Vorbeugung in den ersten 100 Tagen: Keime im Darm schützen Babys vor Asthma
Nicht alle Mikrobenarten machen krank. Wenn sich in den ersten Lebensmonaten die richtigen Bakterien im Darm ansiedeln, verringert das das Risiko, später an Asthma zu erkranken. Möglicherweise kann man gefährdete Kinder früh erkennen und behandeln.
Ob ein Kind an Asthma erkrankt, hängt entscheidend davon ab, welche Bakteriengattungen in den ersten hundert Tagen nach der Geburt den Darm besiedeln. Das schreiben kanadische Forscher im Fachblatt „Science Translational Medicine“. Möglicherweise könne man die ersten drei Lebensmonate für Diagnose und Therapie nutzen, um spätere allergische Erkrankungen zu verhindern.
Bakterienfauna mit drei Monaten korreliert mit späterem Asthmarisiko
Die Forscher kontrollierten bei 319 einjährigen Kindern die Atmung und machten einen Allergietest auf der Haut. Bei 136 Kindern stellten die Ärzte pfeifende Atemgeräusche fest, 22 reagierten zusätzlich auf den Hauttest. Das war vor allem dann der Fall, wenn die Säuglinge bereits mit einem Antibiotikum behandelt worden waren. Im Alter von drei Jahren wurden sie abermals auf Asthma-Anzeichen untersucht. Mit molekularbiologischen Analysen von Stuhlproben ermittelten die Forscher zudem das Spektrum der Darmkeime (Mikrobiom), als die Kinder drei Monate, ein Jahr und drei Jahre alt waren. Auffällig waren die Unterschiede im Alter von drei Monaten: Spätere Asthmapatienten hatten in diesem Alter stark verringerte Keimzahlen von Bakterien der Gattungen Faecalibacterium, Lachnospira, Veillonella und Rothia (FLVR). Diese Unterschiede waren nach dem ersten Lebensjahr nicht mehr erkennbar.
Anschließend übertrugen die Forscher FLVR-Bakterien in den Darm keimfrei aufgezogener Mäuse. Mit dem neuen Mikrobiom entwickelten sie weniger starke Entzündungsreaktionen in den Lungen. Das spricht für eine Schutzfunktion dieser Gruppe von Darmkeimen, möglicherweise durch Stoffwechselprodukte wie Acetat. Der Stoff kam im Darm drei Monate alter asthmagefährdeter Kinder seltener vor. Aus Tierversuchen ist bekannt, dass Acetat und andere kurzkettige Fettsäuren, die als Gärprodukte im Darm entstehen, Entzündungsprozesse in den Atemwegen dämpfen.
Nun könne man einen Test entwickeln, der ein erhöhtes Asthmarisiko bei drei Monate alten Babys nachweist, meinen die Forscher. Dann könnte man sie vorbeugend mit FLVR-Bakterien behandeln und vielleicht eine Erkrankung verhindern.
Zu saubere Umwelt verhindert Infektion mit "guten" Keimen
„Unsere Resultate unterstützen die Hygiene-Hypothese, nach der wir in einer zu sauberen Umwelt leben“, sagt Brett Finlay von der Universität von British Columbia in Vancouver. Damit sich ein gesundes Immunsystem entwickeln kann, müssen Babys während der Geburt oder beim Saugen an der Brust eine bestimmte Mischung von Bakterien aufnehmen, die den Darm besiedeln. Wer zudem in einer Umgebung mit vielen Umweltkeimen aufwächst – etwa auf einem Bauernhof –, verfügt über ein zusätzlich trainiertes Immunsystem, das gegen Allergien widerstandsfähiger ist. (wsa)
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