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Gesichtserkennung immer und überall? Eine neue App könnte das ermöglichen.
© REUTERS/Peter Nicholls

Gesichtserkennungs-App „Clearview“: Jedes Gesicht eine offene Datenbank?

US-Strafverfolgungsbehörden nutzen „Clearview“ bereits. Bisher galt eine solche Art der Gesichtserkennung als Tabu unter Tech-Unternehmen.

Ob bei einer Demonstration oder abends in der Bar: Wenn es nach dem Entwickler Hoan Ton-That geht, könnte künftig jeder Mensch dank Gesichtserkennung identifizierbar werden. Wie die „New York Times“ berichtet, sollen mit der App „Clearview“ nicht nur Namen von Passanten, sondern auch sensible Daten wie der Wohnsitz und private Hintergründe nur wenige Klicks entfernt sein.

Die Idee ist einfach: Nutzer machen ein Foto von einer fremden Person und laden die Datei in der App hoch. Das System, das laut Unternehmen Zugriff auf mehr als drei Milliarden Fotos von Facebook, Youtube und Co. hat, durchforstet die Datenbanken und stellt alle öffentlichen Fotos der Person zusammen – inklusive Links.

Mehr als 600 Strafverfolgungsbehörden sollen die App bereits verwenden

Mit der App richtet sich der gebürtige Australier Ton-That, der mittlerweile in San Francisco lebt, vor allem an Strafverfolgungsbehörden. Laut „New York Times“ haben im vergangen Jahr mehr als 600 Strafverfolgungsbehörden die Gesichtserkennungs-App verwendet. Zudem hätten auch einige Unternehmen Lizenzen der App erworben. Eine Liste der Unternehmen und Behörden will „Clearview“ laut der „New York Times“ jedoch nicht vorlegen. Eine solche Art der Gesichtserkennung galt bisher als Tabu unter Tech-Unternehmen.

"Die Möglichkeiten, dies als Waffe einzusetzen, sind endlos", zitiert die „New York Times“ Eric Goldman, Co-Direktor des High Tech Law Institute an der Santa Clara University. "Stellen Sie sich einen schurkischen Strafverfolgungsbeamten vor, der potenzielle romantische Partner verfolgen möchte, oder eine ausländische Regierung, die dies nutzt, um Geheimnisse über Menschen zu erpressen oder ins Gefängnis zu werfen." Bislang sei die App nach Angaben von US-Polizeibeamten vor allem zur Aufklärung von Ladendiebstählen, Mord und Kindesmissbrauch eingesetzt worden.

Nach Unternehmensangaben findet „Clearview“ in 75 Prozent der Fälle Übereinstimmungen. Eine unabhängige Überprüfung gibt es hierzu jedoch nicht. Viele US-Polizeibeamte sehen in der App einen großen Mehrwert für ihre Arbeit. So berichtet die „New York Times“ von einem Fall der Polizei in Indiana. Ein Zeuge filmte, wie ein Mann einem anderen Mann in den Bauch geschossen hatte. Die Tat konnte innerhalb von 20 Minuten gelöst werden, da das System den Täter auf einem Social-Media-Video erkannte. Die US-Polizei hatte den Mann bisher nicht in ihrer Datenbank gelistet. Ob die App letztlich für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird, ist unklar. Doch Nachahmer könnten sich dem Konzept bedienen – und die Privatsphäre nachhaltig verändern.

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