Himmelsphänomen: Jetzt regnet's Sternschnuppen
Es ist wieder Zeit für die Perseiden: In den kommenden Nächten sind bis zu 160 Sternschnuppen pro Stunde zu sehen - allerdings nicht in Städten. Dort wird das Himmelsspektakel oft übersehen.
Jedes Staubkorn – ein Wunsch. In dieser Woche ist es wieder so weit, Sternschnuppensaison. Bis zu 160 derartige Leuchterscheinungen werden bei guten Bedingungen in der Stunde zu sehen sein. Der Meteorstrom der Perseiden, wie Fachleute sagen, soll seinen Höhepunkt in der Nacht zum 13. August haben und dürfte in diesem Jahr besonders stark ausfallen.
Ursache für die Leuchterscheinungen ist der Komet „Swift-Tuttle“. Er zieht eine mächtige Staubfahne hinter sich her. Und in diese fliegt die Erde während ihrer Reise um die Sonne alljährlich in den Tagen um den 11. August hinein. „Die Staubteilchen sind bis zu 100.000 Kilometer pro Stunde schnell und auch die Erde bewegt sich schnell auf ihrer Bahn“, erläutert Felix Lühning von der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow. „Das ist so, wie wenn man mit dem Auto durch Schneegestöber fährt – da scheinen auch alle Flocken aus einem Punkt zu kommen und auf einen zuzufliegen.“ Das gleiche Phänomen tritt mit den Staubteilchen und künftigen Sternschnuppen auf. Sie scheinen aus dem Sternbild Perseus auf die Erde zu fallen. Daher auch der Name „Perseiden“.
Sternschnuppen entdeckt man am besten mit bloßem Auge
„Am Abend ist Perseus noch nicht zu sehen, erst in den Morgenstunden, am südöstlichen Sternhimmel“, sagt Lühning. Zwischen zwei und vier Uhr am Morgen sei die beste Zeit zum Beobachten. Ein Teleskop sei dabei nur hinderlich, dessen Bildfeld sei zu klein. Mit bloßem Auge gelinge es am ehesten, eine Sternschnuppe zu bemerken, sagt der Astronom. „Am besten, man legt sich auf eine Isomatte, schaut nach oben und genießt das Schauspiel.“ Was um diese Uhrzeit auch schnell vorbei sein könnte.
Die Leuchtspuren stammen übrigens nicht von glühenden Partikeln, räumt Lühning mit einem verbreiteten Irrtum auf. Dafür haben die reiskornkleinen Teilchen zu wenig Substanz. Durch ihre hohe Geschwindigkeit übertragen sie Energie auf die Atome in der Atmosphäre, die diese kurz darauf in Form von Licht wieder abgeben. „Die Körnchen verglühen nicht, sie verdampfen. Was leuchtet, ist die Luft“, erklärt er.
Jeden Tag fallen 150 Tonnen Meteorstaub zur Erde
Das Phänomen in 80 bis 300 Kilometer Höhe tritt häufiger auf als Fachleute lange Zeit angenommen hatten. Diese Erkenntnis kam in den 1960er Jahren, erzählt der Astronom. Damals wurden Spionagesatelliten in den Orbit gebracht, die Leuchterscheinungen aufspüren sollten, die mit Raketenstarts zusammenhängen. Tatsächlich fanden sie jede Menge Sternschnuppen, deren Stärke vorher keinem aufgefallen waren, vor allem über den Meeren. „Schätzungen zufolge erreichen 150 Tonnen Meteorstaub die Erde. Jeden Tag“, sagt Lühning.
In diesem Jahr soll es besonders viele Sternschnuppen geben. Das hängt mit Jupiter zusammen, der mit seiner Schwerkraft die Bahnen der Meteoroiden – so heißen die Fragmente vor dem Eintritt in die Atmosphäre – alle zwölf Jahre in Richtung Erde verschiebt. 1996 und 2004 seien die Perseiden überdurchschnittlich stark gewesen, heißt es auf der Internetseite „leoniden.net“.
Das Westhavelland gehört zu den dunkelsten Orten des Landes
Ob sie aber zu sehen sind, ist eine andere Frage. Neben Wolken haben Himmelsgucker zunehmend mit Lichtverschmutzung zu kämpfen: Helle Straßenbeleuchtung und Leuchtreklame, die es vielerorts unmöglich machen, den Nachthimmel zu beobachten. 60 Prozent der Europäer können von ihrem Wohnort aus die Milchstraße nicht mehr wahrnehmen, ergab eine kürzlich veröffentlichte Studie von Christopher Kyba vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Vor allem Menschen in Großstädten können Himmelsereignisse kaum noch erleben. Das bestätigt Lühning.
„In den vergangenen beiden Jahren haben wir zur Zeit der Perseiden an der Sternwarte rund fünf Sternschnuppen pro Stunde entdeckt“, berichtet er. Theoretisch waren bis zu 150 möglich. „Die meisten sind in Berlin schon nicht mehr zu sehen.“ Er rät deshalb, sich möglichst fern von Kunstlicht aufzuhalten, beispielsweise im Westhavelland, 70 Kilometer westlich von Berlin, einem der dunkelsten Orte des Landes.
Ralf Nestler