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Das Tratschen am Lagerfeuer heizte die kulturelle Evolution des Menschen an, schlussfolgert eine Forscherin, die das Verhalten afrikanischer Buschmänner studierte.
© dpa

Anthropologie: Lagerfeuer trieb kulturelle Evolution voran

Das Feuer hat eine zentrale Bedeutung in der Entwicklung des Menschen. Nicht nur auf die Ernährung, auch auf das Gehirn nahm es Einfluss.

Das abendliche Lagerfeuer hat maßgeblich zur Entwicklung der Kultur beigetragen. Davon geht die US-Anthropologin Polly Wiessner von der Universität Utah aus, die ein halbes Jahr lang die Tagesabläufe von Buschmännern verfolgt hat. Ihre These: Die Kontrolle des Feuers vor etwa zwei Millionen Jahren verlängerte den Tag der frühen Menschen. Am abendlichen Feuer konnten sich die Jäger und Sammler der Gemeinschaft widmen, ohne die produktiven Aktivitäten des Tages zu vernachlässigen.

Es sei somit ein wichtiger Grundstein für die Entwicklung von gesellschaftlichen Strukturen und kulturellen Institutionen gewesen, schreibt Wiessner im Fachblatt „PNAS“. Bislang hatten Anthropologen die Vorteile des Feuers vor allem darin gesehen, dass damit das Essen erwärmt und damit bekömmlicher und nahrhafter wurde und zum Schutz vor Raubtieren beitrug.

Kalahari-Buschmänner beobachtet

Für ihre Studie beobachtete Wiessner über ein halbes Jahr die Tagesabläufe von Ju/'hoansi-Kalahari-Buschmännern in Botsuana und Namibia. Sie stellte dabei fest, dass etwa 75 Prozent aller Gespräche am Tage der Organisation von Arbeit beziehungsweise der Regelung von sozialen Beziehungen galten. In den Abendstunden wechselten die Themen jedoch. 81 Prozent der Unterhaltungen drehten sich dann um die Erlebnisse des Tages. Außerdem wurde getanzt und gesungen und die Gruppenmitglieder erzählten sich gegenseitig Geschichten.

Auch religiöse Zeremonien spielten eine große Rolle. Für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft seien diese Aktivitäten sehr wichtig, schreibt Wiessner. Am abendlichen Lagerfeuer werden demnach kulturelle Werte und Normen gefestigt und weitergeben.

Warmes Essen ermöglichte größere Gehirne

Wiessner sieht ihre Beobachtungen als ein Indiz dafür, welche großen Auswirkungen die Kontrolle des Feuers auf die soziale und kulturelle Evolution gehabt haben könnte. Allerdings lassen sich ihre Beobachtungen moderner indigener Völker nicht eins zu eins auf frühzeitliche Gemeinschaften übertragen, da zu wenig über die urzeitliche Lebenswirklichkeit bekannt ist. Schriftliche Quellen gibt es nicht und archäologische Funde geben meist nur über das damalige Arbeitsleben Hinweise, kaum aber über Religion, gesellschaftliches Gefüge oder Kontakte zwischen einzelnen Gruppen.

Die Studie stützt die Theorie des Harvard-Anthropologen Richard Wrangham, der das Kochen für den entscheidenden Faktor des evolutionären Erfolgs des Menschen hält. Demnach sei warmes Essen nahrhafter und habe somit die Entwicklung des energiezehrenden Gehirns erst ermöglicht. Darüber hinaus habe das gemeinsame Kochen am Lagerfeuer das soziale Miteinander geprägt. (dpa)

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