Lehrerverband kritisiert „Versagen“ in Coronakrise: „Kultusminister haben Fürsorgepflicht verletzt“
Die Kultusminister haben in der Coronakrise versagt: Das kritisiert der Präsident der Lehrerverbandes. Er fordert einen Masterplan für die Schulen.
Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, wirft den Kultusministerinnen und Kultusministern „Versagen“ in der Coronakrise vor. Die Minister hätten „ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Schülern und Lehrkräften verletzt“, weil sie alle Studien ignorieren würden, die dem Bild der Schulen als sicherer Ort widersprechen, sagte Meidinger dem Tagesspiegel.
Mögliche Gesundheitsgefahren ignorierten die Minister: „Sie waren (und sind) Partei und nicht objektive Sachwalter. Mein Vertrauen in die Seriosität von Bildungspolitik hat in der Coronakrise stark gelitten.“
"Mehr Verlässlichkeit und Berechenbarkeit"
Meidinger reagierte damit auch auf Vorgänge in Hamburg. Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat dort wochen- oder sogar monatelang versäumt, die Öffentlichkeit über eine wissenschaftliche Analyse zu informieren, wonach ein Massenausbruch an einer Hamburger Stadtteilschule im September auf eine Person zurückzuführen ist. Über diese Person wurden also die Infektionen an der Schule verteilt. Die Behörden hatten dagegen immer betont, viele der betroffenen Schülerinnen und Schüler hätten sich außerhalb angesteckt.
Ihn wundere nicht, dass Rabe diese Informationen unterdrückte oder zumindest nicht umfassend informierte, sagte Meidinger. Das träfe auch auf Amtskollegen Rabes zu. „Auch Frau Eisenmann in Baden-Württemberg und Herr Piwartz in Sachsen gingen mit Studien an die Öffentlichkeit, die dieses Bild der sicheren Schulen suggerierten, obwohl die Daten meist aus der Zeit der niedrigsten Inzidenzwerte im Sommer und Frühherbst stammten und die Stichproben für verlässliche Aussagen viel zu gering waren.“
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Für den Schulstart nach den Weihnachtsferien fordert Meidinger von der Kultusministerkonferenz „mehr Verlässlichkeit und Berechenbarkeit“ und einen umfassenden „Masterplan“ für die Schulen.
Ein an Inzidenzwerten orientierter Stufenplan
Dazu gehöre ein „an wissenschaftsbasierten Kriterien und Inzidenzwerten orientierter Hygienestufenplan für Schulen“. In diesem müsse klar geregelt sein, zu welchem Zeitpunkt in welcher Form Unterricht verantwortbar sei: als vollständiger Präsenzunterricht mit oder ohne Maskenpflicht, als Hybrid- und Wechselunterricht mit halbierten Lerngruppen oder als Distanzunterricht.
Dann könnten sich Kommunen bei steigenden Inzidenzen in einem Landkreis verlässlich auf das nächste Szenario vorbereiten. Außerdem müssen Gesundheitsschutzmaßnahmen intensiviert werden, wie das Verteilen von FFP2-Masken und das Beschaffen von Raumluftfilteranlagen an und für die Schulen.
"Kraftanstrengung" für schnelles Internet
Es brauche zudem eine „Kraftanstrengung“, um schnelles Internet an alle deutschen Schulen zu bringen: „Das ist die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Fernlernen.“ Die Hälfte der Schulen verfüge darüber aber noch nicht.
Meidinger forderte einen „Masterplan“, wie mit den Lerndefiziten, der Förderung der stärker abgehängten Schüler und den Abschlussprüfungen umgangen wird. „Je länger die Pandemie den Schulbetrieb beeinträchtigt, desto dringlicher wird auch die Frage, ob man in größerem Stil Kindern und Jugendlichen ein freiwilliges Zusatzförderjahr anbieten sollte“, sagte Meidinger.
Die bloße Forderung nach Entrümpelung von Lehrplänen, Verzicht auf Prüfungsstoff und großzügige Versetzungsregelungen kuriere nur an den Symptomen herum. „Wir dürfen nicht zulassen, dass wir eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen mit geringeren Kompetenzen und Kenntnissen aus den Schulen entlassen, weil das eben auch geringere Zukunfts- und Lebenschancen bedeutet.“
Lauterbach fordert verkürzte Sommerferien
Noch ist nicht klar, wann und in welchem Umfang die Schulen nach dem aktuellen Lockdown wieder öffnen. Der Beschluss zur Schulschließung wurde schon vor Weihnachten je nach Bundesland unterschiedlich umgesetzt.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte jetzt verkürzte Sommerferien an Schulen. Die Kultusminister der Länder seien in der Pflicht, einheitliche Unterrichtskonzepte vorzubereiten, sagte er der "Rheinischen Post". "Wir brauchen bundesweit geteilte Klassen, zusätzliche Unterstützung für Lernschwächere, ausnahmslose Maskenpflicht in den Schulgebäuden und verkürzte Sommerferien zum Ausgleich der Defizite."
Nach dem Lockdown dürfe es keine Rückkehr zum regulären Präsenzunterricht geben, sagte Lauterbach.
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