Gesunde Sünde: Kakao ist gut für Herz und Hirn
Wer Schokolade nascht, kann sein Risiko für Infarkt und Schlaganfall deutlich senken, sagen Wissenschaftler
Zu fett, zu süß, zu gefährlich für Gewicht und Stoffwechsel? Wer Schokolade bisher mit einem schlechten Gewissen naschte, kann aufatmen. Denn SchokoLiebhaber erkranken deutlich seltener an Herz-Kreislauf-Leiden und an Schlaganfall. Das haben Forscher um Oscar Franco von der Universität Cambridge in Großbritannien herausgefunden.
Die Wissenschaftler durchforsteten die Fachliteratur nach Studien, in denen der Zusammenhang von Schokoladenkonsum und Herz- und Stoffwechselleiden untersucht wurde. Sieben Studien mit insgesamt 114 000 Teilnehmern werteten sie in ihrer Übersicht im „British Medical Journal“ aus. Danach haben Menschen, die bei Schokolade gut zulangen, ein um 37 Prozent geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Leiden als Schoko-Muffel. Das Risiko für einen Schlaganfall sinkt um 29 Prozent.
Keinen Einfluss hat Kakao, der wichtigste Bestandteil der Schokolade, auf eine Pumpschwäche, die vor allem im Alter häufige Herzinsuffizienz. Und in einer Untersuchung sank das Risiko, an Diabetes (Zucker) zu erkranken, um knapp ein Drittel. Generell spielt es keine Rolle, ob Schokolade als Tafel, Riegel, Dessert, im Gebäck oder als Getränk genossen wird.
Die Ursache für den Gefäßschutz durch Schokolade sind vermutlich Polyphenole. Diese im Kakao enthaltenen Pflanzenstoffe können den Blutdruck senken, wirken gegen Entzündungen, Gefäßverkalkung und die Bildung von Blutgerinnseln. Das geschieht, indem die zu den Polyphenolen gehörenden Flavanole Stickoxid (chemische Formel NO) in den Blutgefäßen leichter verfügbar machen.
Stickoxid entspannt und erweitert die Blutgefäße und senkt so den Blutdruck. Außerdem macht NO das Blut und die Innenwand der Gefäße weniger „klebrig“ und verringert die Gefahr, dass sich ein Blutpfropf im Gefäß bildet. Zudem erhöhen Polyphenole aus dem Kakao das „gute“ HDL–Cholesterin und verringern das „schlechte“ LDL-Cholesterin.
Allerdings weisen die Forscher auf eine Schwäche der von ihnen ausgewerteten Untersuchungen hin. Es handelt sich um Beobachtungsstudien, in denen eine große Zahl von Menschen befragt und ihr gesundheitliches Befinden registriert wurde. Solche Studien deuten auf einen Zusammenhang hin, aber sie können ihn nicht beweisen. Es kann zum Beispiel sein, dass ein unbekannter „Störfaktor“ die wahre Ursache hinter dem Zusammenhang von Schoko-Konsum und guter Gesundheit ist. Eine Reihe möglicher Störfaktoren haben die Wissenschaftler ausgeschlossen. Trotzdem sollten Experimente gemacht werden, mit denen ein Zusammenhang von Kakao und Herzgesundheit eindeutig bewiesen werden könne, schlagen sie vor. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass zwei Gruppen von Versuchspersonen verglichen werden, die sich bis auf den Kakaoverzehr gleichen. Wenn nach einigen Jahren bei den Schokoladeessern weniger Infarkte und Schlaganfälle auftreten, wäre das ein Beweis für den Nutzen. So eine Studie gibt es bisher nicht.
Trotz des vermutlichen gesundheitlichen Nutzens wäre es nun falsch, hemmungslos Schokoriegel, Kekse und Mousse au Chocolat zu futtern. Kakaoprodukte enthalten in der Regel jede Menge Fett und Zucker, eine Tafel Schokolade hat 500 Kalorien. Wer hier über die Stränge schlägt, sollte sich vor Augen halten, dass die Gewichtszunahme Risiken wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen mit sich bringt und so den Nutzen der Schokolade in sein Gegenteil verkehren kann. Weniger „energiehaltige“ Kakaoprodukte wären vorteilhafter, schreiben die Forscher. Bis es soweit ist, hilft nur Maß halten.
Besonders viel gesundes Kakaopulver ist in dunkler Schokolade. Weiße Schokolade hat dagegen keine Vorteile. Sie enthält lediglich Kakaobutter, aber nicht das gesundheitsfördernde Kakaopulver.
Hartmut Wewetzer
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