der Frage, wie gesund oder ungesund eine feste Partnerschaft ist, machten sich Kohn und Averett auch Gedanken über einen Faktor, der die Studienresultate verfälschen könnte. Möglicherweise sind es die von vorneherein gesünderen und auch besonders gesundheitsbewussten Menschen, die die Lebensform Ehe bevorzugen. Analog könnte man auch die Ergebnisse der nun erschienenen europäischen Studie interpretieren: Sind Zusammenleben und gemeinsame Haushaltsführung nicht besonders für Menschen attraktiv, die zuvor schon gern gut und ausgiebig in Gesellschaft getafelt haben? Dafür spricht, dass die befragten Verheirateten angaben, selten Fertiggerichte zu verzehren und weniger auf den Fettgehalt der Produkte zu achten. Sie bevorzugen dafür aber unverarbeitete Lebensmittel sowie regionale und fair gehandelte Produkte. Mit anderen Worten: Sie kaufen bewusst ein und kochen gern. „Das Verheiratetsein bringt Vorteile wie mehr soziale und finanzielle Ressourcen, die über das Körpergewicht hinaus Gesundheit und Langlebigkeit fördern“, sagt Studienautorin Jutta Mata, Psychologin an der Universität Basel.

Verheiratete Männer treiben weniger Sport

Besonders die verheirateten Männer geben allerdings an, weniger Zeit mit Sport und Bewegung zu verbringen als ihre unverheirateten Geschlechtsgenossen. Das wiederum ist nicht so gut für die Figur und die Gesundheit. Die „Heiratsmarkt“-Hypothese, der zufolge Menschen, die schon einen festen Partner gefunden haben, sich weniger um ihr Aussehen bemühen, scheint sich hier zu bestätigen.

Was den isolierten BMI-Wert betrifft, so ist indes schon länger klar, dass er nicht das Maß aller Dinge ist. Schon gar nicht, wenn es um wenige Kilogramm geht. „Der Unterschied, der allein auf das Verheiratetsein zurückzuführen ist, erwies sich in der Studie zwar als extrem stabil, auch über die neun Länder hinweg, aber nicht als sonderlich groß. Es ist daher unwahrscheinlich, dass er einen sehr großen Effekt auf Gesundheit und Langlebigkeit hat“, sagt Mata. Und sie fügt hinzu: „Daher ist die Beachtung des Familienstandes für die Schlankheit einer Nation nur ein kleiner Faktor.“ Ihn nicht zu beachten, würde ihrer Ansicht nach aber einen Ansatzpunkt für die Prävention von Übergewicht verschenken. Übergewicht entsteht durch sehr viele verschiedene Faktoren, von denen keiner allein verantwortlich ist. Daher ist es wichtig, möglichst viele Einflussfaktoren in die Vorbeugung von Übergewicht einzubeziehen.

Bleibt übrigens noch nachzutragen, dass in der repräsentativen Studie unter allen Verheirateten spanische und deutsche Ehefrauen die einzigen sind, die etwas weniger wiegen als die Single-Frauen ihres Landes. Statistisch ist der Unterschied allerdings nicht signifikant.

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