Gesundheitsforschung: Kampf den Volkskrankheiten
Bundesforschungsministerin Annette Schavan stellt die sechs Zentren für Gesundheitsforschung vor. Sie sollen Vorbild für die Forschungslandschaft sein.
Die Bevölkerung wird im Schnitt immer älter und somit anfälliger für Krankheiten. Um diesem Problem zu begegnen, soll die Arbeit der Wissenschaftler vor allem an Volkskrankheiten künftig in sechs „Zentren für Gesundheitsforschung“ konzentriert werden. Gestern stellte Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) die sechs Zentren offiziell vor. Sie widmen sich der Behandlung von Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Atemwegserkrankungen, neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer sowie Infektionskrankheiten. Schavan erwartet von den Zentren, dass sie „Deutschland in Europa, vielleicht sogar weltweit an die Spitze der Gesundheitsforschung führen“ könnten.
Die Zentren sollen aber noch mehr bieten. Seit Jahren wird die „Versäulung“ der Wissenschaft als ein Hindernis für effiziente Forschung angesehen: Weil Forschungsinstitute und medizinische Fakultäten der Universitäten jeweils ihre eigene führende Rolle nicht aufgeben wollen, entwickeln sich parallele Strukturen. In den Zentren für Gesundheitsforschung dagegen arbeiten Institute der Helmholtz-Gemeinschaft mit Einrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Fraunhofer-Gesellschaft und medizinischen Fakultäten zusammen. Wegen des günstigen Finanzierungsschlüssels der Helmholtz-Gemeinschaft, für die der Bund 90 Prozent des Geldes gibt und das jeweilige Sitzland nur 10 Prozent, habe die Helmholtz-Gemeinschaft „die entsprechende Gestaltungskraft und kann auch zu einer strukturellen Weiterentwicklung der Wissenschaftslandschaft beitragen“, sagte Schavan.
Die führende Rolle der Institute der Helmholtz-Gemeinschaft in den sechs Zentren für Gesundheitsforschung hatten die medizinischen Fakultäten wiederholt kritisiert. In der Erforschung von Volkskrankheiten seien einige medizinische Fakultäten weiter als die Helmholtz-Institute, hieß es. Der Konflikt sei inzwischen Historie, sagte gestern Schavan. Internationale Gutachter hätten die besten Wissenschaftler aus mehr als 120 Forschungsinstituten und Universitäten für die Gesundheitszentren ausgewählt. Im Übrigen können auch die Universitäten von den finanziellen Zuwendungen für die sechs Zentren profitieren, um neue Geräte anzuschaffen.
Aus den 5,5 Milliarden Euro, die der Bund bis 2014 für die Gesundheitsforschung ausgeben will, fließen 700 Millionen Euro an die neuen Zentren. Nach 2015 sollen es jährlich noch 200 Millionen Euro sein. Mit den Gesundheitszentren solle auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden, dass die Forschung vor allem außerhalb der Universitäten erfolgt, betonte Schavan.
Dass man sich auf die Volkskrankheiten konzentriere, begründete sie mit der demografischen Entwicklung. Bald werde jeder dritte Bürger in Deutschland 65 Jahre oder älter sein. Dieser Herausforderung gelte es durch Prävention und eine medizinische Vorsorge zu begegnen, bei der Forschungsergebnisse schnell klinisch erprobt werden. Auch die starke Gesundheitswirtschaft werde eine Rolle bei der Bekämpfung der Volkskrankheiten spielen, zum Beispiel durch die Entwicklung neuer Medikamente.
Die sechs Forschungszentren arbeiten mit Partnern an 39 Standorten in Deutschland. Eine herausragende Rolle spielt München, wo alle sechs Volkskrankheiten erforscht werden. Andere starke Standorte mit je vier Forschungsschwerpunkten sind Heidelberg, Tübingen und Berlin. Uwe Schlicht