Klimaforschung: Luftpost aus der Sahara
Der Staub der Wüste fliegt tausende Kilometer weit. Mit einem Spezialflugzeug und Lasergeräten ergründen Forscher in der Karibik, welche Folgen das für das Klima hat.
Wenn wieder einmal eine Hitzewelle aus dem Süden nach Mitteleuropa drängt, färbt manchmal auch Staub aus der Sahara den Himmel über den Alpen schmutzig braun und gibt dem Regen einen schlammigen Ton. Ansonsten macht sich die ferne Wüste beim Wetter hierzulande nur selten bemerkbar. Weltweit sieht das schon anders aus. Schließlich bläst der Wind jedes Jahr rund 1,5 Milliarden Tonnen Staub aus den Wüsten in den Himmel. Um diese Menge abzufahren, bräuchte man mehr als 50 Millionen schwere Sattelzüge. Bei solchen gigantischen Mengen an Staub am Himmel kann ein Einfluss aufs Klima kaum ausbleiben.
Wie der genau aussieht, untersuchen derzeit deutsche Forscher im Atlantik zwischen den Kapverdischen Inseln und Barbados. Denn über diese Route bläst der Passatwind jede Menge Wüstenstaub. Gleich am ersten Tag hatten die Forscher Glück und trafen auf eine mächtige Staubwolke. „Die konnten wir mit dem Forschungsflugzeug ,Falcon’ von den Kapverden bis in die Karibik verfolgen und mit unseren Instrumenten messen“, berichtet Bernadett Weinzierl vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen.
Besonders interessiert sie, wie der Staub sich auf seinem Weg über den Atlantik verändert. Die Erkenntnisse sollen helfen, große Unsicherheiten zu beseitigen, die nach wie vor in der Klimaforschung über Staub bestehen. Einige grundlegende Zusammenhänge konnten in den vergangenen Jahren aufgedeckt werden. So bläst der Wind in der Sahara verschieden große Staubkörnchen in die Luft, deren Durchmesser oft nicht einmal einen Tausendstelmillimeter erreicht. Mit bloßem Auge sieht man daher nur eine Dunstwolke. Wie normale Wolken aus Wasserdampf reflektieren die Staubteilchen dort oben Sonnenstrahlen. Unter einer solchen Wolke gibt es weniger Licht und es wird daher kühler, während die „Aerosole“ genannten Schwebeteilchen oben Sonnenwärme speichern und so die Luft in der Höhe aufheizen können. Nachts hingegen fangen die Staubpartikel die infrarote Strahlung ab, die von der erwärmten Erdoberfläche aufsteigt. Dadurch erwärmt sich die Atmosphäre. Beide Effekte hängen obendrein von der Größe der Staubkörner ab. Je größer die Partikel, umso besser fangen sie zum Beispiel die Wärmestrahlen vom Boden ab.
„Selbst richtig große Teilchen mit 10 oder 20 Mikrometern werden vom Passatwind bis in die Karibik getragen, wo wir sie ebenfalls bereits entdeckt haben“, sagt Weinzierl. Da schwere Staubkörner viel schlechter als kleine Leichtgewichte in der Luft schweben, sollten auf dem langen Weg deutlich mehr der großen Kaliber im Ozean landen als von den kleinen. Soweit die Theorie, wie das Ganze in der echten Klimaküche über dem Atlantik aussieht, messen die Forscher jetzt vom Boden, aus der Luft und auch von Satelliten aus.
Die Aerosole haben jedoch noch einen weiteren Einfluss auf das Klima. An ihnen schlägt sich die praktisch immer vorhandene Luftfeuchtigkeit nieder und es bilden sich kleine Tröpfchen. Weil an ihnen weiterer Wasserdampf kondensiert, wachsen sie weiter, bis die Luftfeuchtigkeit zu gering wird. „Schweben also viele Aerosole in der Luft, entstehen auch viele, eher kleine Wassertröpfchen“, sagt die DLR-Forscherin. Diese halten sich länger in der Luft als schwere Tropfen. So entstehen weiße Wolken, die Sonnenstrahlen gut reflektieren und dadurch das Klima in den tiefen Schichten der Atmosphäre kühlen.
Besonders gut schlägt sich in Laborversuchen die Luftfeuchtigkeit am Saharastaub nieder, wenn es kalt ist. Dann bilden sich keine Wassertröpfchen, sondern winzige Eiskristalle, die das Sonnenlicht noch besser reflektieren. „Wir wollen mit unseren Experimenten auch herausfinden, ob der Saharastaub überhaupt in so hohe Luftschichten geblasen wird, in denen sich Eis bildet“, erläutert Weinzierl einen weiteren Aspekt der Forschungsflüge. Bei Oberflächentemperaturen von 30 Grad Celsius liegt die Frostgrenze in der Luft über diesen tropischen Gewässern in mehr als vier Kilometern Höhe. Zumindest im Sommer stehen die Chancen auf Eiswolken aus Saharastaub ersten Erkenntnissen zufolge gut.
Saharastaub ist bei Weitem nicht das einzige Aerosol in der Luft. Von den fünf Milliarden Tonnen Schwebeteilchen, die weltweit jedes Jahr in die Atmosphäre geblasen werden, sind rund 1,5 Milliarden Tonnen Wüstenstaub, von dem wiederum etwa 60 Prozent aus der Sahara kommt. Aus dem Süden der Wüste kommt ein weiteres Aerosol, das die Forscher verfolgen: Ruß. Er entsteht, wenn die Bewohner der Sahelzone die vertrocknete Vegetation abbrennen, um später auf dem sprießenden Grün ihre Herden zu weiden. „Diese Partikel können sich mit dem Staub vermischen“, sagt Holger Baars vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig.
Natürlich steigt auch aus Kohlekraftwerken und von Holzfeuern zum Kochen Ruß auf. Dazu kommen Schwefelverbindungen aus Kraftwerken, Auspuffen und auch aus Vulkanen. Die verwandeln sich in der Luft in Schwefelsäure und Sulfate. Verbinden sich diese Stoffe mit dem Saharastaub, verändern sie ihn stark, haben die Atmosphärenforscher in Laborexperimenten herausgefunden. Schwefelsäure hüllt dann die raue und zerkratzte Oberfläche der winzigen Körnchen ein und formt runde Kügelchen. „Diese reflektieren Strahlung viel besser als reiner Saharastaub“, sagt Baars. Wie stark der Effekt in der realen Atmosphäre über dem Atlantik ist und welche Auswirkungen das auf das Klima hat, könnten die Messungen ebenfalls aufklären helfen.
Roland Knauer
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